Hoppla, ist mir damals entgangen, sorry. Will aber die Antwort nicht schuldig bleiben.
An den neuen Gebilden ist im Grunde alles künstlich, weil die Grenzen vollkommen willkürlich sind und eher den Machtverhältnissen des 19. Jh. entsprechen, als der ethnischen Realität, zumindest bevor man angefangen hat, diese zu "säubern". Schlechterdings wäre es auch weitgehend egal gewesen, wie man diese Grenzen definiert, da es in den Schnittbereichen keine eindeutigen ethnischen Grenzen gab, vielleicht mal abgesehen von Slowenien. Besonders betroffen von diesem Mißstand ist natürlich BiH, wo die Probleme bis heute eigentlich nicht gelöst sind, sie werden nur ignoriert und totgeschwiegen und es wird um sie herum improvisiert.
Von welchen 90 % redest Du? Kroatien? Ist aber im Grunde auch egal, wenn die Abstimmung von so großen Bevölkerungsteilen boykottiert wurde, ist sie kaum aussagekräftig. Ich kann natürlich schon die Gründe nachvollziehen, warum Kroatien sich aus dem Verbund lösen wollte und wenn man in "ethnisch reinen" Gebieten gelebt hat, sah das sicher auch anders aus, als wenn man seine Heimat zum Schlachtfeld gemacht bekam.
Es ist vollkommen unbestritten, daß in der SFRJ während ihrer Existenz auch einiges an Unrecht praktiziert wurde, womit sie allerdings in guter Gesellschaft war und ist. Aber um mal in der Wirklichkeit zu bleiben: Die Alternative zu den Abspaltungskriegen wäre auf gar keinen Fall ein "weiter so" gewesen, das hätte man niemals durchsetzen können und wozu auch. Vielmehr wäre ein Reformprozeß, wie ihn die Nachbarstaaten auch mehr oder weniger erfolgreich praktiziert haben, das Mittel der Wahl gewesen. Jugoslawien wäre auch 2004 in die EU gekommen und man wäre heute erstens diese 10 Jahre weiter voran und zweitens noch mindestens fünf zusätzliche Jahre, die die kriegsbedingten Zerstörungen von Infrastruktur und Wirtschaftbeziehungen gekostet haben.
Wenn man schon den Vergleich anstellen will, wie es offenbar die Intention des TE gewesen ist, dann kann man doch nicht verschiedene Zeiten in Relation setzen, sondern muß eine alternative Entwicklung ab dem Zeitpunkt der Zerschlagung Jugoslawiens dagegen setzen.
Und, tut mir leid, allem Patriotismus und Chauvinismus zum Trotz, ich bleibe dabei: der Weg der Kleinstaaterei, der Kriege, Vertreibungen, Vergewaltigungen, des sinnlosen Tötens und Zerstörens ist maximal der zweitbeste gewesen.