Die Liste der Toten – Wie der KGB über Grenzen hinweg mordete und Putins Russland diese Praxis fortführt
Es beginnt nicht mit Skripal. Es endet nicht mit Nawalny. Wer glaubt, die politische Mordlust des Kreml sei eine Laune der Gegenwart, eine bloße Pathologie Wladimir Putins, der irrt nicht – aber er irrt zu kurz. Denn die Geschichte jener Menschen, die Russland verließen, weil sie dem Staat entkommen wollten – nur um am Ende doch von seiner Hand erschlagen zu werden –, ist keine neue. Sie ist ein System. Eine Tradition. Eine Botschaft, tief eingespeist in das Blutarchiv eines Geheimdienstes, der nie verschwand, sondern nur sein Kürzel wechselte.
Emigration schützt nicht. Sie markiert.
Seit den Tagen der Bolschewiki ist der Verräter der wahre Feind. Der Abweichler, der Emigrant, der Überläufer – er trägt nicht nur Schuld, er ist Schande. Und Schande duldet Moskau nicht. Schon in den 1920er-Jahren entführten sowjetische Agenten Exil-Generäle wie Alexander Kutepow oder Yevgeny Miller. 1940 tötete ein von Stalin beauftragter Attentäter den Revolutionär Leo Trotzki in Mexiko. Die Sowjetunion zeigte der Welt, was sie unter Souveränität verstand: Ihre Feinde blieben Feinde – egal, wo sie lebten.
Der KGB perfektionierte das Prinzip.
Was einst improvisiert war, wurde später Struktur. Die „13. Abteilung“ des KGB – zuständig für sogenannte Exekutivaktionen – war mehr als nur ein Killerkommando. Sie war Teil eines komplexen Apparats, der politische Gegner jenseits des Eisernen Vorhangs verfolgte, vergiftete, entführte, diskreditierte. Im Verbund mit der bulgarischen DS, der ostdeutschen Stasi oder dem tschechoslowakischen Sicherheitsdienst ließ der KGB Oppositionelle verschwinden – nicht nur physisch, sondern auch symbolisch. Die Botschaft war eindeutig: Moskau sieht dich. Moskau vergisst nicht. Moskau verzeiht nicht.