NRW-Minister Walter-Borjans in Griechenland: Athen nimmt bei Jagd auf Steuerkriminelle deutsche Hilfe anVon
Giorgos Christides
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Premier Tsipras, NRW-Minister Walter-Borjans: "Die erste Regierung, die auch etwas tut"
Griechenland soll Steuersünder künftig mit Hilfe aus Nordrhein-Westfalen jagen. Daten aus NRW hat Athen schon erhalten, nun sollen dort auch griechische Beamte fortgebildet werden.
"Herr Minister, mein lieber Freund Norbert", es waren warme Worte, mit denen der griechische Vizefinanzminister Trifon Alexiadis seinen Kollegen Norbert Walter-Borjans begrüßte. "Ich danke Ihnen sehr für Ihre Hilfe und Ihre Unterstützung." Der herzliche Empfang zeigt, wie schnell der nordrhein-westfälische Finanzminister Walter-Borjans in Griechenland zu einem der beliebtesten deutschen Politiker aufgestiegen ist.
Der Grund: Das Finanzministerium in NRW hat der Regierung in Athen
eine Liste mit Namen von mehr als zehntausend Griechen mit Schweizer Bankkonto übergeben - alles möglicherweise Steuersünder. In Griechenland ist diese Liste mittlerweile unter dem Spitznamen "Borjans-Liste" bekannt. Am Samstag wurde Walter-Borjans in Athen auch vom griechischen Ministerpräsidenten
Alexis Tsipras empfangen. Tsipras dankte für die Unterstützung beim Kampf gegen Steuersünder. "Es ist nicht das erste Mal, dass Griechenland Informationen und Listen bekommt, aber wir sind die erste Regierung, die auch etwas tut", sagte der griechische Regierungschef.
Wenige Stunden später unterzeichneten der deutsche Landesfinanzminister und sein griechischer Kollege ein Hilfsabkommen. Darin ist unter anderem die Absicht festgehalten, die Steuerinspektoren des notorisch klammen Landes mit deutschem Know-how auszustatten - um endlich die grassierende
Steuerhinterziehung in den Griff zu bekommen.
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Gemeinsame Absichtserklärung zwischen NRW und Griechenland: Hilfe angenommen
In einem ersten Schritt sollen im Sommer 50 griechische Steuerfahnder nach NRW reisen und eine drei- bis vierwöchige Schulung bekommen. Deutsche Experten, einige mit griechischen Sprachkenntnissen, sollen zudem auf Anfrage den griechischen Behörden vor Ort helfen. Einen ähnlichen Vorschlag hatte die Bundesregierung schon vor Jahren gemacht - die Griechen hatten ihn aber immer wieder zurückgewiesen. Deutsche Steuerfahnder, die den Griechen zeigen, wie es gemacht wird? Das schien lange undenkbar, schließlich hat sich die Bundesregierung mit ihrer harten Haltung in der griechischen Finanzkrise nicht gerade beliebt gemacht - die Hilfe wäre als Kontrolle und Okkupation aufgefasst worden.
Walter-Borjans formulierte das Angebot in Athen jetzt vorsichtiger: "In jedem Fall steht es nicht im Geiste, Ihnen zu zeigen, wie die Dinge gemacht werden." Ebenso dürfte geholfen haben, dass Tsipras unter dem Druck steht, sich von seinen Vorgängern zu unterscheiden, die den Kampf gegen Steuerhinterziehung erfolgreich vertagten. "Wir haben keine Probleme damit, Hilfe anzunehmen - von jedem, der uns in unserem guten Kampf unterstützen will", sagte Vizefinanzminister Alexiadis.
Athen ist "im Krieg gegen Korruption und Steuerhinterziehung"
Ziel des Abkommens sei es, den griechischen Steuerbehörden dabei zu helfen, eine funktionsfähige eigene Steuerfahndung aufzubauen, sagte Walter-Borjans in Athen. Zudem sei es ein Signal auch an die deutschen Steuerzahler, dass "Griechenland entschlossen ist, Steuerhinterziehung effektiv zu bekämpfen".
Der für Korruption zuständige griechische Vizejustizminister, Dimitris Papaggelopoulos, sagte, die Regierung ziehe "in den Krieg gegen Korruption und Steuerhinterziehung". Das Abkommen mit Nordrhein-Westfalen sei ein Beweis europäischer Solidarität. Tatsächlich gibt es schon erste Ergebnisse: 15 Griechen, deren Namen in der "Borjans-Liste" auftauchten, sind bereits von den Ermittlungsbehörden befragt worden. Ähnlich wie in der Vergangenheit in Deutschland haben die mutmaßlichen Steuerbetrüger jetzt die Möglichkeit, doch noch Einkommen anzugeben oder andere Dokumente vorzulegen, die ihre hohen Guthaben in der Schweiz erklären. Andernfalls müssen sie mit einer Anklage wegen Steuerhinterziehung und
Geldwäsche rechnen.
Einem Bericht in der griechischen Zeitung "To Vima" zufolge handelt es sich bei den 15 Griechen vor allem um Ärzte und Anwälte mit noblen Geschäftsräumen in Kolonaki, dem Athener Pendant zu Manhattan. Außerdem soll es sich bei einem der Steuersünder um einen Priester handeln, der 410.000 Euro auf seinem Schweizer Konto in Sicherheit gebracht hat.