Die Feldzüge des "Türkenlouis"
Nach ihrer Niederlage bei der zweiten Belagerung Wiens 1683 gingen die türkischen Heere kurzzeitig in die Defensive. Doch schon bald drohten sie wieder, ganz Ost- und Mitteleuropa zu okkupieren. Es dauerte drei Jahrzehnte, bis der geniale Feldherr Prinz Eugen von Savoyen das Blatt wendete. Bevor er jedoch zum Zuge kam, sprang ein anderer Mann in die Bresche, den das Volk "Türkenlouis" nannte.
Als Ludwig Wilhelm 1677 mit 22 Jahren Regent der kleinen Markgrafschaft Baden-Baden wurde, besaß er schon militärische Erfahrung. Im Dienst des Kaisers hatte er am Rhein gegen Frankreich gekämpft. Seit 1679 General, schlug für ihn im Osten des Reiches die große Bewährungsstunde.
Seit dem 14. Juli 1683 belagerte ein mehr als 100.000 Mann zählendes Osmanenheer zum zweiten Mal die Stadt Wien. Ihr Anführer, der Großwesir Kara Mustafa, setzte seine Artillerie so massiv ein, dass nach acht Wochen die Stadtmauer in Trümmern lag. Doch am 12. September griff eine europäische Entsatzarmee die Türken am Kahlenberg an. Unter Führung von Herzog Karl von Lothringen und dem Polenkönig Jan Sobieski errangen sie einen totalen Sieg. Die Infanterie des linken Flügels unter Markgraf Ludwig Wilhelm drang als erste in die feindlichen Laufgräben ein. Die Befreiungsarmee hatte nur 600 Tote zu beklagen, die Türken hingegen 10.000.
Gegen die erbarmungslosen Osmanen
Doch der Triumph besaß auch eine bittere Seite. König Jan Sobieski berichtete: „Die Türken haben viele unschuldige hiesige Österreicher, vor allem Frauen erschlagen, so viele sie nur konnten. Eine sehr große Menge totgeschlagener Frauen und viele verwundete liegen überall herum.“
Ein Jahr später geriet der Herzog von Lothringen bei Ofen, dem heutigen Budapest, beinahe in eine Falle. Ludwig Wilhelm konnte ihn im letzten Moment an der Spitze mehrerer Kavallerieregimenter heraushauen. Allerdings verlor die Armee ihren gesamten Tross. 2500 kranke und verwundete Soldaten wurden von den Türken erbarmungslos niedergemetzelt.
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Die Rache erfolgte am 2. September 1686, als die Festung Buda (heute Teil von Budapest) am rechten Donauufer den Türken entrissen wurde. Für seinen tapferen Einsatz ernannte der Kaiser den erst 31-jährigen Markgrafen zum Feldmarschall. Im folgenden Jahre befehligte er die Kavallerie und entschied die Schlacht von Mohács am 12. August 1687.
Türkenlouis - der Schrecken der Osmanen
Das Ende der Türkenherrschaft in Ungarn schien gekommen. Doch inzwischen tobte am Rhein wieder Krieg gegen Frankreich. Die besten Truppen und Offiziere wurden nach Westen beordert. Am 6. April 1689 erhielt Ludwig Wilhelm den Oberbefehl in Ungarn, ein Himmelfahrtskommando gegen die erdrückende türkische Übermacht.
In den folgenden drei Jahren zeigt der „Türkenlouis“, wie ihn die Soldaten nennen, sein überragendes Feldherrentalent. Als erstes überwältigt er den Pascha von Bosnien. Nach einem nächtlichen Gewaltritt mit nur 3000 Kavalleristen überrumpelt er die Türken, denen nach schweren Verlusten der Rückzug gelingt. 1689 schlägt er bei der serbischen Stadt Niš ein weiteres Türkenheer.
Im März 1690 wird Ludwig Wilhelm in seiner badischen Heimat begeistert als „Türkenlouis“ begrüßt; er heiratet in aller Kürze eine blutjunge Prinzessin und eilt wieder auf den Kriegsschauplatz. Hier brennt es lichterloh. Der türkische Heerführer Mustafa Köprülü hat große Teile Ungarns und Serbiens zurückerobert. Mit einem gewaltigen Heer steht er in der Nähe von Belgrad sprungbereit Richtung Wien.
Goldenes Vlies für den Türkenbezwinger
Ende Juli 1691 verfügt der Markgraf über 33.000 einsatzfähige Soldaten. Kerntruppe sind 6000 Mann aus Brandenburg unter Führung des späteren Feldmarschalls Hans Albrecht v. Barfus. Obwohl im Winkel zwischen Donau und Save fast 60.000 Türken aufmarschiert sind, entschließt er sich, ihnen den Weg nach Westen zu verlegen. Seine Offiziere murren, denn der „Türkenlouis“ ist wegen seines Jähzorns und seiner Arroganz wenig beliebt. Doch Befehl ist Befehl und so kommt es am 19. August 1691 beim Ort Slankamen zur Schlacht.
Anfangs bestätigen sich alle Befürchtungen. Die Türken greifen aus einer Wagenburg an und drängen die kaiserliche Infanterie zurück. Aber Ludwig Wilhelm stürmt mit seiner Reiterei auf dem linken Flügel so heftig voran, dass der Einbruch in die Wagenburg gelingt und die türkische Schlachtordnung zusammenbricht. Am Abend ist das feindliche Heer vollständig zerschlagen. Mehr als 20.000 Türken, darunter Mustafa Köprülü und 18 Paschas, sind gefallen. Ludwig Wilhelms Männer (Verluste: 7300 Mann) erbeuten 154 Kanonen und 5000 Pferde.
Die militärische Leistung des Markgrafen bei Slankamen wird mit dem höchsten Orden des Reiches, dem „Goldenen Vlies“ gewürdigt. Vorerst hat er die Türkengefahr gebannt und beginnt sich Ende 1692 zurück nach Baden, um seine Markgrafschaft zu regieren. Im Krieg gegen Frankreich Anfang des 18. Jahrhunderts erntet er weitere kriegerische Lorbeeren. In die Geschichte eingegangen ist der populäre Fürst aber für immer als „Türkenlouis“.