Meine Antwort dazu:BITTE DURCHLESEN!!!!
Religionsgemeinschaften im Bosnien-Konflikt
Der Konflikt in Bosnien war kein religiöser Konflikt, es ging dabei nicht um religiöse Fragen. Dennoch spielten die Religionsgemeinschaften (Katholiken, Serbisch-Orthodoxe und Moslems) eine nicht unbedeutende Rolle.
Die Religionsgemeinschaften solidarisierten sich mit „ihrer“ Volksgruppe und trugen zur Abgrenzung bei.
Das lag deshalb recht nahe, weil
- einander Religionszugehörigkeit und Nationalität weitgehend entsprechen.
- Religion (und die mit ihr verbundene Kulturen) oft das einzige wahrnehmbare Unterscheidungsmerkmal zwischen den Volksgruppen darstellt (In Bosnien sprechen Kroaten, Serben und Muslime praktisch dieselbe Sprache.)
Die Religionsgemeinschaften
- bestätigten, dass „ihre“ Volksgruppe am Konflikt nicht schuld sei.
- verstärkten das Bewusstsein, Opfer zu sein.
- erklärten sich weitgehend mit der Politik „ihrer“ politischen Führer einverstanden.
- bezichtigten die anderen, Kriegsverbrechen begangen zu haben.
- spielten eine wichtige Rolle in der Entwicklung der jeweiligen Nationalismen.
Nur wenige Religionsvertreter äußerten eine abweichende Meinung.
Die Religionen erlangten wieder größere Bedeutung in Politik und Gesellschaft und wurden zu nationalistischen Zwecken benutzt.
- Ihre Symbole werden als Zeichen der Abgrenzung verwendet (z. B. kroatische Soldaten hefteten Rosenkränze an ihre Uniformen) – und als solche von den Gegnern auch zerstört (Moscheen und Kirchen, Geistliche).
- Religionen kamen vermehrt in die Medien, Politiker bekannten sich zu ihnen.
- Sie konnten über mehr finanzielle Mittel verfügen.
- Im Gegenzug unterstützten sie die nationalistische Politik ihrer jeweiligen Führung.
Die Rolle der einzelnen Religionsgemeinschaften
- Serbisch-orthodoxe Kirche
o Die serbisch-orthodoxe Kirche sah nach dem Ende der kommunistischen Epoche die Chance, ihre Vorstellung von einer engen Verbindung von (serbischem) Staat und Kirche zu verwirklichen. Unter Milosevic begann die Kirche wieder eine bedeutende Rolle zu spielen und unterstützte zunächst seine Politik. Allerdings stand sie ihm wegen seiner im Grunde kommunistischen Haltung skeptisch und zunehmend distanziert gegenüber. Milosevic wiederum bediente sich der Kirche für seine politischen Zwecke. Besonders kam ihm entgegen, dass die Kirche die Opferrolle der Serben hervorhob, sich als Verteidiger der serbischen Nation verstand und auf einen einheitlichen Staat für alle Serben hoffte. Vorbehaltloser unterstützten die Vertreter der Serbisch-Orthodoxen Kirche in Bosnien die Politik des Nichtkommunisten Radovan Karadzic, des dortigen Serbenführers.
- Katholische Kirche
o Die „Kroatische Katholische Kirche in Bosnien“ unterstützte anfangs die kroatisch-nationalistische Partei Bosniens (Kroatische Demokratische Union HDZ) gegen die Kommunisten. Ein Teil der Katholiken (besonders die bosnischen Franziskaner) arbeitete weiterhin eng mit der HDZ zusammen, war sehr nationalistisch ausgerichtet und auch in die militärischen Vorgänge involviert. Die kirchliche Hierarchie hingegen nahm eine gemäßigtere nationalistische Position ein und stand in größerer Distanz zur HDZ.
- Islam
o Der 1990 ins Amt gekommene bosnische Präsident Izetbegovic war bekennender Moslem, saß während kommunistischer Zeit auch wegen seiner religiösen Überzeugungen im Gefängnis. Obwohl er sich zu einem multireligiösen und multinationalen Bosnien bekannte und die religiöse Frage zu Beginn keine Rolle spielte, fürchteten Katholiken und vor allem Serben wachsenden islamischen Einfluss.
o Als die europäischen Länder den bosnischen Moslems gegen die serbischen Milizen lange Zeit nicht zu Hilfe kamen, wandte sich Izetbegovic an islamische Länder, die den Bosniaken dann auch vor allem finanziell zu Hilfe kamen und islamistisches Gedankengut nach Bosnien brachten. Im weiteren Verlauf des Krieges wurden die Bosnier auch von ausländischen islamischen Kämpfern (Mudschaheddin) unterstützt.
o Leider hat der Kriegsverlauf zu einer teilweisen Radikalisierung des traditionell gemäßigten bosnischen Islams beigetragen.
Friedensbemühungen der Religionsführer während der Krise
- Auf Vermittlung der Konferenz der Europäischen Kirchen und des Rats der europäischen Bischofskonferenzen trafen einander im September 1992 die obersten Vertreter der serbisch-orthodoxen sowie der katholischen Kirche Kroatiens in Genf. Das Oberhaupt der bosnischen Muslime konnte wegen der Kriegsereignisse nicht kommen, stimmte aber der verabschiedeten Erklärung voll zu. Darin verurteilen die Kirchenführer die ethnischen Säuberungen und Verbrechen egal welcher Seite und fordern die sofortige Einstellung aller Feindseligkeiten und die Rückkehr der Flüchtlinge.
- Neben den Treffen auf höchster Ebene gab es zahlreiche Zusammenkünfte regionaler Religionsführer.
- Alle diese Treffen konnten allerdings den Kriegsverlauf nicht entscheidend beeinflussen. Das hat verschiedene Gründe:
o Es gab vor dem Zerfall Jugoslawiens keinen ernstzunehmenden Dialog zwischen den Kirchen bzw. Religionen, auf den man im Ernstfall aufbauen hätte können.
o Die meisten Treffen kamen aufgrund von Initiativen ausländischer Kirchen und Organisationen zustande. Die bosnischen Religionsführer sahen darin oft lediglich eine Möglichkeit, ihren eigenen Standpunkt darzulegen.