In memoriam an Latinka Perović. Lebe wohl Stimme der Vernunft. Lange Zeit wird Serbien eine solche Frau, die ihr Land und dessen Wohlergehen aber auch der Frieden mit den Nachbarn so sehr am Herzen lag, nicht hervorbringen.
Einzigartig und unvergesslich!
Anlässlich des Todes der liberalen serbischen Historikerin und Politikerin Latinka Perović.
Enver ROBELLI
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Eine Historikerin, eine Frau, eine Politikerin, eine Aktivistin, die für Menschenrechte gekämpft hat und für ein pro-westliches Serbien, für ein Serbien, das sich mit der Realität eines unabhängigen Kosovo auseinandersetzen muss. Die heute im Alter von 89 Jahren verstorbene Latinka Peroviqi kann auf unterschiedliche Weise und mit den höchsten Beinamen vorgestellt werden. Es ist nicht zu viel gesagt, dass es auf dem Balkan noch viele Jahrzehnte kaum Persönlichkeiten wie sie geben wird. Latinka Perovic war das Gesicht des anderen Serbiens, des leider vom autokratischen Regime ausgegrenzten und unterdrückten Serbiens, des russophilen und antiwestlichen Serbiens, das immer noch davon träumt, andere Völker zu erobern und Territorien auszurauben.
Latinka Peroviqi wurde am 4. Oktober 1933 geboren. In diesem Jahr übernahm Adolf Hitler die Macht in Deutschland. Als 27-Jährige wurde sie Präsidentin der Antifaschistischen Frauenfront Serbiens. 1975 promovierte die weltoffene und unendlich neugierige Historikerin an der Universität Belgrad. Sie ist Autorin von Dutzenden von Büchern und vielen wissenschaftlichen Arbeiten, die von wissenschaftlicher Präzision, breitem Wissen, intellektueller Aufrichtigkeit und Menschlichkeit geprägt sind.
Ihr Leben war ein Kampf gegen den serbischen Nationalismus. Dafür wurde sie vom regressiven Serbien verflucht und verachtet. Latinka Perovic sah die Geschichte Serbiens als eine Geschichte der gescheiterten Moderne. Sie war Sekretärin des Zentralkomitees des Bundes der Kommunisten Serbiens. 1972 entfernte Josip Broz Tito sie aus dem Amt, weil er befürchtete, ihre Ansichten seien zu liberal für die jugoslawische Gesellschaft. Sie galt damals als die einflussreichste Frau in der jugoslawischen Politik. Trotz des Versagens in der Politik (ohne eigenes Verschulden) verschwendete sie keine Energie für persönliche und egoistische Kämpfe.
Sie führte ihren Kampf gegen die serbische politische Klasse, die das Land in den Abgrund führte. In einem Interview mit dem Magazin „Vreme“ sagte Perović: „Man kann niemanden, der anders denkt, als Feind bezeichnen! Darüber hinaus haben wir es aufgegeben, ernsthafte Kontroversen zu entwickeln, egal was passiert. Anstelle von Argumenten gibt es Diskreditierungen, Ad-hominem-Beleidigungen ... Warum? Wem dient es, dieses Gift auf Papier und Bildschirmen zu verbreiten? Warum müssen wir auf diese Weise abrechnen? Um Gottes willen, man kann die Würde eines Menschen nicht zerstören, nur weil man nicht seiner Meinung ist!"
Anders als viele Serben kannte Latinka Peroviqi das Kosovo und seine Geschichte gut. Nicht nur von der Literatur, die sie gelesen hatte, sondern auch von ihren Besuchen im Kosovo seit den 60er Jahren. Sie kannte auch viele Persönlichkeiten aus dem Kosovo. Sie pflegte aufrichtige und vorurteilsfreie Freundschaften mit ihnen.
In einem der letzten Interviews im Juni dieses Jahres forderte er Serbien auf, den eingefrorenen Konflikt im Kosovo schnellstmöglich zu beenden. Denn ihrer Meinung nach kann Serbien wegen des Kosovo das Land nicht prosperieren. Die Serben, sagte sie, glauben, dass sich im Kosovo nichts geändert habe und dass die Situation dieselbe sei wie vor 30 oder 50 Jahren. "Es ist nicht dasselbe, es hat sich viel geändert."
Auf die Frage, was sie mit dem Kosovo machen würde, antwortete sie: „Solange ich politisch denke kann, denke ich, dass Serbien sich auf sich selbst konzentrieren sollte, auf wirtschaftliche Entwicklung, Bildung, auf die Verbesserung der Gesundheitskultur, auf Weltoffenheit. Es ist wichtig, dass Serbien normale Beziehungen zu seinen Nachbarn, einschließlich Kosovo, aufbaut. Deshalb sind Menschenrechte so wichtig."
Kosovo schuldet Latinka Perovic mehr als Respekt und Andenken. Ihre Arbeit verdient auch unter Albanern Aufmerksamkeit, gelesen und gepflegt zu werden. Sie reiht sich in eine Reihe serbischer Humanisten wie Dimitrije Tučević und Kosta Novaković ein, die vor mehr als einem Jahrhundert nicht nur die abscheulichen Verbrechen Serbiens an Albanern kritisierten, sondern sich auch für eine gute Nachbarschaft zwischen Serben und Albanern einsetzten. Auch Latinka Peroviq gehört zu dieser Tradition. Es ist nicht ausreichend, dass eine Straße in Prishtina oder Prizren ihren Namen trägt. Gerade in düsteren Zeiten erinnern uns Persönlichkeiten wie Latinka Peroviq daran, dass Hass auf dem Balkan keine dauerhafte Tagesnahrung von primitiven Politikern mit größenwahnsinnigen Ambitionen sein soll.