Vage Inhalte und Nazi-Thesen
„Wie lange wollen wir das noch ansehen, was mit uns geschieht?“, war einer der ersten Sätze, die durch die Anlage gejagt wurden. Was genau das nun sein sollte war eine Frage, die auch in den kommenden zwei Stunden unbeantwortet blieb. Stattdessen: Philosophische Exkurse, weit ausholende Reden und dazwischen drin immer wieder die kleine Prise Verschwörungstheorien und jener neurechter Mystik, die die Mahnwachen in Verruf gebracht haben.
Man wolle keine Stationierung fremder Mächte im eigenen Land, stattdessen eine eigenständige deutsche Innen- und Außenpolitik. Da zuckt der durch Verschwörungstheorien geschulte Verstand zum ersten Mal zusammen. Doch vielleicht drücken sich die Veranstalter ja auch nur unglücklich aus. Aber kurze Zeit später ist schon die Rede von einem „System ohne Zins und Zinseszins“, einem, das nicht nur den Wenigen, sondern den Vielen diene. Jetzt ist die Zinskritik nicht nur einfach ökonomisch falsch, sondern die „Brechung der Zinsknechtschaft“ war eines der allervordersten Ziele des Nationalsozialismus; und seit dem angehenden 20. Jahrhundert war sie als Mythos vom „raffenden Kapital“ immer wieder Transportmittel für antisemitische Ideen unter dem Deckmantel der Kapitalismuskritik.