Na ja, es gab und gibt immer noch mit Sicherheit Fehler in der Integrationspolitik des jeweiligen Landes, diese betreffen aber alle Ausländer gleich, Anschläge verüben aber nur piep, piep, piep. Wie kommt es Papo, dass sich die Einen trotz der miserablen Integrationspolitik regelkonform verhalten und die Anderen austicken?
Die Muslime besitzen eben in ihrer Identität ein Element, das von Extremisten instrumentalisiert werden kann. Sie sind besonders anfällig für Diskriminierung, sowohl durch die eigene Einwanderungsgruppe als auch durch die Aufnahmegesellschaft, sowohl als Täter als auch als Opfer. Die muslimische Welt liegt deswegen in Schutt und Asche. Es gibt weder eine Einheit, noch eine gemeinsame Vision, noch etwas Verbindendes unter Muslimen. Das ist verheerend. Bloss der gemeinsame Feind ist klar: Das ist der dekadente Westen, welcher in der muslimischen Welt seine Waffen ausprobiert und in Massen verkauft, welcher sich nie aus der muslimischen Welt herausgehalten hat und welcher statt auf Dialoge eher auf militärische Schläge setzte. Wofür? Für seine eigenen wirtschaftlichen, politischen und geostrategischen Interessen.
Vielleicht ist das etwas zu weit hergeholt für die hier geborenen, hier aufgewachsenen und durch die hiesige Mentalität beeinflussten jungen europäischen Muslimen. Es ist aber eben kein Leichtes, wenn man in einem Umfeld aufwächst, wo man das System bzw. den Staat verabscheut und den einzigen Trost und die einzige Anerkennung in der Herkunftsgemeinschaft finden kann. Zudem gibt es eine Reihe von Faktoren, welche zusammenaddiert zu diesem anti-westlichen oder anti-christlichen Denken geführt haben können: das Leid der Palästinenser während der beiden Intifadas und auch später, die extreme Not und der unvorstellbare Hunger der Sudanesen, der Genozid von Srebrenica, die Irakkriege bzw. Golfkriege, der Kosovokrieg, der Afghanistankrieg, der «Kampf gegen den Terrorismus» (jüngst mit Drohnen in Somalia und Pakistan mit riesigem «Kollateralschaden»), die direkte Einmischung des Westens im Iran, in Libyen, in Algerien und neuerdings in Syrien. Durch das Internet verbreiten sich diese Bilder viel schneller und durch das Internet sind Extremisten viel besser organisiert und können viel leichter «Rekruten» anwerben oder «inspirieren». Schliesslich können es sich diese jungen Menschen nicht anderes erklären, wieso all dieses Leid bloss in der muslimischen Welt geschieht.
Ich würde also die Gründe nicht nur immer auf den Koran und auf die «Integrationsunwilligkeit» einer bestimmten Religionsgruppe reduzieren.