Aus aktuellem Anlass, den Muḥammad-Schmähfilm zugrunde liegend, machte ich mir zur Aufgabe, den Artikel unseres Bruders Hamza zu übersetzen – War Muḥammad (ﷺ) ein Lügner?. Ich bitte jeden Leser im Vorweg, den Text gründlich zu lesen und die Argumentation offen Verstandes zu verfolgen, denn einer von beiden Parteien ist dem Falschen verfallen. So ist es für ein jeden die purste Zeitverschwendung, die hiesige Abhandlung zu lesen, der nicht bereit, seiner bisherigen Ansicht den Rücken zu kehren, sollte ihm die Wahrheit klar werden. Wer sich nur an den Artikel wagt, um ihn der Lüge zu schmähen, noch bevor er sein Herz geöffnet und von Vorurteilen gereinigt, der ist wahrlich nicht besser als ein Beharrender von uns, der nichts weiter tut, als jemand anderem blind zu folgen; denn gewiss, der gemeine, unsereine Mensch ist vor Fehlern nicht bewahrt.
*Übersetzungshinweis: Das im Folgenden mit „verrückt“ übersetzte Wort „deluded“ bedeutet soviel wie „getäuscht“. Es wurde kein passenderer deutscher Ausdruck gefunden, der den englischen Begriff wiedergibt. Auch wurden einige, nicht im Deutschen vorhandene Redewendungen wie „an open book“ (was soviel heißt wie „(über etwas) gänzlich Bescheid wissen“) wortwörtlich übersetzt (hier also mit: „ein offenes Buch“), um die nachfolgende Abhandlung so textnah wie möglich gestalten.
--------------------------------
بسم الله الرحمن الرحيم
Islamic Thought Series #8: Lassen Sie uns heute einen Blick auf das Prophetentum Muḥammads (Friede sei auf ihm) werfen. Der Prophet Muḥammad (Friede sei auf ihm) behauptete sein Prophetentum vor 1400 Jahren. Um beurteilen zu können, ob seine Behauptung wahr ist, müssen wir die historischen Berichte und Zeugnisse bezüglich des Lebens des Propheten (Friede sei auf ihm) rational untersuchen.
Wenn wir das tun, so werden wir feststellen, dass er die Wahrheit sprach. Wir können das Argument wir folgt zusammenfassen:
1. Der Prophet könnte ein Lügner, Verrückter, beides gewesen sein, oder die Wahrheit gesprochen haben.
2. Er war weder ein Lügner, noch verrückt, noch beides.
3. Daher sprach er die Wahrheit.
*** Man muss China ablehnen, wenn man den Propheten ablehnt! ***
In der Epistemologie (die ungefähr als die Lehre des Wissens und Glaubens definiert werden kann) wird das Zeugnis als eine Quelle des Wissens betrachtet, und kann geeignet angewandt begründete Glauben bilden. Das Zeugnis ist nur dann eine gültige Wissensquelle, wenn sie aus einer zuverlässigen Quelle stammt, besonders, wenn mehrfache Quellen übereinstimmen. Offensichtlich gibt es Bedingungen, wie wir das Zeugnis zu nutzen haben, doch in den meisten Fällen erwägen wir das Zeugnis als eine gültige Wissensquelle. Nehmen wir unsere Gewissheit, dass China existiert. Viele von uns waren noch nie in China, wir haben noch nie Chinesisch gegessen in China, wir haben noch nie mit jemandem in China gesprochen. Alles an Beweis ist die Karte, und Menschen, die uns erzählen, sie seien in China gewesen, und wir könnten vielleicht mit Menschen gesprochen haben, die behaupten, sie kämen aus China. Doch ist die Karte ein Beweis? Könnte es nicht sein, dass jemand eine Karte anfertigt und einfach ein neues Land namens „Fufula“ einzeichnet? Ist das Sprechen mit einem Menschen, der aus China zu kommen behauptet, ein Beweis? Könnte nicht jemand nicht zu Ihnen kommen und behaupten, ein Fufulanier zu sein? Was ist mit Menschen, die nach China gereist sind, ist das eine gültige Wissensquelle? Könnten Menschen nicht zu Ihnen kommen und sagen, sie seien nach Fufula gereist? Diese Reihe von Fragen untergräbt eigentlich unsere Gewissheit, dass China existiert.
Umgekehrt, wenn wir prüfen, warum wir eine so hohe Gewissheit haben, dass China existiert, werden wir zu dem Ergebnis kommen, dass ihr das widerholte Zeugnis zugrunde liegt. Wiederholtes Zeugnis heißt, dass eine große Anzahl von Leuten behauptet haben, etwas zu wissen (wie z.B. die Existenz Chinas), dass es unmöglich für sie ist, auf einer Lüge übereinzukommen oder gleichzeitig zu lügen. Das wird durch die Tatsache verstärkt, dass die meisten dieser Menschen sich nie getroffen und an verschiedenen Orten (zu verschiedenen Zeiten) gelebt haben. So würde das Behaupten, sie alle hätten gelogen, einer Massenverschwörung gleichkommen.
Angesichts des Obigen wäre das Ablehnen der Behauptung Muḥammads (Friede sei auf ihm), ein Prophet zu sein, gleichbedeutend mit dem Ablehnen der Existenz Chinas sein.
Um das beurteilen zu können, lassen Sie uns vier mögliche Optionen erörtern:
1. Er hat gelogen;
2. Er war verrückt;
3. Er war beides, ein Lügner und verrückt;
4. Er hat die Wahrheit gesprochen.
*** 1. Hat er gelogen? ***
Frühe historische Quellen über das Leben des Propheten Muḥammad (Friede sei auf ihm) illustrieren und betonen die Unbescholtenheit seines Charakters. Er war kein Lügner und das zu behaupten ist in gleichem Maße unhaltbar. Die Gründe hierfür sind zahlreich, beispielsweise war er sogar bei den Feinden seiner Botschaft als der „Vertrauenswürdige“ bekannt. [1]
Auch folgt der Beweis des Propheten (Friede sei auf ihm) Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit zwangsläufig und wird untermauert durch die Tatsache, dass ein Lügner üblicherweise für ein weltliches Ziel lügt, doch wies der Prophet (Friede sei auf ihm) alle weltlichen Begierden zurück, und litt heftig für seine Botschaft. [2] Er wies den Reichtum und die Macht zurück, die ihm für das Aufgeben des Verbreitens seiner Botschaft angeboten wurden. Er wurde bedeutend für seinen Glauben verfolgt, boykottiert und aus seiner geliebten Stadt vertrieben – Makkah; man ließ ihn hungern, und er wurde von Kindern gesteinigt, bis sein Blut seine Füße durchnässte. Seine Frau verstarb und seine geliebten Gefährten wurden gefoltert und schikaniert. [3] Das psychologische Profil der Propheten (Friede sei auf ihm) war offensichtlich nicht das eines Lügners, und weiterhin zu behaupten, er wäre ein Betrüger gewesen ist eine schamlose Behauptung ohne jeglichen Beweis. Der neuzeitliche Professor Emeritus in Arabisch und Islamische Studien W. Montgomery Watt erforscht das in Muhammad in Mecca:
„Seine Bereitschaft, Verfolgung für seinen Glauben zu ertragen, der hochmoralische Charakter der Menschen, die an ihn glaubten und zu ihm aufschauten als einen Führer, und die Größe seiner endgültigen Errungenschaften – all das zeigt seine fundamentale Redlichkeit. Muḥammad zu unterstellen, ein Schwindler gewesen zu sein, wirft mehr Fragen auf als es löst.“ [4]
Es war des Propheten (Friede sei auf ihm) Wahrhaftigkeit, die ein Schlüsselgrund für seinen Erfolg war, sowohl auf politischer als auch auf religiöser Ebene. Ohne seine Glaubhaftigkeit, die ein Bestandteil seines moralischen Verhaltens war, hätte er nicht so viel in einer verhältnismäßig kurzen Zeit erreicht. Diese Ansicht wird von den Historikern Edward Gibbon und Simon Oakley in „Geschichte des sarazenischen Reiches“ angesprochen:
„Dem größten Erfolg in Mohammads Leben lag die schlichte moralische Kraft zugrunde.“ [5]
*** 2. War er verrückt? ***
Der Prophet Muḥammad (Friede sei auf ihm) konnte nicht verrückt gewesen sein, denn per Definition spricht ein Verrückter die Falschheit, während er glaubt, es sei die Wahrheit. Um diese Behauptung zu untergraben, prophezeite der Prophet (Friede sei auf ihm) viele Dinge, die sich ihm und seiner Gemeinschaft nach ihm, betreffend den Frieden, das Entfernen der tyrannischen Königreiche von Chosrau [der königliche Titel für die zoroastrischen Könige von Persien] und Cäsar, und das Etablieren der Religion des ʾIslām in der ganzen Welt. Diese Geschehnisse ereigneten sich genau so, wie Muḥammad (Friede sei auf ihm) sie prophezeite. Es ist, als las er die Zukunft aus einem offenen Buch. Zum Beispiel:
- Der Gesandte sagte das Märtyrertum ʿAmmārs in einem Bürgerkrieg voraus: Wie schade, o ʿAmmār, eine rebellische Gruppe wird dich töten. [6]
- Der Prophet prophezeite, dass Fatima sich ihm nach seinem Tod als erste anschließen werde: Vor seinem Tod rief der Gesandte seine Tochter Fatima zu seinem Krankenbett und unterrichtete sie, dass sie die erste unter seiner Familie sein werde, die sich ihm nach seinem Tod anschließen werde. Fatima schloss sich ihrem Vater, dem Stolz der Menschheit, sechs Monate später an. [7]
- Der Prophet sagte die mongolische Invasion voraus: „Die Stunde wird nicht eintreffen, bis ihr mit den Khudh und den Kirman von unter den Nichtarabern kämpfen werdet. Sie werden von rötlicher Hautfarbe sein, flache Nasen und kleine Augen haben; ihre Gesichter werden wie flache Schilde aussehen, und ihre Sandalen werden aus Haaren sein.“ [8]
Darüber hinaus ähneln die Lehren des Propheten Muḥammad (Friede sei auf ihm) nicht den Lehren eines verrückten Mannes. [9]
*** 3. War er beides, ein Lügner und verrückt? ***
Das ist logisch unmöglich, denn der Prophet Muḥammad (Friede sei auf ihm) konnte nicht überzeugt gewesen sein, die Wahrheit zu sprechen, und dabei auf der Falschheit beruhen und zur selben Zeit vorgeben die Wahrheit zu sprechen und dabei auf eine Lüge zu bauen.
*** 4. Hat er die Wahrheit gesprochen? ***
Dr. William Draper schrieb in „Geschichte der intellektuellen Entwicklung Europas“:
„Vier Jahre nach dem Tod Justinians, 569 n.Chr., wurde in Mecca, in Arabien, der Mann geboren, der von allen Menschen den größten Einfluss auf die menschliche Rasse ausübte [...] Das religiöse Oberhaupt vieler Imperien zu sein, den Alltag von einem Drittel der Menschheit zu lenken, mag den Titel eines Gesandten Gottes rechtfertigen.“ [10]
Thomas Carlyle schrieb in seinem Buch „Von Helden und Heldenverehrung und heldenhafter Geschichte“:
„Des Menschen Worte waren nicht falsch, noch waren es seine hienieden Arbeitsweisen [...] Eine feurige Masse von Leben wurde vom großen Busen der Natur selbst geworfen. Die Welt zu entfachten; der Welt Schöpfer hat es so befohlen.“ [11]
Angesichts des Erörterns aller anderen Möglichkeiten kann gesagt werden, dass die obigen Zitate die rationalste Schlussfolgerung bilden.
*** Antwort auf den Haupteinwand ***
Ein Haupteinwand gegen diese Argumentation ist, dass die Narrationen bezüglich des Lebens des Propheten Muḥammad (Friede sei auf ihm) keine gültige Wissensquelle seien. Dieser Einwand ist sich in mehrerlei Hinsicht selbstwiederlegend. Wenn die Berichte über das Leben des Propheten (Friede sei auf ihm) zurückgewiesen werden, so müsste jegliche etablierte Historie zurückgewiesen werden, einschließlich des Ersten Weltkrieges, der Schlacht bei Hastings, und die Normannische Eroberung Englands. Der Grund hierfür ist, dass die von der Islamischen Wissenschaft übernommene
Geschichtswissenschaft weit aus detaillierter und genauer ist als die von westlichen Historikern angewandten Methoden.
Das Islamische Verfahren über das Klassifizieren historischer Berichte baut auf den Text (Matn) und die Überlieferungskette (ʾIsnād), welche beide zusammen einen Ḥadīṯ (pl. Aḥadīṯ) bilden. Der inhaltliche Teil des Ḥadīṯes mag richtig scheinen, doch verlangt er eine authentische Überlieferungskette mit redlichen Überlieferern, um akzeptiert zu werden. ʿAbdullāh b. al-Mubārak, der Lehrer von ʾImām al-Buḫārī, sagte:
„Der ʾIsnād ist Teil der Religion: Wäre es nicht wegen des ʾIsnād, hätte sich jeder das zu sagen gehabt gewünscht, was auch immer er wollte.“ [12]
Um diese komplexe Wissenschaft zusammenzufassen, zeigen die folgenden groben Klassifizierungen deutlich die Tiefe und Gründlichkeit der Ḥadīṯ-Wissenschaft:
- Entsprechend einem Bezug auf eine bestimmte Autorität, z.B. dem Propheten (Friede sei auf ihm), einem Gefährten, oder einem Nachfolger. Solche Aḥadīṯ werden entsprechend als Marfūʿ (erhaben), Mauqūf (unterbrochen), oder Maqṭūʿ (durchtrennt) benannt.
- Entsprechend den Gliedern im ʾIsnād, d.h. ob die Kette der Berichtenden unterbrochen oder nicht unterbrochen ist, z.B. Musnad (gestützt), Muttasil (durchgehend), Munqati (unterbrochen), Mu'allaq (hängend), Mu'dil (rätselhaft) und Mursal (unvollständig).
- Nach der Anzahl der Berichtenden in jeder Stufe des ʾIsnād, z.B. Mutawātir (aufeinanderfolgend) und ʾAḥād (einzeln); letzterer wird unterteilt in Ġarīb (mangelnd, seltsam), ʿAzīz (selten, stark) und Mašhūr (bekannt).
- Entsprechend der Art und Weise, in der der Ḥadīṯ überliefert wurde, wie beispielweise das Verwenden der (arabischen) Wörter ʿan ("über die Autorität von"), haddathana ("Er berichtete uns"), akhbarana ("er informierte uns") oder samiʿtu ("Ich hörte"). In diese Kategorie fällt die Diskussion über Mudallas (verborgene) und Musalsal (gleichermaßen verbundene) Aḥadīṯ.
- Entsprechend der Natur des Matn und ʾIsnād, z.B. eine Hinzufügung durch einen redlichen Überlieferer, bekannt als ziyadatu thiqah, oder dem Widerspruch durch eine geringere Autorität mit einem Redlicheren, bekannt als Šāḏḏ (ordnungswidrig). In einigen Fällen wird ein einen vulgären Ausdruck, ungebührlichen Kommentar oder offensichtlichen Fehler enthaltener Text sofort, ohne Berücksichtigung des ʾIsnād durch die Traditionisten zurückgewiesen: Ein solcher Ḥadīṯ ist bekannt als Munkar (kritisiert). Wenn ein Ausdruck oder eine Aussage als eine Hinzufügung durch einen Überlieferer des Textes nachgewiesen wird, wird er als Mudrağ (hinzugefügt) bezeichnet.
- Nach einem versteckten Fehler, der im ʾIsnād oder dem Text gefunden wird. Obwohl das auch in eine der vorangegangenen Kategorien hätte einbezogen werden können, ist ein Ḥadīṯ Mu`allal (fehlerhafter Ḥadīṯ) es wert, für sich erklärt zu werden. Der Fehler kann auf mehrere Weisen verursacht werden; z.B. sind zwei Arten des Ḥadīṯes Mu`allal als Maqlub (annulliert) und Mudtarib (unsicher) bekannt.
- Nach der Redlichkeit und dem Gedächtnis der Überlieferer. Das letzte Urteil über einen Ḥadīṯ hängt entscheidend von diesem Faktor ab: Urteile wie Ṣaḥīḥ (einwandfrei), Ḥasan (gut), Ḍaʿīf (schwach) und Mauḍūʿ (erfunden, gefälscht) basieren hauptsächlich auf der Natur der Überlieferer im ʾIsnād. [13]
Angesichts der Obigen wäre das Zurückweisen der Überlieferungen, die das Leben des Propheten Muḥammad (Friede sei auf ihm) darlegen, gleichbedeutend mit dem Zurückweisen aller bekannten geschichtlichen Tatsachen, denn die Wissenschaft des Ḥadīṯ ist weit aus genauer als die in der westlichen Geschichte angewandten Methoden.
--------------------------------
[1] Martin Lings, Muhammad: Sein Leben nach den frühesten Quellen. 2te überarbeitete Auflage. The Islamic Texts Society. 1983, Seite 34.
[2] Ibid, Seite 52.
[3] Ibid, Seiten 53 - 79.
[4] W. Montgomery Watt, Muhammad in Mecca. Oxford. 1953, Seite 52.
[5]Edward Gibbon und Simon Oakley. Geschichte des sarazenischen Reiches. London, 1870.
[6] Buḫārī, Muslim und Musnad Aḥmad
[7] Buḫārī
[8] Muslim
[9]
Understanding Islam and the Muslims
[10] Geschichte der intellektuellen Entwicklung Europas. Eine Onlineversion ist hier verfügbar:
The Project Gutenberg eBook of History of the Intellectual Development of Europe, Volume I (of 2), by John William Draper.
[11] Von Helden und Heldenverehrung und heldenhafter Geschichte. Eine Onlineversion ist hier verfügbar:
On Heroes, Hero-worship, and the Heroic in History, by Thomas Carlyle.
[12] Berichtet von ʾImām Muslim in der Einleitung zu seinem Ṣaḥīḥ.
[13]
http://www.islamic-awareness.org/Hadith/Ulum/asa2.html
- - - Aktualisiert - - -
Viel Spass beim Widerlegen! (Gilt auch fuer euch, Frieden und Dhoom.)