22.03.2013
2011 kaufte sich Fenerbahce Istanbul die türkische Meisterschaft. Bestraft wurde der Verein nicht. Einige Fans haben sich nun organisiert – und fordern Gerechtigkeit.
Für die Justiz war alles klar, für den Sport nicht
In der Spielzeit 2010/11 hatte sich Fenerbahce Istanbul
den türkischen Meistertitel erkauft. Der Verein, der reichste des Landes, hatte 16 von 17 Rückrundenspielen gewonnen. Sieben dieser Partien wurden verschoben, darunter auch das entscheidende 4:3 am letzten Spieltag gegen Sivasspor. In sechs weiteren Fällen wurden den Gegnern von Fenerbahces ärgsten Rivalen extra hohe Siegprämien versprochen. Doch der Betrug flog auf.
93 Offizielle, Spieler und Agenten landeten vor Gericht. Mehmet Ekincis, einer der renommiertesten Richter des Landes, verhängte Freiheitsstrafen von insgesamt 42 Jahren wegen Spielmanipulation, Bestechung, Wettbewerbsverzerrung, Bildung und Leitung einer kriminellen Vereinigung. Am härtesten traf es den Präsidenten von Fenerbahce Istanbul. Aziz Yıldırım wurde zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Für die Justiz war der Fall klar. Für den Sport nicht.
Der türkische Fußballverband (TFF) unternahm so gut wie nichts. Er sperrte ein paar Spieler und Fenerbahce-Mitarbeiter. Den strafrechtlich verurteilten Präsidenten Yıldırım sprach der Verband frei. Auch der Verein kam davon. Fenerbahce durfte sowohl seinen Meistertitel behalten, als auch die umgerechnet etwa 30 Millionen Euro, die ein Meister einstreicht. Es gab keinen Zwangsabstieg, keinen Punktabzug, nicht einmal eine Geldstrafe. Derzeit steht Fenerbahce im Viertelfinale der Europa League. Auf dem Präsidentensitz noch immer: Aziz Yıldırım, als Kopf einer kriminellen Vereinigung verurteilt, nur auf freiem Fuß, weil er gegen das Gerichtsurteil Berufung einlegte.
Dass kein einziges der 13 manipulierten Spiele aus den Ergebnislisten gestrichen wurde, ist völlig unverständlich. "Der Umgang der TFF mit diesem Fall kann in einem Satz zusammengefasst werden: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen", heißt es dazu in einem Beitrag des
International Sports Law Journal. Die Argumente der TFF, die Klubs werden nicht betraft, weil man die Bestechung auf dem Feld nicht habe sehen können und weil Klubs zudem für die Taten ihres Vorstands oder Präsidenten nicht verantwortlich gemacht werden können, seien schlicht absurd.
Für Ertürk ist die Sache klar. "Die werden nur deswegen nicht bestraft, weil Erdoğan Präsident ist", sagt er. Recep Tayyip Erdoğan, Ministerpräsident der Türkei, ist oberster Fenerbahce-Fan. Der Verein gilt als Staat im Staate, als Klub der Militärs. Sein Präsident Yıldırım ist einer der mächtigsten Männer des Landes, der Unternehmer machte sein Vermögen mit Regierungsaufträgen für das Militär.