[h=1]Eskalation, die keiner will[/h] Eiszeit zwischen Russland und der Türkei, Gefechte an der syrischen Grenze: Keiner hat ein Interesse daran, doch der Weg zu einem Krieg ist erkennbar.
© Adem Altan/AFP/GettyImages
Antikriegsproteste in Ankara
Legt die Türkei sich jetzt nicht nur mit Syrien, sondern auch mit Russland an? Droht der einst innersyrische Konflikt jetzt zum Krieg zu eskalieren?
Das sind die Fragen, die sich nach dem Vorfall aus der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag stellen,
als türkische Behörden ein syrisches Flugzeug auf dem Weg von Moskau nach Damaskus zur Landung zwangen. Diplomaten aller Seiten gehen seitdem in schärfstem Tonfall aufeinander los, zwischen den bisherigen Partnern Russland und Türkei herrscht plötzlich Eiszeit. Die Lage hat sich weiter verschärft, seit vor einigen Wochen die ersten syrischen Granaten im türkischen Grenzgebiet landeten.
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Das Beunruhigende ist, dass die Situation weiter eskaliert, obwohl keiner der Akteure daran ein Interesse hat. "Wir wollen keinen Krieg", versichert der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan. Auch seine Bevölkerung hat mit mehreren Demonstrationen klargemacht, dass sie nicht von einem Krieg hält. Und doch: Die Regierung muss Stärke zeigen. Cengiz Candar, der als Kolumnist der Tageszeitung radikal einer der wirkmächtigsten türkischen Analysten ist und auch in den USA geforscht hat, erklärt im Gespräch mit ZEIT ONLINE: "Wenn die Regierung ein hilfloses Bild gegenüber dem syrischen Regime abgeben würde, wenn sie tatenlos zusieht, wie der Konflikt auch das eigene Territorium direkt betrifft, dann würde die Bevölkerung zu Recht fragen: Was seit ihr für eine Regierung?"
Ganz ähnlich ist die Situation auf russischer Seite. Das Land hat sich zu Syrien bekannt und verhindert seit Beginn des Konflikts im UN-Sicherheitsrat schärfere Maßnahmen gegen das Regime von Baschar Al-Assad. "Dass die Türkei und Russland im Syrien-Konflikt auf gegensätzlichen Seiten stehen, belastet ihre Beziehung sehr", sagt Candar.
Trotz des Flugzeug-Zwischenfalls wird Russland keinesfalls von sich aus einen Krieg mit dem NATO-Mitglied Türkei beginnen. Aber auch Präsident Wladimir Putin darf nicht von seiner Position in dem Konflikt abweichen, wenn er innenpolitisch und global seine Machtposition halten will.