Nach wochenlangen Kämpfen
Die Stadt Homs ist total zerstört
WASHINGTON - UNO-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos konnte erstmals nach den butigen Kämpfen Teile von Homs besichtigen. Sie sagt, die Stadt sei «völlig zerstört». Inzwischen prüft US-Präsident Obama militärische Optionen.
Endlich hatten die UNO und der rote Halbmond Zugang zur wochenlang umkämpften Stadt Homs. Valerie Amos, die Nothilfekoordinatorin der UNO, berichtet nach ihrem Besuch, die Stadt sei «total zerstört». Amos habe einige Viertel der Stadt eine Stunde lang besuchen dürfen, teilte ihre Sprecherin Amanda Pitt gestern in New York mit.
Die von der Opposition kontrollierten Stadtgebiete habe sie aus «Sicherheitsgründen» nicht sehen dürfen. Nach Angaben der Sprecherin hörte Amos auch Gewehrfeuer. Die syrische Armee hatte vergangenen Donnerstag nach wochenlangem Beschuss das von den Rebellen gehaltene Stadtviertel Baba Amro eingenommen.
Eine komplett geschlossene Stadt – kaum Menschen
Auch dieses Viertel besuchte Amos gestern gemeinsam mit einem Team des syrischen Roten Halbmonds. Laut ihrer Sprecherin erschien ihr Homs «wie eine Stadt, die komplett geschlossen wurde». Sie habe sehr wenige Menschen gesehen, nur einige, die nach ihren Sachen suchten.
Amos hält sich seit Mittwoch in Syrien auf. Die Behörden hatten ihr Ende Februar zunächst die Einreise verweigert. Amos will nach eigenen Angaben erreichen, dass Bedürftige ohne Einschränkung Zugang zu humanitärer Hilfe erhalten.
Obama lässt militärische Optionen prüfen
Angesichts des endlosen Blutvergiessens in Syrien lässt US-Präsident Barack Obama auch militärische Optionen prüfen. Dies sagte US-Generalstabschef Martin Dempsey gestern vor dem Streitkräfteausschuss des Senats.
Zu den geprüften Optionen zählten humanitäre Missionen, die Überwachung der Seewege, Flugverbotszonen und begrenzte Luftschläge, sagte Dempsey. Die verschiedenen Möglichkeiten seien aber noch nicht mit Obama direkt diskutiert worden, sondern mit seinem Team von Sicherheitsberatern.
Verschlimmert ein Militär-Einsatz die Situation?
US-Verteidigungsminister Leon Panetta warnte in derselben Anhörung jedoch vor einem militärischen Eingreifen in den Konflikt, da es den Bürgerkrieg verschlimmern könnte. Panetta und Dempsey betonten vor dem Ausschuss wiederholt, dass sich die Lage in Syrien nicht mit der in Libyen vergleichen lasse, wo die internationale Gemeinschaft eine Flugverbotszone etabliert hatte. Syrien verfüge über die fünffach stärkere Flugabwehr als das nordafrikanische Land. Eine solche Zone einzurichten würde einige Zeit dauern und eine grosse Zahl Flugzeuge notwendig machen.
Erster ranghoher Überläufer?
In der Nacht machte schliesslich die Meldung die Runde, zum ersten Mal sei ein ranghohes Mitglied der Regierung zu den Aufständischen übergelaufen. Die entsprechende Erklärung des stellvertretenden Ölministers Abdo Hussameddin ist auf einem Youtube-Video zu sehen.
«Ich, der Ingenieur Abdo Hussameddin, stellvertretender Ölminister, kündige hiermit meine Abkehr vom Regime und meinen Rücktritt an», sagte Hussameddin in dem Video. Er schliesse sich nun der Revolution des Volkes an, «das die Ungerechtigkeit und die brutale Kampagne des Regimes zurückweist».
Der syrische Vize-Minister sagte in dem Video, er habe 33 Jahre lang für die syrische Regierung gearbeitet. Er wolle nun aber nicht im Dienst eines «kriminellen Regimes» enden. «Dieses Regime wird mein Haus niederbrennen, meine Familie verfolgen und Lügen verbreiten», sagte er. Trotzdem rate er all seinen Kollegen, ebenfalls «das sinkende Schiff» zu verlassen.