Den slawischen Bruderkuss hat auch Milosevic in Russland nie bekommen
Kein Wunder, wenn Milosevic und sein ganzer Staatsapparat offen die Putschisten unterstützen (darunter Dmitri Jasow, den sowjetischen Verteidigungsminister und Krjutschkow der bis Sommer 1991 Vorsitzender des KGBs war) und sich somit gegen Jelzin stellt, der ihnen offenbar diese politische Handlung nie vergessen hat. Es ist aber auch ziemlich sicher, dass selbst eine solche Sowjetunion (ohne den Zerfall) zuerst einen Transitprozess durchlaufen musste, durch den alle postkommunistischen Staaten gegangen sind. Seine Wirtschaft würde den gleichen Problemen gegenüberstehen, mit denen alle postkommunistischen Volkswirtschaften konfrontiert waren, so dass seine militärische Macht reduziert und den Serben in den Neunziger Jahren keine all zu grosse Hilfe gewesen wäre, nicht mal Ende der Neunziger Jahre, was sich schlussendlich auch gezeigt hat.
Generell sind die russisch-serbischen Beziehungen historisch gesehen sehr viel stiefmütterlicher, als man heute tut. Das liebste Kind auf dem Balkan waren immer die Bulgaren, mit Serbien sind die Beziehungen historisch äußerst wechselhaft. Das beginnt schon mit dem Unabhängigkeitskrieg gegen die Osmanen: Als die Serben Russland 1804 um Hilfe gebeten haben, hat der russische Zar die serbische Delegation fortgeschickt. Beim Berliner Kongress 1878 hat sich Russland mit all seiner Macht (erfolglos) für ein Großbulgarien eingesetzt, während Serbiens Forderung, das Fürstentum Serbien und das Fürstentum Montenegro verbinden zu können, indem man das Sandzak Novi Pazar zugeschlagen bekommt, schlicht keine Rolle für Russland gespielt hat.
Es stimmt was du sagst, aber muss dazu noch was hinzufügen.
Zum Zeitpunkt des ersten serbischen Aufstandes im Jahr 1804 wird die politische Haltung des russischen Königs Hofes gegenüber dem Balkan und den Serben an sich nicht allein von der slawischen Herkunft, der ähnlichen Sprache und dem orthodoxen Glauben bestimmt, sondern vor allem pragmatisches Interesse und die damalige europäisch-politische Konstellation der Grossmächte, was selbst der legendäre Karadjordje einst dem Grossen russischen General Aleksander Prozovsky gesagt hat und seine Skepsis gegenüber der russischen Politik nie verloren hat. Die Russen waren damals nicht gewillt, die Schaffung eines serbischen Staates zu unterstützen, sondern lediglich nur in Form einer Autonomie, wie es die Walachei und Moldau als Fürstentum genossen haben. Das einzige dass die serbische Delegation in Form von Hilfe bekommen haben, waren 300 Dukaten für die Gesandten und andere Geschenke, um mit dem Sultan verhandeln zu können. Zusätzlich bekamen sie noch 3.000 Dukaten, um den Rebellen finanziell zu helfen. Aber die gewünschten Kanonen mit guter Artillerie, Pulver und anderer Produktion, einige reguläre Streitkräfte mit einsatzbereiten Offizieren wurde abgelehnt.
Noch vor dem Ausbruch der bewaffneten Rebellion gegen die Osmanen suchte der montenegrinische Bischof Petar I. die russische Unterstützung für einen Aufstand der serbischen Bevölkerung gegen die Türken und bot den Romanows den Thron des erneuerten serbischen Reiches an, doch Russland war damals mit den Osmanen verbündet. Im darauffolgenden Jahr, als der Aufstand in der Sumadija begann, beschloss der russische Kaiser zwar den Serben finanziell zu helfen (nicht nur er, sondern auch die Österreicher halfen mit) und 1806 trat er in den Krieg ein, der bis zum Schicksalsjahr 1812 andauerte. Schliesslich zogen sich die Russen aus dem Krieg zurück, weil Napoleon Moskau bereits erreicht hat. Die Russen unterzeichneten den Frieden von Bukarest mit dem Osmanischen Reich und somit wird de jure die Macht der Türken über das Fürstentum Serbien anerkannt.
Der Punkt mit den Bulgaren denn du erwähnt hast stimmt auch, weil da der grosse Faktor der geostrategischen Lage mitspielt: das Schwarze Meer und seine Nähe zu Konstantinopel. Im sogenannten Frieden von San Stefano von 1878 zeigte sich, dass Russland die maximalen bulgarischen Ansprüche unterstützen, wobei Bulgarien unter anderem Prizren, Pristina, Ohrid und die grosse Umgebung um Nis und Pirot zugewiesen wurde. Das Abkommen gab zwar Serbien die Unabhängigkeit, aber seine territorialen Forderungen wurden nicht erfüllt. Bis zum Abkommen des San Stefano-Frieden war der serbische Prinz Milan ein grosser Verfechter Russlands und später wandte man sich den Österreichern zu, bis die Karadjordjevic-Dynastie zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder an den Thron kommt und sich wieder Russland annähert.