Wie die Türkei den Gazakrieg für sich nutzt
Ankara profitiert von der Entwicklung im Nahen Osten außen- wie innenpolitisch. Das Land will sich als stärkere Regionalmacht etablieren. Und natürlich will Präsident Erdoğan seine Position einzementieren
Türkei-Experte Hüseyin Çiçek schreibt in seinem Gastkommentar über die geopolitische Strategie der Türkei und deren Folgen.
Der kürzlich erfolgte Terrorangriff der PKK in Ankara zeigt, wie stark die politischen Interessen des türkischen Staates, kurdischer Gruppen, Israels, des Irans und Syriens miteinander verflochten sind. Binnen weniger als eines Jahres müssen sich ehemalige Rivalen an der türkischen Grenze sowie im Nahen Osten auf eine pragmatische Politik des Ausgleichs einlassen und dabei den Anschein wahren, dass sie ihre politischen Positionen nicht aufgeben. Zur Verwirklichung ihrer Ziele werden militärische Mittel und ideologische Überzeugungen instrumentalisiert.
Kurz nach dem 7. Oktober 2023 – dem Terrorüberfall der Hamas in Israel – versuchte Washington, im Nahen Osten eine gemeinsame Basis mit verschiedenen wichtigen Akteuren zu etablieren. Interessanterweise blieb die Türkei außen vor. Als einer der bedeutendsten militärischen und wirtschaftlichen Partner der USA, auf dessen Territorium Washington bedeutende Militärbasen unterhält, machte die Türkei bereits im Vorfeld deutlich, dass eine gemeinsame geopolitische Strategie mit den US-Amerikanern keine Option darstellt. Die mühsamen Verhandlungen über die Nato-Aufnahme Schwedens, die die Türkei nutzte, um politische Gegner der Regierungspartei AKP auszuliefern, sowie die gescheiterten Treffen mit dem Weißen Haus zeugen vom politischen Zerwürfnis.
Ankara profitiert von der Entwicklung im Nahen Osten außen- wie innenpolitisch. Das Land will sich als stärkere Regionalmacht etablieren. Und natürlich will Präsident Erdoğan seine Position einzementieren
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