[h=1]Türkei steigert Energieeffizienz durch digitale Lösungen[/h] [h=2]Stromversorger investieren in intelligente Systeme / Von Necip C. Bagoglu[/h]Istanbul (gtai) - Die digitale Revolution macht vor dem Elektrizitätssektor der Türkei nicht Halt. Die privaten Betreiber der regionalen Stromnetze investieren in digitale Lösungen und intelligente Systeme zur Erhöhung der Netzwerkqualität und zur Steigerung der Energieeffizienz. Vom modernen Nachfragemanagement über Smart Grids profitieren Haushalte und Betriebe gleichermaßen. Nutznießer der Entwicklung sind Anbieter von Netzwerkausrüstungen, Informationstechnologien und Mobilfunkunternehmen.
Die Steigerung der Energieeffizienz im Elektrizitätssektor ist ein wichtiges Ziel der türkischen Energiepolitik. Dabei geht es um die Reduzierung der nach wie vor verbreiteten Stromverschwendung und um eine wirksame Kontrolle von Leitungsverlusten. Letztere sind vor allem im Südosten des Landes zu beobachten.
Der Elektrizitätsverbrauch in der Türkei stieg 2014 gegenüber dem Vorjahr um 3,7% auf insgesamt 255.490 Mio. kWh. Dafür zahlten die Verbraucher rund 94 Mrd. Türkische Lira (94 Mrd. TL; etwa 31 Mrd. Euro; 1 TL = rund 0,32 TL; Stand: 07.8.2015). Fachleute gehen davon aus, dass diese Kosten beim landesweiten Einsatz von intelligenten Netzwerken um bis zu 15 Mrd. TL gesenkt werden könnten.
Gemessen am Energieverbrauch stand die Türkei 2014 mit 119,5 Mio. t Erdöläquivalent weltweit auf Platz 22. Das Land ist der sechstgrößte Strommarkt Europas. Beim Anstieg der Stromnachfrage nimmt die Türkei im globalen Vergleich den zweiten Platz nach der VR China ein. Für den Zeitraum zwischen 2014 und 2024 wird mit einer jährlichen Steigerung der Elektrizitätsnachfrage um 6,5 bis 7,5% gerechnet.
[h=3]Private Netzbetreiber setzen auf Modernisierung[/h]Nach der Privatisierung der 21 regionalen Elektrizitätsvertriebsgesellschaften in den zurückliegenden Jahren versuchen die neuen Netzbetreiber, durch den Einsatz von Hochtechnologien die Energieverschwendung in den Griff zu bekommen. Im Mittelpunkt steht dabei der Aufbau von intelligenten und integrierten Netzwerken (Smart Grids), die eine gezielte digitale Kontrolle und Steuerung des Energieverbrauchs erlauben und damit auch im Sinne der Verbraucher zu Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen führen.
Im Rahmen des modernen Nachfragemanagements mit digitalen Lösungen werden mehrere Faktoren berücksichtigt. Dabei geht es um eine stärkere Systemintegration von erneuerbaren Energien, die Nutzung von bisher nicht berücksichtigten Stromeinsparungspotenzialen und die Verwendung von zeitabhängig günstigen Stromtarifen. Projektträger der technologischen Erneuerung sind die regionalen Stromverteilungsfirmen.
Im Zusammenhang mit der digitalen Modernisierung ergeben sich vielfältige Geschäftschancen für die Systemanbieter sowie Firmen der Informations- und Kommunikationstechnologien und Mobilfunkunternehmen. Bekannte internationale Unternehmen wie Siemens, General Electric (GE) und ABB sind über ihre lokalen Tochterfirmen bereits erfolgreich im Geschäft. Sie erwarten für die bevorstehenden Jahre steigende Investitionen der Netzbetreiber. Die Konzerne bieten den industriellen Bedarfsträgern im Zusammenhang mit Kostensenkungsplänen in der Regel komplette Lösungen mit voller Systemintegration an.
Durch die Modernisierung der Stromverteilungsnetze sollen die Leitungsverluste von derzeit circa 15% bis Ende 2016 auf 10% reduziert werden. Eine wichtige Maßnahme in diesem Zusammenhang ist die Installation von intelligenten digitalen Stromzählern. Von den neuen Zählern erwarten Experten für die industriellen und individuellen Stromverbraucher eine Senkung der Stromkosten um durchschnittlich circa 20%. Es ist vorgesehen, in den kommenden Jahren etwa 35 Mio. konventionelle Stromzähler durch intelligente zu ersetzen.
Einer der wichtigsten Bedarfsträger bei der Netzwerkmodernisierung und der Einführung digitaler Lösungen ist das Unternehmen Enerjisa, ein Joint Venture zwischen der türkischen Sabanci Holding und dem deutschen Energieriesen E.ON. Das Unternehmen übernahm im Zuge der Privatisierung die drei Energievertriebsgesellschaften Baskent (Provinzen Ankara, Kastamonu, Zonguldak, Bartin, Karabük, Cankiri, Kirikkale), Ayedas (asiatischer Teil von Istanbul) und Toroslar (Provinzen Adana, Gaziantep, Hatay, Mersin, Kilis, Osmaniye). Es ist für die Stromversorgung in insgesamt 14 Regierungsbezirken (Provinzen) mit einer Fläche von 110.000 qkm und rund 20 Mio. Einwohnern zuständig.
[h=3]Einsatz von Stromzählern mit Fernablesung[/h]Zur Steigerung der Netzwerkqualität und Erhöhung der Effizienz führt Enerjisa derzeit umfangreiche Investitionen durch. Es handelt sich dabei um die Installation von SCADA-Systemen (Supervisory Control and Data Acquisition), den Einsatz von intelligenten Stromzählern und die Einführung von Systemen für das automatische Fernablesen von Stromzählerdaten. Nach Angaben von Enerjisa können aktuell ca. 20.000 der installierten intelligenten Stromzähler aus der Ferne abgelesen werden.
Die automatische Fernablesung fördert laut Enerjisa die Transparenz und Energieeffizienz. Mit den intelligenten Zählern wird den Kunden nicht nur einmal im Jahr ihr tatsächlicher Verbrauch mitgeteilt, sondern die Kunden können ihn selbst zu jedem beliebigen Zeitpunkt erfragen. Damit wird eine Analyse des individuellen Verbrauchs möglich. Stromfresser im Haushalt oder Betrieb können leichter identifiziert und entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung der Verschwendung ergriffen werden.
Über das SCADA-System können Netzstörungen ohne Zeitverluste geortet und durch schnelles Eingreifen behoben werden. So findet in der Vertriebsregion Baskent an bereits über 900 Kontrollpunkten eine dauerhafte Echtzeitüberwachung des Netzes statt. Ferner arbeiten an 140 Stellen mobile Geräte zur Messung der Stromqualität.
Bei der Transformation der Elektrizitätsnetzwerke in intelligente Systeme leisten nicht zuletzt die Mobilfunkbetreiber des Landes einen wichtigen Beitrag. Besonders gut im Geschäft ist die größte Mobilfunkgesellschaft des Landes Turkcell. Von den zurzeit von verschiedenen Netzbetreibern landesweit eingesetzten 200.000 intelligenten Stromzählern werden etwa 150.000 mit den M2M-Kommunikationslinien (Machine to Machine) von Turkcell betrieben.
Die M2M-Lösungen stellen eine wichtige Grundlage für die Einrichtung von Smart Grids dar. Ende 2014 wurden insgesamt 1,6 Mio. Maschinen mit SIM-Karten (Subscriber Identity Module) von Turkcell betrieben. Über das M2M-gestützte System erhalten die Betriebe eine Echtzeitkontrolle des Energieverbrauchs ihrer einzelnen Geräte. Es ermöglicht bei Bedarf einen sofortigen Eingriff zur Begrenzung des Verbrauchs.
Aufgrund der erfolgreichen Entwicklungen für den Energiesektor erhielt Turkcell 2014 eine Zertifizierung nach ISO-50001-Standard für Energiemanagementsysteme. Ähnliche M2M-Kommunikationslinien zur laufenden Überwachung des Elektrizitätsverbrauches von Maschinen bietet auch der zweitgrößte Mobilfunkbetreiber Vodafone Türkei an. Dabei werden nach Angaben von Vodafone Erfahrungen aus internationalen Anwendungen an den lokalen Bedarf angepasst.
[h=3]Kontaktanschrift:[/h]Elektrik Dagitim Hizmetleri Dernegi (Verband der Stromversorger)
Mustafa Kemal Mah., Eskisehir Yolu 9.km, No. 266
Tepe Prime A-Blok, Kat 3, No. 37-38
06530 Ankara
Tel.: 0090312/285 11 -35-36; Fax: -26
E-Mail:
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