Nur haben Nietsche, Wagner nicht gemordet. Die Nazis wollten sich einfach mit fremden Federn schmücken. Während bspw ein Karadzic ein lupnereiner Kriegsverbrecher ist. Und wenn jemand wie Karadzic - der vielfach unter den Serben (und scheinbar nicht nur) geehrt wird - eine Inspiration ist, dann hat die Aussage von Ardian volle Gültigkeit und hat nichts mit Instrumentalisierung von Opfern zu tun. Zumal das nicht das erste mal ist, dass serbische "Heldentaten" Terroristen in der Welt inspirieren.
Ich persönlich habe kein Problem die Dinge mit Namen zu nennen und konkret auch serbische Verbrechen (darunter auch diesen Karadzic) zu verurteilen, aber bei ihm beginnt das Pauschalisieren bereits mit "für Serbien Partei ergreifen", wo jemand auf der "falschen" und jemand anders auf der "richtigen" Seite sitzt, natürlich befreit von Emotionen, nicht wahr. Hier geht es geht mir primär nicht darum, wer direkt getötet hat und wer nicht. Nietzsches Übermensch-Konzeption wurde auch vom Nationalsozialismus missbraucht und sie haben seine Lehre mit der Herrenmenschen-NS Ideologie gleichgesetzt und ist deswegen (zu Unrecht) negativ kontiert und kann in der Zukunft wieder missbraucht werden. Und Wagner muss nicht zwingend gemordet haben um in einem negativen Kontext gestellt zu werden, vielleicht war es Wagners überragende Redegewalt oder doch eher sein Abscheu gegenüber Juden, der Hitler vollständig inspiriert hat?
Karl Marx und Engels wurden auch posthum für "schuldig" erklärt, was später alles im Namen des Kommunismus angerichtet wurde, angefangen von der Oktober Revolution in der Sowjetunion bis Pol Pots Blutrausch in Kambodscha. Warum wird da keine Linie gezogen, sie haben auch niemanden direkt getötet?
Die Behauptung dass Karadzic vielfach unter den Serben geehrt wird ist insofern relevant und "wahrheitsgetreu", wie wenn jemand pauschal behaupten würde, die Anschläge durch die Al Qaida und IS in Europa werden vielfach durch die Moslems stillschweigend hingenommen und akzeptiert. Nur wenn man etwas subjektiv wahrnimmt, bedeutet das nicht dass es der Wahrheit entspricht.
Ich sehe es schon bei den Zeitungen und Talkshows im Ex-Yu Raum - der Fokus ist quasi nur auf den eigenen kleinen "Garten" gerichtet, und nicht auf den grossen, globalen "Dschungel". Die Globalisierung, mit allen ihren Merkmalen des hochmobilen Kapitals, der beschleunigten Kommunikation und der raschen Mobilisierung hat überall zu einer Schwächung älterer Regierungsformen geführt: eine ganze Reiche von unberechenbaren, neuen internationalen politischen Akteuren, angefangen von englischen und chinesischen Nationalisten über somalische Piraten bis zu anonymen Cyber-Hackern sind hervorgetreten. Das Schüren von Hass gegen Immigranten, Minderheiten und diverse "Andere" definierte Menschen hat Eingang in den Mainstream gefunden, und das hat nichts mit den "serbischen Heldentaten" zu tun oder dienen sie deiner Meinung auch als Inspiration für maoistische Guerillas in Indien und buddhistische Kämpfer für ethnische Säuberungen in Sri Lanka und Myanmar?
Das ist Kleindenken, global spielt der Balkan eine untergeordnete Rolle, wir finden im Weltgeschehen nicht "statt". Diese universelle Kreise reichen sehr viel weiter als die Probleme des Terrorismus oder der Gewalt. Reflexhaft wird behauptet, es handle sich um einen sogenannten clash of civilisations, einen Konflikt oder gar Kampf der Kulturen, in dem der Islam und der Westen, Religion und Vernunft einander gegenüberstehen, vermögen zahlreiche politische, soziale und ökologische Übel nicht erklären.