An Grausamkeit überragte Miroslav Filipovic-Majstorovic (Bild) alle anderen. Er war Kommandant es Lagers III, eine Zeit lang auch des Lagers Stara Gradiska. Filipovic-Majstorovic war ursprünglich ein Mönch, ein Franziskaner. Anfang 1942 wurde er zur Verbüßung einer Strafe in das Gefängnis an der Zagreber Sava-Straße eingeliefert, später nach Jasenovac verlegt. Hier wurde er bald ein "Freigelassener", aber dann entdeckte die Ustasa-Führung bei diesem Franziskaner gewisse Fähigkeiten, nahm ihn in ihre Reihen auf und machte ihn zum "Offizier" für Personenüberwachung. (...)
Kommandant des Arbeitsdienstes in Jasenovac war Ing. Hinko Dominik Picili 20, der der unumschränkte Herrscher über die gesamte "Arbeitskraft" war. (...) Picili hatte es vor allem auf kranke Gefangene abgesehen, denen man in der Krankenanstalt Schonung verschrieben hatte. Aber er drang in ihre Baracken ein und jagte sie mit einem Eisenhaken zur Arbeit. Er ließ sich Blaupausen deutscher Krematorien kommen und ließ bei der "Ciglara" einen Ofen bauen, in dem drei Monate lang Männer, Frauen und Kinder verbrannt wurden. (...)
4. Ankunft in Jasenovac
Ankunft von Häftlingen im Lager Jasenovac
Ankunft von Häftlingen im Lager Jasenovac
Vier Jahre lang trafen in Jasenovac Transporte Gefangener ein, manche in
Eisenbahnwaggons, andere auf Lastwagen, einige zu Fuß. Es verging keine Woche, in der nicht kleinere oder größere Gruppen vor der "Lagerverwaltung" standen, wo sie die Ustasa-Wachen der Transportbegleitung an die Lagerkommandanten oder deren Stellvertreter übergaben. Bereits auf dem Weg zum Lager waren die Gefangenen Hunger, Diskriminierungen und Torturen ausgesetzt. (...)
Selten einmal überließen Luburic, Milos oder Matijevic, die schlimmsten Schlächter unter den Kommandanten, es irgendeinem höheren Ustasa-Offizier, die Gefangenen zu übernehmen. Sie wollten lieber selber die Musterung der neueingetroffenen Opfer und deren Einordnung in Gruppen übernehmen: Serben in die serbische, Juden in die jüdische 21 und Kroaten in die kroatische Gruppe. Luburic richtete an jede Gruppe eine "Ansprache", die voller Beleidigungen und übelster Beschimpfungen war, wobei der Ochsenziemer oder ein anderes Schlaginstrument ständig auf die Köpfe und Rücken der Gefangenen niederging. Dann ging es an den Diebstahl. Die Ustase nahmen jedem Gefangenen alle Sachen weg und eigneten sie sich an, z.B. Uhren, Taschenmesser, Geldbörsen samt Geld, Schmuck, Bücher etc. Jeder Gefangene musste erklären, dass er sein ganzes Geld und alle Wertsachen und Briefe abgegeben und nichts versteckt oder verheimlicht habe. Für jede, auch die kleinste Verletzung dieser Vorschrift, ob absichtlich oder unabsichtlich geschehen, betraften die Ustase den "Schuldigen" sofort mit dem Tod. (...)
Die Gefangenen, welche die Ustase allein zur Liquidation nach Jasenovac gebracht hatten, ließen sie Stunden um Stunden, manchmal auch tagelang nackt und bloß im Gebäude des "Hauptdepots", des "Tunnels" 22 oder unter freiem Himmel warten, bis sie schließlich nach Granik oder Gradina, ein Dorf am anderen Sava-Ufer, gebracht und dort getötet wurden.
Bis Mitte 1942 durften die Gefangenen keinerlei Pakete oder Briefe empfangen, und wenn dennoch Postsendungen nach Jasenovac kamen, haben die Ustase die geöffnet und den Inhalt unter sich verteilt. Erst danach konnten die Häftlinge, die nach Ansicht der Ustase ruhig und fleißig waren, Postkarten nach Hause schreiben. Es war ihnen erlaubt zu schreiben, daß sie am Leben waren. Allerdings hat die Lagerleitung mehrfach angeordnet, daß das gesamte Lager derart bestraft würde, daß für gewisse Zeit keiner Briefe nach Hause geschrieben und keine Pakete von dort empfangen werden durften. (...)
5. Ernährung und Unterbringung
In Jasenovac war die Ernährung der Gefangenen sehr schlecht und unzureichend. Sie bekamen zwei- bis dreimal täglich etwas zu essen. Morgens erhielten sie warmes Wasser, in dem Maismehl schwamm. Mittags eine Suppe aus Kohl, Bohnen oder Kartoffeln, in der aber nur wenig Gemüse, Bohnen oder Kartoffeln waren, und am Abend eine Suppe der ähnlichen Art. Die Gefangenen nannten diese Suppe "Pura" (= Pute). Brot bekamen die Gefangenen sehr unregelmäßig. Häufig vergingen mehrere Monate, während derer sie Brot nicht einmal sahen. Und wenn es Brot gab, war es schwarz, mit Beimengungen von Mahlrückständen, und es gab nie mehr als ein Achtel Kilo pro Tag. In der Nahrung, die die Ustase den Gefangenen verabreichten, war keinerlei Fett und nur sehr wenig Salz. Das Ziel der Ustase war, mit der schlechten und ungenügenden Nahrung den Organismus der Gefangenen zu schwächen und sie willenlos gegen physische Anstrengungen und Krankheiten zu machen, die als Folge einer solchen Ernährung unweigerlich auftreten mussten. Zu allem dem kam noch der Schmutz hinzu, und besonders im Sommer grassierten Durchfall, Typhus und andere Krankheiten, woran allein in einem Monat 1942 1.800 Gefangene starben. (...)
Ähnlich schlecht und unerträglich waren auch die Unterbringungsmöglichkeiten. Solange die Baracken noch nicht errichtet waren, schliefen die Gefangenen im "Tunnel", in der Vorhalle der Ziegelei, unter den Tischen der Werkstätten und Depots oder unter freiem Himmel. Als die Baracken standen, schliefen die Gefangenen in ihnen. Jede Baracke war ein großes Holzgebäude, 24 Meter lang und 6 Meter breit. In der Mitte jeder Baracke war ein Durchgangsraum, von dem rechts und links die doppelstöckigen Schlafboxen ( celijice ) lagen. In jeder Box konnten bis zu 6 Häftlinge schlafen. Kam ein neuer Transport und gab es absolut keinen Platz mehr, dann pferchten die Ustase noch so viele hinein, daß die Gefangenen über einander liegen mussten. Wenn dann alles überfüllt war, mussten immer noch viele an verschiedenen Punkten des Lagers nächtigen.
Die Lagerstätten in den Boxen waren sehr hart, die Gefangenen deckten sich mit Decken zu. Bei der Ankunft im Lage hatten die Ustase ihnen alle besseren Decken weggenommen und gaben ihnen dafür alte und schlechte. Alle Schlafboxen waren voller Ungeziefer, Läuse und Flöhe, und alles Reinigen, von den Gefangenen selber besorgt, half gar nichts. Da die Gefangenen ihre verschmutzte Wäsche nur einmal monatlich zur Reinigung in die Wäscherei geben durften, war es klar, daß diese nie sauber wurde. So war es auch natürlich, daß den ganzen Winter über ansteckende Krankheiten grassierten, daß das Fleckfieber endemisch war und nur wenige Gefangene nicht an diesem litten. (...) Ärzte und Apotheker, die sich um die Gefangenen kümmerten, waren selber Gefangene, aber sie opferten sich auf und mühten sich, ihren unglücklichen Kameraden zu helfen. Da aber ihre Hilfsmittel sehr primitiv waren, war die Hilfe begrenzt und größere chirurgische Eingriffe konnten nicht ausgeführt werden. So ist jeder Schwerkranke rasch gestorben, und wenn das Sterben zu langsam verlief, drangen die Ustase nachts in die Baracken, jagten die Gefangenen aus ihren Lagern und trieben sie nach Gradina oder andere Orte zur Liquidation.
6. Arbeit der Gefangenen
Wie erwähnt, wurde der Bau des eigentlichen Lagers Jasenovac III Ende Herbst 1941 begonnen. In den Lagern I und II hatten die Ustase vor allem Juden untergebracht, die sie in Zagreb, Osijek, Sarajevo und weiteren Großstädten festgenommen hatten, zudem auch Serben und Kroaten, die in verschiedenen NDH-Regionen aufgegriffen worden waren. Unter den Gefangegen waren sehr viele Intellektuelle, mit denen die Ustase betont brutal umgingen: Sie stahlen ihnen Schuhe und Kleidung, gaben ihnen die schlechteste Nahrung und zwangen sie, den ganzen Tag schwerste physische Arbeit zu verrichten. Sie mussten Baracken und Deiche bauen, die das Lager vor Überschwemmungen von Strug und Sava schützten. Bei der Arbeit wurden die Gefangenen mit Stöcken und Gewehrkolben geschlagen, zum schnelleren Graben und Erdetragen gezwungen und für jede kleine Verschnaufpause sofort geprügelt. (...) Bei einer solchen Gelegenheit sagte Ljubo Milos 23 zu den Wächtern, sie sollten nicht schießen, denn jeder Ustasa habe doch ein Messer und könne jeden arbeitsunwilligen Gefangenen abstechen. Unter solchen Umständen wird klar, warum nach der Auflösung der Lager I und II von ursprünglich mehreren Tausenden Gefangenen nur wenige Hundert ins Lager III kamen.
Die Arbeit der Gefangenen im Lager III teilte sich in solche im Lagerinneren und solche außerhalb des Lagers. Im Lager wurde in diversen Werkstätten gearbeitet: Ziegelei, Bäckerei, Elektrizität, Gas, Wirtschaftsgebäude etc. Täglich wurde mindestens 10 Stunden ohne Pause gearbeitet, denn die produzierten Waren wurden von den Besatzungstruppen und den Ustase dringend benötigt. Vor allem mussten Eisenbahnwaggons, Lastwagen und Schiffe auf der Sava be- und entladen werden. Arbeitsruhe gab es nicht einmal an Sonn- und Feiertagen, erst 1943 wurde eine sonntägliche Arbeitsruhe eingeführt, aber nur für fleißige Gefangene. Die Ustasa-Aufseher gingen durch die Werkstätten und passten auf, daß sich niemand ausruhte, nicht zu lange auf der Toilette blieb und alle pausenlos arbeiteten. Falls ein Ustasa feststellte, daß irgendein Gefangener die Arbeit "sabotierte", schlug er ihne augenblicklich zusammen oder tötete ihn auf der Stelle. Die Ärzte haben sehr oft kranken, alten und erschöpften Gefangenen "Verschonung" verordnet, aber daran hielten sich die Ustase nur wenig und trieben die Unglücklichen dennoch zur Arbeit.
Die Arbeit außerhalb des Lagers bestand aus dem Errichten von Stacheldrahtzäunen auf dem kleinen und dem großen Deich, aus dem Bau der großen Mauer (und diese Arbeit dauerte bis Ende 1942), aus dem Bau zahlreicher Bunker und Verteidigungsanlagen rund um das Lager, aus Fälle und Schneiden von Bäumen etc., sogar aus Tätigkeiten im benachbarten Jablanac. Auch hier waren immer Ustase als Begleitung zugegen, die die Gefangenen mit Gewehrkolben, Messern oder Feuerwaffen zu raschem Arbeiten zwangen. Viele, viele Tausende Gefangene litten unter dieser auswärtigen Arbeit, und es kam häufig vor, daß ganze Gruppen nicht mehr in der Lage waren, ins Lager zurückzukehren. In solchen Fällen sagten die Ustase-Wächter einfach, jene hätten fliehen wollen und man habe sie erschießen müssen.
7. Ustase und Gefangene
Jeder Gefangene wusste nach seiner Einlieferung ins Lager, daß ihn hier ein sicherer und schrecklicher Tod erwartete. Unklar war nur, wie lange seine Qualen im Lager dauern würden. (...) Jeder Ustasa, von Luburic bis zum letzten Wächter, war gegenüber jedem Gefangenen übermächtig, Herr über dessen Leben und Tod. Zu jeder Zeit, Tag oder Nacht, Arbeit oder Ruhe, konnte jeder Ustasa jeden Gefangenen töten, ohne daß er darüber jemandem Rechenschaft ablegte oder daß das Vorkommnis überhaupt registriert wurde. Dank einer Aussage des Zeugen Danon Jakob ist z. B. der folgende Fall bekannt: Am 23. Dezember 1941 ordnete Ljubo Milos einen Appell an, eine sog. Versammlung (zbor) aller Gefangenen. Dabei erwähnte er kurz, einer der Gefangenen habe versucht, einen der Ustasa-Wächter zu töten, erwähnte aber keine Namen. Dann ließ Milos 25 Gefangene vortreten, nahm ein Gewehr und erschoß sie alle. Dann rief er den Arzt Dr. Gusti Leindorfer, damit er den Tod feststelle, danach die Totengräber, daß sie die Leichen fortschafften. Als alles vorbei war, bemerkte er als Scherz: "Oh, ich habe sie gar nicht nach ihren Namen gefragt". (...)
Öffentliche Bestrafungen gab es sehr häufig, und die Gründe dafür unerheblich, unbedeutend, erfunden oder überhaupt ohne jeden Grund. (...) Außer solchen "Auftritten" wegen Teilnahme an öffentlichen Bestrafungen gab es in Jasenovac auch "Appelle zur Verminderung der Gefangenenzahl im Lager", dazu Appelle, bei denen sich die melden sollten, die zur Arbeit nach Deutschland, in ein anderes Lager oder in ein Krankenhaus zur "Heilung" wollten. (...)
Liquidationen in Gradine oder Ustice wurden anfänglich allein von den Ustase vorgenommen, später wurden Sinti und Roma zu Hilfsdiensten hinzugenommen. Die Opfer mußten selber lange und tiefe Gruben ausheben, dann wurden ihnen alle Kleidungsstücke abgenommen, Goldzähne ausgeschlagen. Danach musste jeder in die Grube springen, wo schon ein Ustasa oder Sinti und Roma stand, um mit einem Hammer den Kopf einzuschlagen oder mit einem Messer die Gurgel durchzuschneiden. (...)
Diese Darstellung wäre unvollständig ohne die Erwähnung der schlimmsten Art der Quälerei und Tötung von Gefangenen. Es handelt sich um Aushungern bis zum Tod. Wie noch zu erwähnen sein wird, wurde später auf diese Weise die Liquidierung des ganzen Lagers III-C betrieben. Hier soll nur die Glockenhalle als die Folterstätte beschrieben werden, die allein zu diesem Zweck eingerichtet worden war. Das war eine kleine, fensterlose Baracke, zu der eine gläserne Eingangstür führte, durch die man von außen alles verfolgen konnte, was sich darin tat. Hier sperrten die Ustase ihre Opfer ein und verweigerten ihnen alles Essen und Trinken. Ihre Qualen waren furchtbar und aus der Baracke tönten verzweifelte Hilferufe: "Holt uns heraus, tötet uns". Die Ustase (...) genossen diese Qualen, spazierten vor der Glockenhalle herum und lachten. Da die Glockenhalle klein war, fasste sie nicht mehr als dreißig Gefangene. Wenn neue Opfer eintrafen, mussten die alten ihnen Platz machen. Die Ustase haben dann die frühere Gruppe nach "Granik" gebracht und dort getötet. Als ob die Hungerqualen und die bevorstehende Tötung den Sadismus der Ustase noch nicht befriedigten, schlugen sie Opfer beim Abmarsch und traktierten sie mit Messern. (...)
Als die Stunde der Befreiung nahte, fürchteten die Ustasa-Schlächter, daß die Wahrheit ans Licht kommen würde. Um die Spuren ihrer zahllosen Verbrechen zu tilgen, begannen sie im April 1945 Hals über Kopf die Gräber zu öffnen, die Leichen und Gebeine ihrer Opfer herauszuholen und auf Scheiterhaufen zu verbrennen. Tage und Wochen loderten die Flammen dieser Scheiterhaufen, und als die Arbeit getan war, töteten sie alle Gefangenen, die die Arbeit verrichtet hatten, küssten sich untereinander und betranken sich.
8. Spitzel und Freigänger
In Zeugenaussagen ist oft von "Spitzeln" (dousnici) und "Freigängern" (slobodnjaci) die Rede, und zur Vermeidung von Missverständnissen müssen diese Begriffe erläutert werden. Spitzel waren verschiedene Ustase, die irgendwelche disziplinarischen Verstöße oder schwerere Straftaten begangen hatten und darum strafweise nach Jasenovac geschickt worden waren. (...) Das Ustasa-Kommando brachte diese Straffälligen in einem besonderen Gebäude unter, gab ihnen gute Verpflegung, die der des Wachtpersonals entsprach, und übertrug ihnen die Aufsicht über die Gefangenen, solange diese arbeiteten oder ausruhten. Diese Spitzel - wie die Gefangenen sie nannten - konnten sich im Lager frei bewegen und dieses sogar verlassen. Sie waren den Gefangenen immer auf den Fersen, sie trugen Stöcke oder Knüppel, mit denen sie die Gefangenen schlugen und sie zur Arbeit antrieben. Sie waren besonders grausam zu den Gefangen und konnten sie auf eine Art schlagen, dass viele später an den erlittenen Verletzungen starben. (...)
"Freigänger" waren Gefangene, die sich durch Willfährigkeit vor den Ustasa-Wächtern so sehr auszeichneten, dass man ihnen in einem gewissen Maß die Aufsicht über Gefangene übertrug. Diese Freigänger bekamen bessere Unterkunft und Verpflegung, sie durften Briefe und Pakete von zu Hause empfangen, auch nach Hause schreiben und sich frei im Lager bewegen.
9. Wie viele Opfer hat Jasenovac gefordert?
Ende April 1945 haben die Ustase bei ihrer panischen Flucht aus Jasenovac alles Material vernichtet oder verbrannt, das statistisches Angaben enthalten könnte, wie viele Gefangene in Jasenovac umgekommen sind. Alle Register, Namenslisten, Karteikarten, Wirtschaftsbücher, auch dienstliche Akten wurden vernichtet, die uns - obwohl sie nach Aussagen von Zeugen ungenau, unordentlich und unsystematisch geführt worden waren - gewisse Anhaltspunkte hätten liefern können. Es ist deshalb nicht möglich, die Frage zu beantworten, wie viele Opfer in Jasenovac umgekommen sind. Es gibt nur sehr wenige Gefangene, die einige Zeit im Lager verbrachten und danach freigelassen wurden, und es sind keine Hundert, denen in der Endphase die Flucht aus dem Lager gelang. (...)
Der schwerste Ustasa-Terror und die meisten Tötungen fielen in die Jahre 1941 und 1942. Das ganze Jahr 1943 und das halbe 1944 verliefen im Zeichen einer relativen Beruhigung, d.h. daß Massenmorde an den Gefangen nicht so häufig und in solchem Umfang vorfielen wie vor und nach diesem Zeitraum. Von September 1944 bis April 1945 kamen erneut große Transporte nach Jasenovac und die massenhafte Liquidation wiederholte sich. Gefangene, die im ersten oder vierten Jahr im Lager waren, nannten sehr hohe Opferzahlen, während in den Aussagen derer, die im dritten Jahr des Ustasa-Terrors in Jasenovac waren, die Zahl der Opfer niedriger ist. Es gab etwa 50 Massenmord-Aktionen, die die Ustase in Jasenovac durchführten, und wenn die Zahlen der Gefangenen, die bei diesen Aktionen umkamen, und die Zahlen von den Gefangenen, die außerhalb solcher Aktionen umkamen, zusammenzählen, dann gelangen wir zu einer Ziffer von etwa 500. bis 600.000. Aber, wie schon gesagt, man wird niemals die genaue Zahl der Opfer ermitteln können, die Jasenovac verschlungen hat, jedoch kann man auf der Basis aller Untersuchungen, die die Landeskommission durchgeführt, zu dem Schluß gelangen, daß obige Zahl der Wahrheit entspricht. Kein einziger Verbrecher hat in der Geschichte ein Zehntel eines Volkes umgebracht, wie es Ante Pavelic mit seinem eigenen Volk getan hat.
Autor: Wolf Oschlies
Literatur
Kamber, Dragutin: Slom NDH – Kako sam ga ja proživio (Der Zusammenbruch des NDH – Wie ich ihn überlebte), Zagreb 1993
Orth, Karin: Die Konzentrationslager der SS. Sozialstrukturelle Analysen und biografische Studien. Göttingen 2000.
Orth, Karin: Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Hamburg 1999.
Schwarz, Gudrun: Die nationalsozialistischen Lager. Frankfurt am Main 1996.
Sofsky, Wolfgang: Die Ordnung des Terrors - Das Konzentrationslager, Frankfurt a.M. 1993
Gutman, Israel / Eberhard Jäckel / Peter Longerich (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. München 1998