Linksextremismus in Deutschland im europäischen Vergleich
Griechenland verdient hinsichtlich der Entwicklung des Linksextremismus besondere Aufmerksamkeit, da dort durch die sozioökonomischen Krisensituation ein starker Resonanzboden für extremistische Bestrebungen besteht. Die "Kommounistikó Kómma Elládas" (KKE) ("Kommunistische Partei Griechenland"), die mit dieser Bezeichnung 1924 gegründet wurde, konnte daraus bislang allenfalls in Ansätzen politischen Gewinn erzielen. Sie änderte nach 1990 nur marginal etwas an der dogmatischen Ausrichtung. Bei den Parlamentswahlen erhielt die KKE 2007 8,3 Prozent, 2009 7,5 Prozent und 2012 8,5 Prozent der Stimmen. Bei der zweiten Parlamentswahl 2012 sank der Anteil aber auf 4,5 Prozent. Für die KKE besteht mit der "Synaspismós tis aristerás ton kinimáton ke tis ikologias" (SYN) ("Koalition der Linken, der Bewegungen und der Ökologie") außerdem eine erfolgreichere Alternative für linke Wahlvoten. Dies machen auch die Ergebnisse der Europawahlen 2014 mit 6 Prozent für die KKE und 26,6 Prozent für die SYN deutlich.
Griechenland steht außerdem für einen aktiven Linksterrorismus, der zunächst mit der "Epanastatiki Organosi Dekati Devdomi Noemvri" (17N) ("Revolutionäre Organisation 17. November") verbunden war. Diese Gruppe, benannt nach dem Tag der brutalen Niederschlagung einer Protestaktion gegen die Militärdiktatur, führte von 1973 bis 2000 zahlreiche Bombenanschläge und Morde durch. Letztere richteten sich gegen griechische Industrielle und Politiker, aber auch gegen Diplomaten und Militärangehörige von NATO-Staaten. Erst mit der Festnahme einiger Aktivisten 2002 kann von einem Ende von 17N ausgegangen werden. Mit "Epanastatikos Agonas" ("Revolutionärer Kampf"), "Sechta Epanastaton" ("Sekte der Revolutionäre") und "Synomosia Pyrinon tis Fotias" ("Verschwörung der Feuerzellen") bestehen weitere linksterroristische Gruppen, die seit 2003 durch Anschläge auf Banken, Polizeiwachen oder Regierungsgebäude, aber auch durch die Verschickung von Paketbomben ins Ausland auf sich aufmerksam machten.
Und schließlich existiert eine besonders in Athen gut entwickelte und überaus gewaltgeneigte Autonomen-Szene, die vor allem die Protestaktionen von Jugendlichen und Studenten zu einschlägigen Aktivitäten nutzt. Nachdem 2008 während eines Polizeieinsatzes ein fünfzehnjähriger Demonstrant durch den Querschläger eines Warnschusses ums Leben kam, eskalierte die Gewalt bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Den Autonomen gelang es dabei zumindest zeitweise, auch Jugendliche außerhalb ihres Milieus zur Teilnahme an Ausschreitungen zu motivieren. Ihren Höhepunkt fanden die Gewaltexzesse in Schüssen auf Polizeibeamte, wobei ein junger Polizist schwer verletzt wurde. 2009 töteten dann drei Personen einen Angehörigen der Anti-Terror-Einheit der Polizei. Darüber hinaus gab es noch andere Angriffe mit Handfeuerwaffen und Sprengstoff, die bislang meist nicht aufgeklärt werden konnten. Hier besteht die längerfristige Gefahr einer engeren Kooperation von neuen griechischen Linksautonomen mit neuen griechischen Linksterroristen.
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