„KEINE MORALPREDIGTEN“: Es ist Zeit für eine neue Türkeistrategie
Die Türkei ist nicht (mehr) auf uns angewiesen. Sie verfolgt ihre Interessen, die durchaus auch unsere sind. Das sollte man in Berlin erkennen und Ankara weniger Vorträge über Moral halten. Ein Gastbeitrag.
or Kurzem fand zum dritten Mal das Antalya Diplomacy Forum (ADF) in der Türkei statt. Schon ein Blick auf die Gästeliste zeigt, in welchem Ausmaß Deutschland gerade an der Weltpolitik vorbeiläuft. Angereist sind vor allem Vertreter aus Afrika und Zentralasien. Zufall ist das nicht. Seit Jahren bahnt sich ein weltweiter Systemwettbewerb an. Dazwischen die Deutschen: Unentschieden, ob man auch eine interessen- oder nur eine wertegeleitete Politik betreiben möchte.
Mit dem Forum unterstreicht die Türkei ihren Anspruch als Regionalmacht, die als verlässlicher Akteur regionale und geopolitische Entwicklungen gestaltet. Themenfelder also, in denen die Türkei in Zukunft eine zentrale Rolle spielen will und dafür Verbündete sucht. Afrikanische und asiatische Länder, die nicht aus der Entwicklungshilfe-Perspektive betrachtet, sondern als gleichberechtigte Handelspartner akzeptiert werden, reisen also dankbar und mit einem Gruß gen Westen nach Antalya.
Die Türkei ist nicht (mehr) auf uns angewiesen. Sie verfolgt ihre Interessen, die durchaus auch unsere sind. Das sollte man in Berlin erkennen und Ankara weniger Vorträge über Moral halten. Ein Gastbeitrag.
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