Was Trump und die Brexit-Befürworter verbindet
Von Marianne Kager / 25.01.2017 - 02:00 /
Salzburger Nachrichten
US-Präsident Donald Trump und die Brexit-Befürworter verbindet zum einen die Idealisierung, um nicht zu sagen Verherrlichung, der Vergangenheit und die Vereinfachung komplexer Zusammenhänge. Was zählen Fakten, wenn man mit Halb- und Unwahrheiten die Wähler in die gewünschte Richtung lenken kann? Ihre Versprechen lauten "to make America great again" oder "to take back control".
Wirklich besorgniserregend ist aber, mit welcher Unverfrorenheit Politiker wie der US-Präsident oder Mitglieder der britischen Regierung sich über internationale Verpflichtungen hinwegsetzen und die Bürger mit Falschinformationen überschwemmen, also belügen.
Nehmen wir das Lieblingsthema von Trump: 35 Prozent Zölle auf Autos, die nicht in den USA produziert werden, vornehmlich aus Mexiko.
Mit Mexiko hat die USA ein Freihandelsabkommen (NAFTA), das müsste erst einmal gekündigt werden. Sollte der Kongress dem zustimmen, dann gelten für die anderen 163 Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO, also auch Mexiko, China oder Russland, die von den USA mit der WTO vereinbarten Zölle. Der Zollsatz für Autoimporte in die USA aus WTO-Mitgliedsstaaten ist aber bei weitem nicht 35 Prozent, er liegt für ein durchschnittliches Auto bei 2,5 Prozent. Einen anderen Zollsatz kann die USA gegen ein WTO-Mitglied nur im Falle von Schutzmaßnahmen gegen unfairen Wettbewerb und nach Zustimmung des WTO-Streitschlichtungsgremiums festlegen. Beides ist im Falle Mexikos höchst unwahrscheinlich. Wenn daher ein Politiker so unverfroren den Bruch internationaler Verträge propagiert, kann das nur heißen, er will einen Handelskrieg. Und die haben, wie die Geschichte zeigt, nur zu oft in eine Katastrophe geführt.
Auch die britische Regierung negiert über weite Strecken, dass sie an internationale Verträge gebunden ist.
Theresa May verkündet unter Bezugnahme auf Englands Rolle im 19. Jahrhundert (!), ein Vorreiter des internationalen Handels zu werden und binnen kürzester Zeit neue Abkommen mit Staaten außerhalb der EU abzuschließen. Immerhin verliert sie mit dem EU-Austritt 40 Handelsabkommen. Auch mit der EU selbst muss sie ein neues Handelsabkommen schließen. Doch bevor Großbritannien ein neues Freihandelsabkommen schließen kann, muss es sich erst mit der WTO über seine WTO-Zolltarife und Quoten einigen, gelten doch mit dem Brexit die Vereinbarungen zwischen EU und WTO nicht mehr.
Da alle neuen WTO-Vereinbarungen dem Einstimmigkeitsprinzip unterliegen, dauern solche Verhandlungen in der Regel sieben bis zehn Jahre.
Großbritannien kann diese Regeln brechen und z.B. mit den USA ein Handelsabkommen schließen. Dann wird es aber erst recht lange auf ein WTO-Abkommen warten müssen und aus der neuen Vorreiterrolle im Welthandel wird nichts. Nur sagt man das den Bürgern nicht, die würden nämlich spätestens dann die wirtschaftlichen Konsequenzen des EU-Austritts erkennen. Amerika und Großbritannien waren die treibenden Kräfte einer Nachkriegsordnung, die im Wesentlichen auf multilateralen Verträgen beruht. Mit Trump, May und Co. wird ein Paradigmenwechsel eingeleitet. Das kann zum Handelskrieg, wenn nicht zu noch Schlimmerem führen. Die 1930er-Jahre sollten allen ein warnendes Beispiel sein.