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Russischer Literatursalon

babyblue

Top-Poster
Habe soeben Tolstojs Auferstehung zu Ende gelesen:

Tolstoi Leo N. - Auferstehung ? Krümels-Bücherwelt ...

und habe gleich danach mit "Aufzeichnungen aus einem Totenhause", Dostojewski

angefangen.

Also nach Tolstoj ist Dostojewski geradezu fast unerträglich. Erst nach ca. 100 Seiten konnte ich mich an Dostojewskis (beinahe schulmeisterlichen) "Ton" langsam gewöhnen.

Wie anders und wie erfrischend und wie fortschrittlich dagegen Tolstoj über den Strafvollzug, die "Arten" von Verbrechern und insbesondere die Sinnlosigkeit von Gefängnisstrafen schreibt.

Es scheint wirklich so zu sein, dass man entweder den einen oder den anderen "bevorzugt".

Ich habe keine Ahnung, warum das so ist, aber ich habe mich entschieden ;-)
 
Dostojevski ist nur gut, wenn jemandem ins Ohr gebissen wird oder irgendeiner ne komplett verrückte Theorie aufstellt. Gogol, Puschkin und Nabokov. Das sind die Besten, wie ich finde.
 
Puschkin funktioniert in seiner Lyrik jedoch allem voran auf Russisch. Deswegen ist er ja auch unser "Nationaldichter".

Hab mir gerade wieder Boris Akunin vorgenommen, weiß nicht, hatte irgendwie Lust darauf. Etwas "leichtere", doch aber sehr intelligente Krimiunterhaltung.
 
Ich habe sowieso nie verstanden, wie man Lyrik übersetzten kann.

Die letzten 150 Seiten Dostojewski waren überraschend besser...

Als nächstes sollte ich eigentlich Solschenizyn lesen, aber ich glaube, ich habe jetzt dann mal genug von der "Gefängnisliteratur"...es ist schon sehr hart und ich träume nur seltsames...

Dafür bleibe ich mal bei Dostojewski: "Verbrechen und Strafe" in der Übersetzung von Swetlana Geier.

Sie wurde für ihre Arbeit sehr gelobt, es gab sogar mal eine Doku über sie. Aber die habe ich leider versäumt...
 
Hallo, meine Liebe:-)

Ich freu mich wirklich, dass du dich für unsere Klassiker vor allem interessierst. Ich wollte noch etwas schreiben. Ich persönlich bin davon abgekommen, jemanden miteinander zu vergleichen. Aber in der Tat, unabhängig von Vergleichen wird einem der eine mehr, der andere weniger "liegen". Bei uns begegnet man ihnen üblicherweise im Schulprogramm und "Pflichtlektüre" zu Schulzwecken ist natürlich auch immer so eine Geschichte als wenn man sich selbst aussuchen kann, was einen anspricht, interessiert. Ich habe u.a. Tolstoj dafür gehasst, weil ich so gar nicht auch wegen des vielen Französisch in sein "Krieg und Frieden" kam. Wir sollten das über die Sommerferien lesen. Ich habe diesen Sommer in grässlicher Erinnerung:-)

Versuch dich ruhig trotz vielleicht negativen Eindrucks noch an "Verbrechen und Strafe". Die Übersetzung soll in der Tat sehr gelungen sein. Ich tu mich schwer mit solchen Kriterien wie Must have, must read... Aber gerade für jeden Juristen, auch Rechtsphilosophen würde ich das Buch fast als ein Muss bezeichnen:-)

Sei ganz herzlich gegrüßt.
 
Hallo, meine Liebe:-)

Ich freu mich wirklich, dass du dich für unsere Klassiker vor allem interessierst. Ich wollte noch etwas schreiben. Ich persönlich bin davon abgekommen, jemanden miteinander zu vergleichen. Aber in der Tat, unabhängig von Vergleichen wird einem der eine mehr, der andere weniger "liegen". Bei uns begegnet man ihnen üblicherweise im Schulprogramm und "Pflichtlektüre" zu Schulzwecken ist natürlich auch immer so eine Geschichte als wenn man sich selbst aussuchen kann, was einen anspricht, interessiert. Ich habe u.a. Tolstoj dafür gehasst, weil ich so gar nicht auch wegen des vielen Französisch in sein "Krieg und Frieden" kam. Wir sollten das über die Sommerferien lesen. Ich habe diesen Sommer in grässlicher Erinnerung:-)

Versuch dich ruhig trotz vielleicht negativen Eindrucks noch an "Verbrechen und Strafe". Die Übersetzung soll in der Tat sehr gelungen sein. Ich tu mich schwer mit solchen Kriterien wie Must have, must read... Aber gerade für jeden Juristen, auch Rechtsphilosophen würde ich das Buch fast als ein Muss bezeichnen:-)

Sei ganz herzlich gegrüßt.


Hallo Süße!

Das mit der Pflichtlektüre in der Schule ist halt so eine Sache...ich habe auch erst viele Jahre danach Goethe und Kafka entdeckt, wobei ich bei Goethe auch heute noch Vorbehalte habe (er ist mir zu eitel und zu eingebildet - zumindest kommt das manchmal so durch). Und Tolstoj habe ich mal Anfang 20 gelesen - es war unerträglich. Damals Anna Karenina. Sie ging mir wirklich auf die Nerven.

Erst dieses Jahr hatte ich ein Gespräch über Tolstoj mit einer Freundin, die auch Übersetzerin ist. Sie konnte es überhaupt nicht fassen, dass ich so eine Ablehnung empfand. Dann borgte sie mir "Die Auferstehung" und sie hatte recht. Dieses Buch liest sicher jeder anders und ich fands gerade auch aus einer juristischen Perspektive sehr interessant...die Strafprozessordnung dürfe in Russland die gleiche sein, wie in Mitteleuropa und auch sonst dürfte sich an den Grundzügen bis heute nicht viel verändert haben. Erst den Schluss fand ich ein bisschen enttäuschend - es war so abrupt und nur noch mehr Bibelzitate...naja, er scheint nach 10 Jahren genug gehabt zu haben :)

Mit dem Vergleichen hast du sicher recht. Aber bei diesen beiden liegt es einwenig auf der Hand, die gleiche Generation, beide adelig, die "Religiosität", die bei beiden durchscheint (und wahrsch beide sehr schwierige Zeitgenossen ;-)), beide sehr tiefsinnig, aber Tolstoj fühlt sich "wärmer" an - ist rein subjektiv, ich weiß. Dennoch mache ich jetzt mal mit Dostojewski weiter, auch vor dem Hintergrund, dass mich die Frage der Schuld schon seit längerem beschäftigt. Vllt machen wir dann einen Thread dazu, wenn du Lust hast :)

Aber über den Sommer kommt sicher "Krieg und Frieden" und ich freue mich schon richtig darauf :blob:
 
Hallo Süße!

Das mit der Pflichtlektüre in der Schule ist halt so eine Sache...ich habe auch erst viele Jahre danach Goethe und Kafka entdeckt, wobei ich bei Goethe auch heute noch Vorbehalte habe (er ist mir zu eitel und zu eingebildet - zumindest kommt das manchmal so durch). Und Tolstoj habe ich mal Anfang 20 gelesen - es war unerträglich. Damals Anna Karenina. Sie ging mir wirklich auf die Nerven.

Erst dieses Jahr hatte ich ein Gespräch über Tolstoj mit einer Freundin, die auch Übersetzerin ist. Sie konnte es überhaupt nicht fassen, dass ich so eine Ablehnung empfand. Dann borgte sie mir "Die Auferstehung" und sie hatte recht. Dieses Buch liest sicher jeder anders und ich fands gerade auch aus einer juristischen Perspektive sehr interessant...die Strafprozessordnung dürfe in Russland die gleiche sein, wie in Mitteleuropa und auch sonst dürfte sich an den Grundzügen bis heute nicht viel verändert haben. Erst den Schluss fand ich ein bisschen enttäuschend - es war so abrupt und nur noch mehr Bibelzitate...naja, er scheint nach 10 Jahren genug gehabt zu haben :)

Mit dem Vergleichen hast du sicher recht. Aber bei diesen beiden liegt es einwenig auf der Hand, die gleiche Generation, beide adelig, die "Religiosität", die bei beiden durchscheint (und wahrsch beide sehr schwierige Zeitgenossen ;-)), beide sehr tiefsinnig, aber Tolstoj fühlt sich "wärmer" an - ist rein subjektiv, ich weiß. Dennoch mache ich jetzt mal mit Dostojewski weiter, auch vor dem Hintergrund, dass mich die Frage der Schuld schon seit längerem beschäftigt. Vllt machen wir dann einen Thread dazu, wenn du Lust hast :)

Aber über den Sommer kommt sicher "Krieg und Frieden" und ich freue mich schon richtig darauf :blob:

Wirklich sehr gerne, Liebes. Hier scheinen einige Leser russischer Werke zu sein. Vielleicht ist russische Literatur ja mal einen eigenen Thread wert:-). Schaun mer mal. Bzw. habe ich schon einen Gedanken, dass man das Ganze auch etwas "erweitern" könnte.

Was ich auch noch sagen wollte: Falls du dir irgendwann mal Solzhenizyn vornimmst. Ich nehme an, du meinst seinen "Archepilag Gulag". Es bringt mich auf ein Werk, was mir ebenfalls durch Mark und Knochen ging. Autobiografisch nach Erinnerungen ebenfalls eines (polnischen) Gulag-Häftlings. Gustaw Herling-Grudzinski. Auf Deutsch heißt es glaube ich "Welt ohne Erbarmen".
 
Hallo, meine Liebe:-)

Ich freu mich wirklich, dass du dich für unsere Klassiker vor allem interessierst. Ich wollte noch etwas schreiben. Ich persönlich bin davon abgekommen, jemanden miteinander zu vergleichen. Aber in der Tat, unabhängig von Vergleichen wird einem der eine mehr, der andere weniger "liegen". Bei uns begegnet man ihnen üblicherweise im Schulprogramm und "Pflichtlektüre" zu Schulzwecken ist natürlich auch immer so eine Geschichte als wenn man sich selbst aussuchen kann, was einen anspricht, interessiert. Ich habe u.a. Tolstoj dafür gehasst, weil ich so gar nicht auch wegen des vielen Französisch in sein "Krieg und Frieden" kam. Wir sollten das über die Sommerferien lesen. Ich habe diesen Sommer in grässlicher Erinnerung:-)

Versuch dich ruhig trotz vielleicht negativen Eindrucks noch an "Verbrechen und Strafe". Die Übersetzung soll in der Tat sehr gelungen sein. Ich tu mich schwer mit solchen Kriterien wie Must have, must read... Aber gerade für jeden Juristen, auch Rechtsphilosophen würde ich das Buch fast als ein Muss bezeichnen:-)

Sei ganz herzlich gegrüßt.

Eine russische Freundin hat mir erzählt, dass Dostojevski bei den Russen nicht besonders beliebt ist und auch sprachlich nicht wirklich gut war. Ich kenne die Meinung sonst nur von Nabokov. Ist da was dran? Was Nabokov schrieb, fand ich einleuchtend, nämlich dass Dostojevski eigentlich Dramatiker war, der Ständig eine neue Szene eröffnet hat in der dann jemand dazu kommt und sich erst einmal vorstellt.
 
Eine russische Freundin hat mir erzählt, dass Dostojevski bei den Russen nicht besonders beliebt ist und auch sprachlich nicht wirklich gut war. Ich kenne die Meinung sonst nur von Nabokov. Ist da was dran? Was Nabokov schrieb, fand ich einleuchtend, nämlich dass Dostojevski eigentlich Dramatiker war, der Ständig eine neue Szene eröffnet hat in der dann jemand dazu kommt und sich erst einmal vorstellt.

Ich würde sprachlich Dostojewski unbedingt positiv hervor heben. Insbesondere die Ausgestaltung von Narrativität hat er sehr gut beherrscht, teils in Vorbild- oder Vorreiterfunktion für weitere. Und was das letzte betrifft. Das war das, wo er unter anderem verstanden hat, Spannungsbögen zu schaffen. Er hat, denke ich, ja wirklich selten auch eine Person wirklich "stringent gezeichnet". Sondern oft angedeutet usw. und in der Tat, dann betritt schon jemand Neues die Szene und man muss sich das Bild von Personen und Geschehen irgendwie quasi wie zusammen klauben.:-) Ich bin keine Literaturwissenschaftlerin oder -expertin. Aber so scheint es mir.

In der Tat war und ist seine Rezeption in Russland wahrscheinlich eher ambivalent. Ob nun konkret seiner Werke oder des Bildes, was man sich von seinen Ansichten machte. Was auch immer. Antisemitismus ist ein Stichwort. Was ich aber denke ich sagen kann, dass ihm in unserer Gesellschaft auf jeden Fall immer ein Platz sein wird, begleitet vonr Respekt die Würdigung als herausragender Vertreter von Weltliteratur aus Russland. Gar nicht soo lange her, da gab es auch eine wirklich sorgfältig und liebevoll kann man sagen gemachte Miniserie über ihn im Fernsehen.

Interessanterweise hatte er wohl auf seinem Totenbett in etwa vorher gesagt, dass unsere Hoffnung und Zukunft in Asien liegen. Man denke an heutige Gegebenheiten...

Es gibt ein Zitat von Gorki, einem seinen größten russischen Kritikern.

Неоспоримо и несомненно: Достоевский — гений, но это злой гений наш. Он изумительно глубоко почувствовал, понял и с наслаждением изобразил две болезни, воспитанные в русском человеке его уродливой историей, тяжкой и обидной жизнью: садическую жестокость во всем разочарованного нигилиста и — противоположность её — мазохизм существа забитого, запуганного, способного наслаждаться своим страданием, не без злорадства, однако, рисуясь им пред всеми и пред самим собою
.

In etwa:
Unbestritten und zweifelsohne ist Dostojewski ein Genie, aber unser böses Genie. Er hat erstaunlich gut gefühlt, verstanden und mit Freude dargestellt zwei Krankheiten, die im russischen Menschen erzogen wurden durch seine hässliche Geschichte und sein schweres und trauriges Leben: sadistische Brutalität eines von allem enttaüschten Nihilisten und - das Gegenteil dazu - den Masochismus eines Menschen, geschlagen, eingeschüchtert, fähig, sich an seinen Leiden zu erfreuen, nicht ohne Schadenfreude, jedoch, dies ausmalend vor allen und sich selbst.

Übersetzung von mir und ich denke, da ist etwas dran und inhaltlich steckt da bis heute viel Wahrheit:-)
 
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