[h1]Meinungsunterschiede in Regierung wegen IGH-Gegenklage[/h1]
[h2]Kritik von Wirtschaftsminister Dinkic an Vorgehen gegen Kroatien - Oppositionschef: "Verantwortungslos und heuchlerisch"[/h2]
Belgrad - Die Entscheidung der serbischen Regierung, auf die IGH-Klage Kroatiens gegen Serbien wegen Genozids während des Krieges zwischen 1991-95 mit einer Gegenklage zu reagieren, hat ganz offensichtlich Meinungsunterschiede im Kabinett von Premier Mirko Cvetkovic ausgelöst. Wie die Tageszeitung "Blic" am Freitag berichtete, war die Expertenpartei G17-plus, der Junior-Partner der Demokratischen Partei (DS), nicht damit einverstanden. Er zweifle, dass die Gegenklage ein guter Schritt wäre, meinte Wirtschaftsminister und G17-plus-Chef Mladjan Dinkic bei einer Kabinettssitzung.
Der Internationale Gerichtshof (IGH) hatte sich diese Woche für eine Klage Kroatiens zuständig erklärt, welche Zagreb im Sommer 1999 gegen Belgrad eingereicht hatte. Die serbischen Behörden bestritten bis zuletzt die Zuständigkeit des UNO-Gerichtshofes. Sie argumentierten damit, dass Serbien zwischen 1992 und 2000 von den Vereinten Nationen suspendiert war.
Negativ auf die Gegenklage Belgrads hat unterdessen auch der ehemalige serbische Vizepremier Cedomir Jovanovic reagiert. Diese sei "verantwortungslos und heuchlerisch", sagte der Chef der pro-westlichen oppositionellen Liberaldemokratischen Partei (LDP). Nach Meinung von Jovanovic können die von kroatischen Truppen im Laufe der Rückeroberung von Westslawonien und der Krajina im Jahr 1995 an kroatischen Serben begangenen Verbrechen zwar nicht ignoriert werden: "Von einem falschen Gleis kann unsere Realität aber nicht verändert werden", warnte der Oppositionspolitiker aber.
Tiefpunkt in bilateralen Beziehungen
Die Beziehungen zwischen Zagreb und Belgrad befinden sich schon seit Monaten auf ihrem mehrjährigen Tiefpunkt. Der Auslöser war im Frühjahr zunächst die Anerkennung des Kosovo durch Kroatien. Daraufhin folgten Wortduelle zwischen dem kroatischen Präsidenten Stjepan Mesic und dem serbischen Außenminister Vuk Jeremic. Die Klage Kroatiens und die Entscheidung Belgrads über die Gegenklage stellen nun eine weitere Belastung für die zwischenstaatlichen Beziehungen dar.
Laut der kroatischen IGH-Klage, die sich auf beschlagnahmten Unterlagen der ehemaligen jugoslawischen Streitkräfte stützt, begingen Militär-, Polizei- und Milizeinheiten, die unter direkter Kontrolle der Bundesrepublik Jugoslawien standen, bei Angriffen auf die Krajina, West- und Ostslawonien und Dalmatien "ethnische Säuberungen in Form von Völkermord" begangen. Die Folgen nach Angaben Zagrebs: 14.000 Tote und 55.000 Verletzte sowie 590 verwüstete Städte und Dörfer. Die Gegenklage, die Serbien einreichen will, spricht von ethnischer Säuberung und Kriegsverbrechen im Laufe der Militäroperation "Oluja" (Sturm) zur Rückeroberung der Krajina im August 1995. (APA)