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Wie Europa vier Millionen Jobs vernichtete
In Deutschland ist die Arbeitslosenquote gesunken, doch europaweit fällt die Bilanz dramatisch aus: Durch Krisen fielen Millionen Stellen weg. Nur in einem weiteren Land nahm die Zahl der Jobs zu.
Von Sebastian JostWirtschaftsredakteur
Foto: Infografik Die Welt
Finanzkrise, Bankenkrise, Euro-Krise. Wann immer in den vergangenen Jahren die Wirtschaftslage in Europa zur Sprache kam, dominierten negative Attribute. Und das leider vollkommen zu Recht, wenn man die Zahl der Menschen ohne Job als Maßstab nimmt.
Seit 2007 sind in der Euro-Zone unter dem Strich 3,8 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. Das zeigen Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die der "Welt" exklusiv vorliegen.
Die mit Abstand meisten Jobs fielen in Spanien weg. Das Land verzeichnete im vergangenen Jahr fast 3,3 Millionen Beschäftigte weniger als noch 2007, ein Minus von 16 Prozent.
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In Griechenland waren sogar 23 Prozent der Arbeitsplätze betroffen, was ein Minus von gut einer Million Jobs bedeutet. Italien verlor 871.000 Arbeitsplätze, das deutlich kleinere Portugal 570.000. Die wenigen Länder, in denen die Beschäftigung zunahm, konnten die Verluste in weiten Teilen Europas nicht ausgleichen. Das größte Jobplus verzeichnete Deutschland: Hierzulande kamen über die Jahre 2,2 Millionen Arbeitsplätze dazu. Dadurch sank die Arbeitslosenquote um 3,6 Punkte auf 5,1 Prozent. Eine solch positive Bilanz hat in den Krisenjahren nur ein einziges weiteres Euro-Land erreicht: In Malta ging die Arbeitslosenquote leicht um 0,5 Prozentpunkte zurück. Überall sonst waren 2014 mehr Menschen ohne Arbeit als noch 2007.
Stärkster Anstieg in Griechenland
In Portugal beispielsweise ist die Arbeitslosenquote doppelt so hoch wie damals, in Spanien sogar dreimal so hoch. Den stärksten Anstieg mussten Griechenland, Spanien und Zypern hinnehmen.
Die südeuropäischen Länder standen im Brennpunkt der Euro-Krise. Griechenland musste mit dreistelligen Milliardenhilfen der übrigen Euro-Ländern und des Internationalen Währungsfonds vor der Staatspleite bewahrt werden, private Gläubiger mussten auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Dies wiederum löste in Zypern eine Bankenkrise aus, denn die Wirtschaft des Inselstaates ist traditionell eng mit Griechenland verbandelt.
Spanien wiederum konnte seine Staatsfinanzen ohne fremde Hilfe stabilisieren, allerdings wohl dank des beherzten Eingreifens der Europäischen Zentralbank (EZB). Deren Unterstützung wiederum hat nach Ansicht von Kritikern dazu geführt, dass viele Reformen verschleppt wurden, ohne die sich die Wirtschaft in den betroffenen Ländern nicht berappeln könne.
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Doch nun gibt es gewisse Zeichen der Hoffnung: In mehreren Krisenländern scheint sich die Lage zum Besseren zu wenden. "InSpanien scheint die Trendwende geschafft zu sein", glauben die Experten von EY (früher Ernst & Young).
Nach einer Rekordarbeitslosigkeit von 26,1 Prozent im vergangenen Jahr könnte die Quote 2015 auf 23,8 Prozent sinken, prognostizieren die Wirtschaftsprüfer. Für Italien und Frankreich, aber auch für Deutschland erwarten sie einen in etwa stagnierenden Wert.
Deutlich unter Vorkrisenniveau
Die Erwartungen beruhen auf dem Konjunkturausblick von EY. Die Prüfungsgesellschaft geht davon aus, dass die Wirtschaftsleistung im Euro-Raum im kommenden Jahr um 1,2 Prozent steigt. Damit bleibt das Wachstum aber deutlich unter Vorkrisenniveau: In den Jahren 1997 bis 2007 hatte das BIP-Plus in der Euro-Zone pro Jahr im Schnitt 2,3 Prozent betragen.
Mittelfristig rechnet EY dennoch damit, dass die Arbeitslosenquoten in ganz Europa sinken – wenn auch nur langsam. In Deutschland dürfte die Arbeitslosenquote dieser Prognose zufolge bis auf 4,5 Prozent zurückgehen.
Foto: Infografik Die Welt
In Griechenland wären zwar immer noch 16 Prozent der Menschen ohne Arbeit, doch damit läge das Land immerhin schon deutlich unter der derzeitigen Quote von fast 27 Prozent.
Spanien könnte sich von einer Quote von derzeit fast 25 Prozent auf knapp 18 Prozent verbessern, Portugal um fast zwei Punkte auf 12,5 Prozent. In einer ähnlichen Größenordnung könnte die Verbesserung in Italien liegen, wo EY im Jahr 2020 noch 10,6 Prozent Arbeitslosenquote erwartet.
Die Rückkehr in gute alten Zeiten bedeutet das jedoch nicht. "In den Krisenländern wird die Arbeitslosigkeit in den kommenden Jahren zwar sinken, aber mittelfristig dennoch weit über dem Vorkrisenniveau liegen", erwarten die EY-Experten. In Spanien und Griechenland etwa wären immer noch doppelt so viele Menschen ohne Job wie 2007. Und das ganze 13 Jahre nach Beginn der Krise.
Folgt man dieser Prognose, steht den Beschäftigten in diesen Ländern nicht nur ein verlorenes Jahrzehnt bevor – sondern eine noch deutlich längere Leidenszeit.