Frauen als Kriegsopfer
Vergewaltigung als Kriegswaffe
Die Opfer nach 10 Jahren
Am 9. November 1992 berichtete ML zum ersten Mal über die systematischen Folterungen und Massenvergewaltigungen von Frauen in serbischen Lagern während des Bosnien-Krieges. ML-Autorin Sibylle Bassler wollte zehn Jahre danach wissen, wie es den Frauen heute geht.
Eine der Frauen von vor zehn Jahren ist Rosalija. Sie war zwei Monate in einem serbischen Lager, wurde gefoltert, täglich vergewaltigt. Die Folge: zwei Mal musste sie abtreiben. Vor zehn Jahren war sie nicht ansprechbar, die Ärzte hatten sie aufgegeben. Aber Rosalija lebt. In Pakraz, dem Ort ihrer Heirat und ihres Horrors. Hier hatten sie ihre Peiniger gequält und dann verschleppt. Sie ist zurückgekehrt in eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung, die sie demnächst räumen muss.
Mit ihrer Invalidenrente muss Rosalija, heute 45 Jahre alt, ihre Familie durchbringen, eine Tochter, zwei Enkelinnen und ihren fünfjährigen Sohn Roberto, den sie ihre Überlebensversicherung nennt. Denn nur seinetwegen kann sie ihre Vergangenheit und die Gegenwart ertragen, in der sie tagtäglich mit den Mitläufern von damals konfrontiert wird. "Sie haben mich zur Invalidin gemacht, mich gefoltert, geprügelt, vergewaltigt. Ich fühle mich wie ein Hund an der Kette. Ich wäre froh, wenn ich endlich leben könnte wie ein Mensch, mit einem Dach über dem Kopf, wo mich niemand vertreiben könnte. Aber meinen Lebenswillen konnten sie nicht brechen. Wenn ich ihnen heute begegne, dann lache ich sie an und sage, hallo ihr Helden, ich lebe immer noch." Du kannst dich an deinem Feind nicht rächen, du kannst nur hoffen, dass er hundert Jahre lebt und sein Gewissen ihn quält, sagt Rosalija heute. So wie sie die Erinnerungen quälen.
Auch heute gibt es keine genauen Zahlen über die Opfer des Krieges. Doch fast jeder trauert um Familienangehörige, war selbst im Lager und wurde gequält. Wie Jelka, die vor zehn Jahren über ihren Vergewaltigter sagte: "Manchmal passierte es, dass er zum Höhepunkt kam, und mein Magen würgte, und ich das Sperma nicht schlucken konnte. Es rann aus meinem Mund. Dann hat er mich wieder geprügelt und mir befohlen, es aufzulecken." Heute lebt Jelka in der Nähe von Ossijek davon, dass sie Blumen züchtet. Und es gibt einen Mann in ihrem Leben. Ihr Freund Stafan war auch in einem Konzentrationslager.
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