Wegen Enke: DFB sagt Länderspiel gegen Chile ab
Nach dem tragischen Tod des Nationaltorwarts folgt der Verband dem Wunsch der Mannschaft, die sich gegen die Partie ausgesprochen hatte.
Bonn - Nach dem tragischen Tod von Nationaltorwart Robert Enke hat der Deutsche Fußball-Bund das Länderspiel gegen Chile am Samstag in Köln abgesagt.
Die Entscheidung wurde am Mittwochvormittag im deutschen Mannschaftsquartier bei einem Gespräch zwischen DFB-Präsident Theo Zwanziger, Generalsekretär Wolfgang Niersbach sowie Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff getroffen.
Dies gaben Zwanziger und Bierhoff auf einer emotionalen Pressekonferenz bekannt. (DIASHOW: Abschied von Robert Enke)
Großteil des Teams gegen Spiel
Zuvor hatte sich auch ein Großteil der Mannschaft, die sich in der ehemaligen Bundeshauptstadt auf das Spiel gegen Chile vorbereiten wollte, für eine Absage des Länderspiels ausgesprochen.
"Es ist völlig richtig, dass wir das Chile-Länderspiel abgesagt haben. Niemand fühlt sich in der Lage, in dieser Situation einfach zur Tagesordnung überzugehen", sagte Bundestrainer Joachim Löw.
"Wir haben einen Freund verloren. Das ist ein Moment, bei dem man auch im Fußball innehalten muss. Wir trauern tief um Robert Enke."
Vor der Nominierung des WM-Aufgebotes im Mai steht für die DFB-Auswahl nach der Absage nur noch das Duell mit der Elfenbeinküste am 18. November in Gelsenkirchen und der Länderspiel-Klassiker gegen Argentinien am 3. März in München auf dem Programm.
Teilnahme am Gedenkgottesdienst
Die Mannschaft sowie der Trainer- und Betreuerstab verließen am Mittwochnachmittag das Bonner Mannschafts-Hotel.
Zwanziger, der komplette Trainerstab, Bierhoff und Ballack reisten vom Rhein nach Hannover, wo sie am Abend an einem Gedenkgottesdienst für Robert Enke teilnahmen.
Die Mannschaft trifft sich am Sonntag in Düsseldorf wieder, um die Vorbereitung auf das Länderspiel gegen die Elfenbeinküste aufzunehmen.
Zuvor wird das komplette Team aber in Hannover an einer Trauerfeier für den achtmaligen Nationalspieler teilnehmen, wie der DFB-Präsident berichtete.
Enke hatte sich am Dienstagabend das Leben genommen. Er wurde nur 32 Jahre alt.
Tiefe Trauer und Bestürzung
In der DFB-Auswahl herrscht seit der Nachricht tiefe Trauer und Bestürzung. Bierhoff brach bei der Pressekonferenz in Tränen aus.
Der Teammanager sprach von "Hilflosigkeit, weil keiner bei uns über die Oberfläche bei Robert hinausgeschaut hat. Auch nicht unser Sportpsychologe Hans-Dieter Hermann, der keine Beobachtungen gemacht hat, die Hinweise auf diese Krankheit geben".
Bei der Bekanntgabe der traurigen Botschaft beim Abendessen am Dienstagabend hätten vor allem Michael Ballack, der Enke seit dem 13. Lebensjahr kannte, und sein früherer Mannschaftskamerad Per Mertesacker, sehr emotional reagiert.
Auch Löw zog es vor, sich nur schriftlich zu äußern. "Es fällt mir schwer, die Gefühle zu beschreiben. Ich bin völlig schockiert, völlig leer. Mein ganzes Mitgefühl gilt seiner Frau und seiner Familie. Robert war nicht nur ein herausragender Spieler, sondern auch ein toller Mensch", sagte er.
"Wir haben wunderbare Gespräche geführt. Er konnte zuhören und ist anderen mit unglaublichem Respekt begegnet. Fairness war für ihn immer ein wichtiger Lebensinhalt. Sein Tod ist ein immenser Verlust. Er wird uns fehlen, als erstklassiger Sportler und als außergewöhnlicher Mensch.
Zwanziger: "Zeit, innezuhalten"
Ähnlich äußerte sich der sichtlich angeschlagene Zwanziger, nachdem die zahlreichen Journalisten Enke in einer Gedenkminute gewürdigt hatten.
"Nun ist es Zeit, innezuhalten und nicht wieder in die typische Geschäftsmäßigkeit zu verfallen", erklärte der DFB-Präsident
"Für uns alle war einvernehmlich klar: Wir können das Spiel am Samstag gegen Chile nicht austragen. Wir bitten sie um Verständnis, diese Entscheidung ist alternativlos."
Zwanziger lobte zudem das Verhalten des Mannschaftsrates mit Kapitän Michael Ballack, Philipp Lahm, Per Mertesacker, Miroslav Klose und Bastian Schweinsteiger
"Ich bin auf den Inhalt und die Ernsthaftigkeit dieses Gesprächs mit dem Mannschaftsrat sehr stolz. Ich habe Spieler erlebt, die ehrliche Trauer zeigen und nicht wie in manch anderen Fälle schnell wieder zur Tagesordnung übergehen. Die Spieler haben auch deutlich gemacht, dass man für Trauer eine gewisse Zeit benötigt."
Würdigung für Enke soll folgen
Bierhoff berichtete, dass man kurz darüber nachgedacht habe, das Länderspiel gegen Chile als ein "Abschiedsspiel für Robert" durchzuführen.
Diese Idee hätte man aber ganz schnell wieder verworfen, da es dafür "einfach zu früh" gewesen sei.
"Wir überlegen über den November hinaus, wie wir an anderer Stelle Robert würdigen können", ergänzte der frühere DFB-Kapitän.
Unterdessen fragte Zwanziger, der Enkes Ehefrau Teresa für deren mutigen Auftritt auf der Pressekonferenz in Hannover Respekt zollte, immer wieder nach den Beweggründen für einen solchen Selbstmord.
"Die Frage nach dem Warum beschäftigt uns seit letzter Nacht. Ich werde diese Frage nicht beantworten können. Der DFB wird sich aber intensiv damit beschäftigen, wie es zu so etwas kommen kann", sagte er.
"Wir dürfen nicht zulassen, dass ein Mensch in so eine Situation kommt. Wir haben nicht nur Spitzensportler, sondern auch zweieinhalb Millionen Freizeitsportler, denen wir es schuldig sind, uns zu hinterfragen."