Es waren aber nunmal nordafrikanische Banden, mir völlig schnuppe ob das jemandem nicht passt.
Kurioserweise diente der »Orient« noch vor nicht allzu langer Zeit als Projektionsfläche für die homoerotischen Wunschphantasien der EuropäerInnen. Zahlreiche Schriftsteller und Künstler wie André Gide, Oscar Wilde, E. M. Forster und Jean Genet pilgerten im 19. und frühen 20. Jahrhundert aus dem homophoben Europa nach Algerien, Marokko, Ägypten und in diverse arabische Länder, wo gleichgeschlechtlicher Sex nicht nur auf keinerlei Diskriminierung und subkulturelle Ghettoisierung traf, sondern sich, zumal aufgrund der rigiden Geschlechtertrennung, an jeder Ecke anzubieten schien. In einem Brief an seinen besten Freund notiert Gustave Flaubert Mitte des 19. Jahrhunderts: »Hier spricht man am Tisch davon. Manchmal versuchst du noch, es abzustreiten, aber dann neckt dich jeder und du endest mit einem Geständnis.« [4]
Der Schriftsteller und »Ganove« Jean Genet macht 1928 im Alter von 18 Jahren als französischer Soldat in Syrien gleichfalls seine Erfahrungen. Er erlebt dort seine erste wahre Liebesaffäre mit einem 16-jährigen Friseur aus Damaskus. Was Genet beeindruckt, ist die liebevolle, neckende Einstellung der Syrier seiner Romanze gegenüber. Er schreibt: »Zumindest in der Straße wusste jeder, dass ich in ihn verliebt war und die Männer machten sich darüber lustig. Die Frauen waren verschleiert und kaum sichtbar. Aber die Knaben, die jungen Männer und die alten Männer, alle lächelten sie und waren amüsiert. Sie sagten zu mir: ›Aha! Geh mit ihm.‹«
da haben wir Männer noch einmal Glück gehabt.
»Die Leidenschaft wider die Natur bildet das Vergnügen oder, um einen angemesseneren Terminus zu gebrauchen, die Infamie der Ägypter. Nicht für Frauen sind ihre amourösen Liedchen komponiert. Es sind ganz andere Objekte, die sie entflammen. Diese grässliche Verworfenheit, die ihnen, zur Schande von sauberen Nationen, ganz und gar nicht unbekannt ist, findet sich überall in Ägypten allgemein verbreitet: die Reichen und die Armen sind gleichermaßen von ihr infiziert.«
Ähnlich sensationsgierig gestaltete Philip Smucker im Sydney Morning Herald vom 22. Juni 2002 seine Reportage The Royal Marines and a gay warlord. Über den ehemaligen Taliban-Befehlshaber Malim Jan, der heute im Sold des US-Militärs die zerklüftete Grenze nach Pakistan patrouilliert, schreibt er:
»Er gibt zu, dass er zwei Frauen und ›mehrere Boyfriends‹ habe, und hat nun Gefallen an den Royal Marines gefunden, die sein Camp besuchten. ›Sehr gutaussehende Jungs, viel glatter rasiert und hübscher als die amerikanischen Spezialkräfte‹, sagte er von den Marines, während seine eigenen Kämpfer – die er als ›schöne junge Knaben‹ bezeichnet – zu ihm emporlächeln. Major Rich Stephens, der die Zulu-Kompanie des 45. Marines-Kommandos befehligt, erklärte zuvor, dass die ›ungewöhnlichen Zuneigungen‹ der afghanischen Männer als komplette Überraschung für seine Jungs gekommen waren. Er spielte es zu einem ›möglichen kulturellen Missverständnis‹ herunter, aber Commander Jan meinte, dass Homosexualität ›eine Tradition hier in diesen Bergen‹ sei.«