Warum Beschneidung vor Aids schützen kann
Beschnittene Männer haben einen gewissen Schutz vor einer Infektion mit dem Aids-Virus. Mediziner rätseln, woran das liegen könnte. Jetzt sagen amerikanische Forscher: Die "Zirkumzision" verändert das Milieu der auf dem Penis lebenden Mikroben. Das macht vielen Bakterien und Viren das Überleben schwerer.
Der beste Schutz vor einer Infektion mit dem Aids-Erreger bietet – neben der meist wenig beliebten Enthaltsamkeit – ein Präservativ. Seit Längerem wissen Mediziner aber auch, dass Männer sich nicht so leicht mit HIV infizieren, wenn sie beschnitten sind. Die Beschneidung bietet keinen absoluten Schutz, doch das Infektionsrisiko verringert sich doch deutlich: um immerhin 40 Prozent. Das ergaben Studien in Afrika.
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Im Judentum und im Islam hat die Beschneidung (hier in Algier) eine lange Tradition
Viele Epidemiologen befürworten die Beschneidung deshalb als Vorsorgemaßnahme vor allem in Entwicklungsländern. Der Gebrauch von Präservativen bleibt zwar der beste Infektionsschutz, aber gerade in den ärmsten Ländern sind Kondome doch auch eine Frage der Kosten und der Verfügbarkeit.
Einen Hinweis darauf, warum die Beschneidung (Zirkumzision) der Vorhaut einen Schutz bietet, liefern jetzt Genetiker aus den USA und aus Uganda. Die Zirkumzision verändere die Zusammensetzung der Bakterienarten auf dem Penis dramatisch und schaffe auf diese Weise ein "biologisches Umfeld", das eine Infektion erschwere, schreiben die Forscher um Lance B. Price von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore (US-Bundesstaat Maryland) im Online-Fachmagazin PLoS ONE.
Das Wissenschaftlerteam hatte im Rahmen einer größeren Untersuchung der nationalen Gesundheitsinstitute (NIH) das „Mikrobiom“ am Penis von beschnittenen und unbeschnittenen Männern analysiert, also die Gesamtheit aller Mikroben, die dort auf der Schleimhaut leben. Dabei fanden sie – nicht ganz unerwartet –, dass die Zirkumzision eine starke Verschiebung hin zu sogenannten aeroben Bakterien bringt, die Zahl der „anaeroben“ Arten nahm hingegen ab. Aerobe Bakterien benötigen Sauerstoff zum Leben, wohingegen dieser Bestandteil der Luft für anaerobe Bakterien ein Gift ist.
Der Hintergrund des Infektionsschutzes: Anaerobe Mikroben sind häufig solche, die Entzündungen verursachen und damit die Schleimhaut schädigen und schwächen. Das erleichtert es den HI-Viren, in die Schleimhaut und damit den Körper einzudringen.
Nicht zu vergessen ist auch der bessere Schutz der Frauen. Sie sind besser vor sexuell übertragbaren Krankheiten (inklusive Aids) geschützt, wenn ihre Geschlechtspartner beschnitten sind. Insbesondere leiden sie seltener an bakteriellen Entzündungen der Scheide (Vaginosen). Auch das liege daran, dass Anaerobier durch die Beschneidung zurückgedrängt werden, sagen die Mediziner.
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