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Türkei: Breite Mehrheit gegen EU-Beitritt

  • Ersteller Ersteller Kejo
  • Erstellt am Erstellt am
Letzendlich entscheiden die wirtschaftlichen Interessen über einen möglichen Beitritt der Türkei in die EU. Der politische Wille scheint noch vorhanden zu sein, weil man in erster Linie von der EU profitieren will z.B. Im Aggrarbereich, Soforthilfen etc. Zum anderen möchte man nicht aufgeben und sich vorwerfen lassen, die Türkei habe vergeblich 60 Jahre an die Tür der EU geklopft.

Die Menschen hatten bis vor der Krise geglaubt in Europa würde Milch und Honig fließen und deshalb war man auch gewillt in die EU beizutreten aber nach der Krise hat man festgestellt, dass die Vorstellungen der Türken nicht der Wahrheit entsprechen.

Für die Türkei sind zwei Aspekte von großer Bedeutung:

1. Freie Bewegung innerhalb der EU. Dieses Recht wird den Türken in den nächsten Jahren man den Türken zugestehen.
2. Handel (Zollunuin)

Ich kann aber eines nicht verstehen. Man wusste doch, dass die Türkei kulturell nicht zur EU gehört? Hätte man das nicht viel früher feststellen können und das Beitrittsersuchen der Türkei ablehnen können oder sogar müssen?

Pacta sunt servanda - haltet euch an eure Regeln!
 
Das setzt ja ein alles oder nichts vorraus. Es gibt erstmal ein relativ großen freien Binnenmarkt mit gewissen gemeinsamen Regeln, sonst funktioniert ein Binnenmarkt nicht oder jeder würde versuchen mit Subventionen etc seine Wirtschaft zu bevorzugen. Warum da die Türkei nicht Mitglied sein soll, ist mir nicht klar. Die Kröte, keine Niederlassungsfreiheit würde die Türkei mit Sicherheit schlucken. Dafür sind die Vorteile für die türkische Industrie einfach zu groß.

Zur Euro-Zone hast du ja ganz gut geschrieben, denke auch nicht, dass die Türkei wenn sie morgen in der EU wäre, nach dem Euro streben würde.

Es gibt enorme Interessen, insbesondere von den USA, die Türkei nicht in Orient "abgleiten" zu lassen. Die drücken ja nicht erst seit gestern, was einen EU-Beitritt der Türkei anbelangt. In dem Maße wie sich die USA aus Europa zurückziehen und ihr Augenmerk mehr und mehr auf den Pazifik legen, stellt sich die Frage für Europa, wie man die Türkei bindet.

Aber die Kerneuropäer sind da mit so einer Dschihadisten-Mentalität unterwegs, dass sie jedes Land in einen weitergehenden Integrationsprozess ziehen wollen und dies von einer egozentrischen mittel/westeuropäischen Warte aus tun.

Die EU in ihrer heutigen Ausdehnung hat sich bereits ziemlich übernommen mit der Aufnahme von Staaten, die eigentlich, ausgehend von den Gründungsmitgliedern, wirtschaftlich (und teilweise auch politisch-gesellschaftlich) noch lange nicht soweit sind. Das hatte politische Gründe, die man nachvollziehen kann, aber die wirtschaftlichen Folgen belasten nun auch zunehmend die Politik. Die Türkei ist, trotz ihrer enormen Erfolge in den letzten Jahren, immer noch ein gutes Stück entfernt von dem, was eigentlich europäischer Standard sein sollte (BIP/ Kopf (nominal) EU : TR = 3,5 : 1) und sie ist ein sehr großes und bevölkerungsreiches Land, vor allem auch im Verhältnis zu den anderen Mitgliedsstaaten.

Natürlich sollte man die Türkei nicht "in den Orient abgleiten" lassen. Vielmehr sollte man sie in ihrer Brücken- und Scharnierfunktion bestärken. Als starke Regionalmacht ist die Türkei eigentlich prädestiniert zum Vermittler zwischen Orient und Okzident. Diese Rolle kann sie aber nur erfüllen, wenn sie nicht Teil der einen oder der anderen Seite ist. Das steht einer wirtschaftlichen Annäherung ja nicht im Wege, im Gegenteil.

Ich würde nicht unbedingt von Dschihadisten-Mentalität Mitteleuropas sprechen. Das Problem ist eigentlich ein anderes. Die Länder und Völker Süd- und Osteuropas streben einen Lebensstandard und Wohlstand an, der dem Nord- und Westeuropas entspricht, ohne aber etwas an ihrer traditionellen Lebensweise ändern zu wollen. (Umgekehrt beneiden die Nordeuropäer die Südländer für ihre Lebensart, möchten aber nicht auf den eigenen Wohlstand verzichten.) Wie es scheint, muß man sich aber für das eine oder das andere entscheiden, wenn man nicht gerade Bodenschätze im Überfluß hat. Dabei würde ich den "Südeuropäern" nicht einmal Faulheit unterstellen, meistens sind es eher strukturelle Probleme wie ineffiziente, teilweise auch korrupte, Verwaltungen und andere organisatorische Mängel. Die wirtschaftlich besser entwickelten Länder wirken dabei oft oberlehrerhaft und verkennen mitunter regionale Besonderheiten, es läßt sich vermutlich nicht alles eins zu eins übertragen. Die "Leistungsempfänger" auf der anderen Seite sind weitgehend beratungsresistent oder können die eigenen Mißstände nicht überwinden.



Und wie soll ein Land wie Griechenland, so etwas bewirkt haben :neutral:

Man mag schon gar nichts mehr gegen Griechenland schreiben, so sehr tut einem die unschuldig betroffene Bevölkerung leid unter den gegenwärtigen Umständen, aber die Ursachen für die Krise sind wohl schon innerhalb der griechischen Staatsgrenzen zu suchen. Fachleute sagen, die griechische Finanzverwaltung (und die übrige Verwaltung ebenso) ist aufgebläht und ineffektiv. Die seit Jahrzehnten regierenden Parteien nutzen sie als Unterbringungsmöglichkeit für verdiente Parteifunktionäre, ohne daß sie einen konkreten Nutzen erbringen. Dem Staat ist es nicht gelungen, die ihm zustehenden Steuern einzuziehen und die so entstandenen Budgetlücken wurden mit immer neuen Krediten finanziert, bis es endgültig nicht mehr ging und der Kollaps bevorstand. Gleichzeitig wurden anläßlich des Euro-Beitritts bewußt falsche Angaben gemacht, was die eigene Finanzsituation betrifft. Als die Blase dann endlich platzte, mußte sich der Rest Europas über Maßnahmen verständigen, während der Finanzmarkt seiner eigenen Dynamik folgte, möglicherweise auch gezielt von transatlantischen Wirtschaftskräften.

Du hast Recht, wenn Du fragst, wie ein relativ kleines Land wie Griechenland ein so viel größeres Gebilde ins Wanken bringen konnte, aber es war eben Auslöser einer Kettenreaktion. Und einer muß eben auch immer schuld sein.
 
Auch Klamotten und Co? Ist ja ein recht wichtiger türkischer Wirtschaftszweig.

EDIT:
Freihandel in vielen Warengruppen ist ja nicht Binnenmarkt.
Ist es auch ein politisches Signal.

Die Textilproduktion ist seit langer Zeit nicht mehr der wichtigste Industriezweig der Türkei. Immer noch haften die alten Bilder in den Köpfen der Europäer.

2011: Fahrzeuge 12,6; Maschinen 8,2; Bekleidung 8,6; Textilien 9,6; Basismetalle 12,7; Chemikalien 5,0; Nahrungsmittel 6,6; Mineralölprodukte 4,5; elektrotechnische Erzeugnisse 4,3; Sonstige 27,9
 
Die Textilproduktion ist seit langer Zeit nicht mehr der wichtigste Industriezweig der Türkei. Immer noch haften die alten Bilder in den Köpfen der Europäer.

2011: Fahrzeuge 12,6; Maschinen 8,2; Bekleidung 8,6; Textilien 9,6; Basismetalle 12,7; Chemikalien 5,0; Nahrungsmittel 6,6; Mineralölprodukte 4,5; elektrotechnische Erzeugnisse 4,3; Sonstige 27,9

Bekleidung 8,6
Textilien 9,6
Nahrungsmittel 6,6
ist schon einiges vom BSP.

Ich gebe aber zu 20% Fahrzeuge und Maschinen hätte ich nicht gedacht.

Beantwortet aber meine Frage nur bedingt :), für die drei Sachen oben kann ich mir einen de-facto Binnenmarkt oder Freihandel nicht vorstellen.
 
Auch Klamotten und Co? Ist ja ein recht wichtiger türkischer Wirtschaftszweig.

EDIT:
Freihandel in vielen Warengruppen ist ja nicht Binnenmarkt.
Ist es auch ein politisches Signal.

Zusatz: Europäische Zollunion

Bspw. importiert mein Kumpel Tee aus der Türkei. Mittlerweile werden die LKWs in der Türkei beladen, kriegen ein Papier in die Hand und können dann jede Stadt der EU ansteuern. Kurz gesagt, die Türkei ist wirtschaftlich in die EU integriert.
 
Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede auch zwischen Türken und Arabern oder Arabern und Indonesiern. Diese sind aber ganz gewiss kleiner als die Differenzen zwischen Frankreich und Dänemärk oder Italien und Finnland. Die Muslime sind sich - ich klammere die post-kommunistischen Gesellschaften aus - in vielem ähnlicher als die Europäer es jemals sein könnten. Der "Integrationsaufruf" ist nämlich Bestandteil des Islams.

In diesem Punkt kann ich Dir nicht folgen. Ich kann zwischen Türken und Indonesiern oder Sudanesen praktisch keine Ähnlichkeiten erkennen, die über den gemeinsamen Glauben hinausgehen und selbst dort gibt es auch Unterschiede. Andererseits unterscheiden sich die Städte Nord- und Südeuropas eigentlich nur durch klimatische und architektonische Faktoren, landestypische Einflußgrößen sind seit Jahrzehnten auf dem Rückzug. Aber vielleicht kannst Du Deine Meinung noch näher erläutern?


Im Moment geht es der Türkei besser als einigen EU Ländern, sehe keinen Grund für die Türkei der EU bei zu treten. Kroatien sollte auch lieber draußen bleiben, obwohls Kroatien wirtschaftlich viel schlechter geht als der Türkei. Aber das liegt auch daran das HDZ alles geplündert hat......

Was das "wirtschaftliche Gutgehen" angeht, muß man mal zwei wesentliche Dinge trennen. Das eine ist die wirtschaftliche Entwicklung mit Größen wie Wachstum, Arbeitslosigkeit und ähnlichem, das andere ist das Wohlstandsniveau mit Durchschnittslöhnen, BIP pro kopf usw.

Die Entwicklung der Türkei war sicherlich besser, als in vielen EU-Staaten, aber deren Niveau hat die Türkei (als Ganzes) noch lange nicht erreicht, auch wenn einige Regionen wirklich prachtvoll erscheinen.

 
Die Textilproduktion ist seit langer Zeit nicht mehr der wichtigste Industriezweig der Türkei. Immer noch haften die alten Bilder in den Köpfen der Europäer.

2011: Fahrzeuge 12,6; Maschinen 8,2; Bekleidung 8,6; Textilien 9,6; Basismetalle 12,7; Chemikalien 5,0; Nahrungsmittel 6,6; Mineralölprodukte 4,5; elektrotechnische Erzeugnisse 4,3; Sonstige 27,9

Der Trend ist klar, aber um mal bei den Fahrzeugen zu bleiben: Der größte Teil der produzierten Fahrzeuge ist entweder für den Binnenmarkt oder für andere Schwellenländer gedacht. Der übrige Teil geht vor allem auf die Verlagerung von Produktionsstätten von westlichen Fahrzeugherstellern zurück, die sich die niedrigen Lohnkosten zunutze machen. Es gibt meines Wissens keine rein-türkische Firma, die eigenständig in nennenswertem Umfang Fahrzeuge für den Weltmarkt herstellt und entwickelt.
 
Der Trend ist klar, aber um mal bei den Fahrzeugen zu bleiben: Der größte Teil der produzierten Fahrzeuge ist entweder für den Binnenmarkt oder für andere Schwellenländer gedacht. Der übrige Teil geht vor allem auf die Verlagerung von Produktionsstätten von westlichen Fahrzeugherstellern zurück, die sich die niedrigen Lohnkosten zunutze machen. Es gibt meines Wissens keine rein-türkische Firma, die eigenständig in nennenswertem Umfang Fahrzeuge für den Weltmarkt herstellt und entwickelt.

Simmt nur bedingt.

Verdoppelung der Produktion in der Türkei: Hyundai will 607 Millionen Dollar investieren | DEUTSCH TÜRKISCHE NACHRICHTEN
Honda: Fokus der türkischen Produktion künftig auf Motorräder | DEUTSCH TÜRKISCHE NACHRICHTEN
 
Der Trend ist klar, aber um mal bei den Fahrzeugen zu bleiben: Der größte Teil der produzierten Fahrzeuge ist entweder für den Binnenmarkt oder für andere Schwellenländer gedacht. Der übrige Teil geht vor allem auf die Verlagerung von Produktionsstätten von westlichen Fahrzeugherstellern zurück, die sich die niedrigen Lohnkosten zunutze machen. Es gibt meines Wissens keine rein-türkische Firma, die eigenständig in nennenswertem Umfang Fahrzeuge für den Weltmarkt herstellt und entwickelt.

Das ist richtig! Im Bereich Autobau hinken wir ziemlich hinterher aber die Türken arbeiten daran, ein rein türkisches Automobil zu bauen. Wir sind noch nicht in der Lage qualitätiv hochwertige Motoren herzustellen. Das sollte aber in den nächsten zwei Jahren zu schaffen sein.
 
Gut, geografisch gesehen kommt Hyundai aus Korea, das liegt östlich, aber in der Sache kommt es doch auf das gleiche heraus.
 
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