Russlands Marine erwartet Atom-U-Boote der vierten Generation (Situationsbericht)
"Juri Dolgoruki"
© Sewmasch
20:28 19/03/2012
Sergej Safronow, RIA Novosti
Zu den 60 U-Booten der russischen Kriegsflotte kommen in diesem Jahr drei Atom-U-Boote der vierten Generation hinzu.
Dies teilte ein Sprecher des Hauptstabs der russischen Seestreitkräfte mit. Es handelt sich um die beiden strategischen U-Boote der Borej-Klasse (Projekt 955) Juri Dolgoruki und
Alexander Newski sowie um das Mehrzweck-Atom-U-Boot der Jassen-Klasse (Projekt 885) Sewerodwinsk.
„Das sollte zwar bereits im vergangenen Jahr geschehen, doch wegen der in die Länge gezogenen Tests der Bulawa-Rakete für die U-Boote der Borej-Klasse und neuer Marschflugkörper mit großer Reichweite für die U-Boote der Jassen-Klasse wurde das nicht geschafft“, sagte der Admiral.
Zugleich verwies er darauf, dass Anfang dieses Jahres offiziell angekündigt worden war, dass die diesel-elektrischen U-Boote der Lada-Klasse (Projekt 677) nicht in die russische Marine aufgenommen werden. Das Spitzen-U-Boot Sankt Petersburg, das sich in der Testphase befindet, soll in diesem Jahr in den nördlichen Meeren weiter getestet werden. Das U-Boot soll mit einer luftunabhängigen Energieanlage ausgestattet werden.
Zukunft der Atom-U-Flotte „8+8“
Mit der Inbetriebnahme des strategischen U-Bootes der 4. Generation
Juri Dolgoruki (Borej-Klasse, Projekt 955) mit Bulawa-Raketen beginnt eine neue Etappe bei der Entwicklung der russischen U-Flotte. „Die offizielle Zeremonie soll im Juli im Sewmasch-Werk in Sewerodwinsk stattfinden“, sagte ein Vertreter der Marine.
Insgesamt sollen acht U-Boote dieser Klasse gebaut werden. Die Mitteilungen einiger Medien, die von geplanten zehn solchen U-Booten berichteten, wurden nicht bestätigt.
Laut der Führungsriege der Marine werden die ersten Borej-U-Boote an die Pazifikflotte übergeben und in Wiljutschinsk auf der Kamtschatka-Halbinsel stationiert. Die soziale Infrastruktur wie Wohnungen ist für die Besatzungen der neuen U-Boote bereits vorhanden und wurde vom russischen Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow im vergangenen Jahr besichtigt.
Jetzt befinden sich im Sewmasch-Werk in einem unterschiedlichen Entwicklungsstand drei U-Boote der Borej-Klasse (Projekt 955) des Konstruktionsbüros Rubin - Juri Dolgoruki, Alexander Newski, die in diesem Jahr in Betrieb genommen werden sollen, und Wladimir Monomach, das im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden soll.
„Der Bau des vierten U-Boots der Borej-Klasse hat im Grunde schon begonnen“, sagte Andrej Djatschkow, Generaldirektor des Konstruktionsbüros Rubin und des Sewmasch-Werks.
Zudem hätten die Arbeiten an dem fünften und sechsten U-Boot begonnen, so Djatschkow. „Ohne auf den Abschluss des Vertrages zu warten, wurde bereits mit den Entwürfen begonnen. Das technische Projekt des U-Bootes des Borej-A-Projektes wurde bereits 2010 gebilligt. Wir haben bereits viele Bauzeichnungen für den Rumpf“, sagte Djatschkow.
Am Ende dieses Jahres soll im Sewmasch-Werk die Andrejewski-Flagge auf dem Führungs-U-Boot „Sewerodwinsk“ (Jassen-Klasse, Projekt 885) offiziell gehisst werden. Der Hauptunterschied des neuen U-Bootes ist seine Multifunktionalität - also die Möglichkeit, nicht nur feindliche Schiffe und U-Boote, sondern auch Ziele an der Küsten unter Beschuss zu nehmen. Diese U-Boote sollen mit den modernsten Raketen des Typs „Kalibr“ und „Onix“ bewaffnet werden.
„In diesem Jahr wurden die ersten Tests der modernsten Kalibr-Rakete durchgeführt. In der Tat werden die staatlichen Tests nicht des Schiffs, sondern der Raketenkomplexe durchgeführt“, sagte Djatschkow.
Laut Djatschkow werden die Tests bis zum Jahresende dauern. „Das Schiff wird sich fast das gesamte Jahr in den Meeren befinden und Raketenwaffen, funkelektronische Waffen und eigene Systeme testen. Das Schiff hat sich als Waffenträger bereits bewährt“, sagte Djatschkow.
Insgesamt werden bis 2020 acht Atom-U-Boote der Jassen-Klasse (Projekt 885) gebaut.
Jedes siebte U-Boot kommt aus Russland
Nach Angaben des Zentrums für Analyse des weltweiten Waffenhandels ZAMTO gibt es weltweit insgesamt 450 U-Boote, davon 60 russische.
„Von 60 U-Booten sind zehn strategische Atom-U-Boote. Zudem gibt es mehr als 30 Mehrzweck-Atom-U-Boote. Der Rest sind Diesel- und Spezial-U-Boote“, sagte ein Sprecher des Hauptstabs der russischen Marine.
Laut der Quelle werden die U-Boote der Projekte 667BDRM und 667BDR (Nato-Code: Delta IV und Delta III) den Kern der bordgestützten strategischen Nuklearkräfte ausmachen. Sie gehören der Nordflotte und der Pazifikflotte an.
„In Betrieb bleiben die weltweit größten Atom-U-Boote des Projektes 941 Akula (Nato-Code: Typhoon)“, sagte der Admiral.
Er verwies darauf, dass ein U-Boot dieses Projektes, die Dmitri Donskoj, im Sewmasch-Werk für die Tests der Bulawa-Rakete modernisiert wurde. In der Zukunft soll es für Tests der neuen U-Boote aus der Sewmasch-Werk U-Boote genutzt werden. „Die beiden anderen U-Boote dieses Projektes - „Sewerstal“ und „Archangelsk“ - befinden sich in Sewerodwinsk. Eine Entscheidung zu diesen U-Booten wurde noch nicht getroffen. Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass sie als Träger von Flügelraketen wie die US-U-Boote des Projektes Ohaio modernisiert werden“, sagte der Admiral.
Die Mehrzweck-Atom-U-Boote sind in der russischen Marine vor allem durch die Projekte 949A (Antej, Nato-Code: Oscar-2) und 971 (Schtschuka-B, Nato-Code: Shark) vertreten.
Die U-Boote des Projektes 877 (Paltus, Nato-Code Kilo oder Warschawjanka) stellen in Russland die Diesel-Elektro-U-Boote vor.
Zukunft für luftunabhängige Triebwerke und nichtatomare U-Boote
Die Warschawjanka-U-Boote sollen in zwei bzw. drei Jahren durch Diesel-Elektro-U-Boote des Projektes 677 Lada (Nato-Code Amur) mit luftunabhängigen Energieanlagen ersetzt werden. Das Spitzen-U-Boot dieses Projektes, die Sankt Petersburg, das sich gerade im Probebetrieb befindet, wird bis jetzt getestet. Die Testergebnisse gefallen der Marine-Führung nicht.
Flottenchef Admiral Wladimir Wyssozki verzichtete auf die U-Boote dieses Projektes, weil sie nicht mit einem luftunabhängigen Triebwerk ausgestattet werden sollen.
Das erste Testexemplar eines nichtatomaren U-Bootes mit einer luftunabhängigen Energieanlage könne 2014 gebaut werden, sagte Wyssozki. „In den kommenden Jahren könnten wir eine luftunabhängige Prüfenergieanlage bekommen. 2014 könnten die Tests mit den U-Booten des Projektes Lada (zwei wurden bereits auf Kiel gelegt) beginnen“, sagte Wyssozki.
Djatschkow bestätigte, dass das Rubin-Werk große Fortschritte bei der Entwicklung dieser Anlagen macht. „Wir stehen kurz vor der Beendigung der Tests des Prototyps. Wir konnten die technische Möglichkeit bestätigen, Wasserstoff unmittelbar an Bord des U-Boots zu bekommen. Dannach geht es weiter mit dem elektrochemischen Generator. Mit diesem Verfahren müssen wir den Wasserstoff nicht wie bei den Deutschen an Bord lagern, sondern können ihn an Bord herstellen“, sagte Djatschkow. Dabei werde gewöhnlicher Dieselkraftstoff genutzt.
U-Boote für Spezialaufgaben
Die Zahl und die Bestimmung der -U-Boote für Spezialaufgaben werden streng geheim gehalten. Es ist lediglich bekannt, dass 2007 das Test-U-Boot B-90 Sarow in der Nordflotte in Betrieb genommen wurde, das für die Tests neuer Waffentypen bestimmt ist. Einigen Angaben zufolge wurde das U-Boot aus Titanlegierungen hergestellt.
Zudem gibt es ein Atom-U-Boot des Projektes 949A Belgorod. Laut Wyssozki ist dieses U-Boot, das eigentlich das untergegangene U-Boot Kursk ersetzen sollte, für Sonderaufgaben bestimmt. Um welche Aufgaben es sich handelt, wollte Wyssozki aus Geheimhaltungsgründen nicht sagen.
Flotte wartet auf neue U-Boote
Von den vier russischen Flotten verfügen die Nordflotte und die Pazifikflotte über Atom-U-Boote. Das scheint auch in Zukunft so zu bleiben.
Alle neuen Atom-U-Boote werden die Nordflotte und die Pazifikflotte bekommen. Zunächst soll die Pazifikflotte die neuen U-Boote der Borej-Klasse bekommen. Dafür gibt es einen objektiven Grund. Die Pazifikflotte verfügt über die ältesten strategischen U-Boote des Projektes 667 BDR. Die moderneren U-Boote des Projektes 667 BDRM Delphin sind in der Nordflotte im Einsatz.
Laut Konteradmiral Alexander Fedotenkow wird die Schwarzmeerflotte bis 2017 sechs U-Boote des Projektes 636 (modernisiertes Projekt 877) bekommen, die in der St. Petersburger Werft „Admiraltejskije Werfi“ auf Kiel gelegt wurden. Diese U-Boote sollen den Kern beim Aufbau einer vollständigen U-Boote-Brigade der Schwarzmeerflotte bilden. Zu diesem Zeitpunkt wird in der Schwarzmeerflotte de facto das einzige U-Boot Alrossa des Projektes 877 verbleiben.
Die baltische Flotte befindet sich wegen der Tests des U-Boots Sankt Petersburg in der Zwickmühle. Dieses U-Boot und das weiter in der Werft auf Eis gelegte U-Boot Kronstadt sollten die baltische U-Flotte stärken. Jetzt steht das Kommando vor der schwierigen Entscheidung: entweder U-Boote des Projektes 636 bestellen oder einige Jahre warten, bis die U-Boote des erneuerten Projektes 677 Lada mit einer luftunabhängigen Energieanlage hergestellt werden.
Hintergrund
Das Atom-U-Boot „Juri Dolgoruki“ (Projekt 955 Borej) hat eine Verdrängung von 14700/24000 Tonnen. Die Abmessungen - 170x13,5x9 Meter. Maximale Tauchtiefe - 450 Meter. Geschwindigkeit - 15/29 Knoten, Besatzung - 107 Mann, darunter 55 Offiziere. Alle U-Boote des Projektes 955 Borej sollen mit den neuen Bulawa-Raketen ausgestattet werden. Jedes Atom-U-Boot soll 16
Feststoff-Interkontinentalraketen Bulawa-M mit einem Gefechtskopf mit zehn einzeln lenkbaren Raketen bekommen.
Die Bulawa-Rakete ist vom Moskauer Institut für Wärmetechnik entwickelt worden. Dieser Komplex wurde von russischen Rüstungsherstellern und mit den bodengestützten Topol-M-Raketen maximal vereinheitlicht.
Neben ballistischen Raketen soll das U-Boot mit Torpedos bewaffnet werden. Dank des Atomantriebs, der die Düsenschraube in Gang bringt, kann das U-Boot eine Geschwindigkeit von bis zu 15 Knoten (über Wasser) und 29 Knoten (unter Wasser) erreichen. Die U-Boote dieses Projektes werden mit einer Rettungskammer ausgestattet, in der die gesamte Besatzung sich im Notfall aufhalten kann. Bei dem Bau der Borej-U-Boote wurden die modernsten Technologien bei der Entwicklung der funkelektronischen Mittel und der Senkung des Lärmpegels genutzt.
Das Atom-U-Boot Sewerodwinsk wurde im Sewmasch-Werk 1993 auf Kiel gelegt und ist das Aushängeschild des Projektes 855 Jassen, das den Bau von acht modernen U-Booten für die russische Flotte vorsieht. Die technischen Daten des Sewerodwinsk-U-Boots:
- Verdrängung: 8600/13800 Tonnen
- Abmessungen: 119x13,5x9,4 Meter
- Geschwindigkeit: 16/31 Knoten
- Tauchtiefe: bis 600 Meter
- Besatzung: 90 Mann, darunter 32 Offiziere
- Bewaffnung: Marschflugkörper Onix und Kalibr, Torpedos, Raketentorpedos und Minen.
Das Diesel-Elektro-U-Boot Sankt Petersburg (Projekt 677 Lada) wurde vom Konstruktionsbüro Rubin unter Anleitung des Generalskonstrukteurs Juri Kormilizyn entwickelt. Die technischen Daten des Sewerodwinsk-U-Boots:
- Verdrängung: 1765
- Abmessungen: Länge - 67 Meter, Breite - 7,1 Meter
- Geschwindigkeit (getaucht): 21 Knoten
- Geschwindigkeit (aufgetaucht): 10 Knoten
- Tauchtiefe: bis 300 Meter
- Autonome Einsatzdauer: 45 Tage
- Besatzung: 35 Mann
- Bewaffnung: 6 Torpedos mit 533-Millimeter-Kaliber (Kampfsatz - 18 Torpedos)
Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.
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