Vereinigte Staaten Kampf um Öl statt Krieg gegen Terror
Der Kampf gegen den Terror eröffnet den USA neue Möglichkeiten bei der Sicherung ihrer Energieversorgung. Auftakt zu einer FAZ.NET-Serie über Öl, Finanzmärkte und Politik.
n einer Serie analysiert FAZ.NET Zusammenhänge zwischen Irak-Politik und Ölpreis, dessen Auswirkungen auf Ölaktien, US-Dollar und Devisenmärkte oder auf russische Anleihen. Zum Auftakt eine Betrachtung der amerikanischen Energiepolitik im Nahen Osten und in Zentralasien.
Der irakische Präsident Saddam Hussein hat den Vereinigten Staaten vorgeworfen, den Irak zerstören und das Nahost-Erdöl kontrollieren zu wollen. Auch der ehemalige saudische Erdölminister Scheich Jamani, äußerte den Verdacht, Washington versuche unter dem Deckmantel des „Krieges gegen den Terror“ die Vorherrschaft über die Energiereserven des Kaspischen Meeres zu erlangen. Unbestritten hat der Antiterror-Kampf der Großmacht neue geostrategische Perspektiven im Wettstreit um die knapper werdenden Ölvorkommen eröffnet.
USA wollen weniger Abhängigkeit
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Washington seine Abhängigkeit von Saudi-Arabien verringern möchte. Der Anteil an saudischem Öl bei den amerikanischen Importen wurde in den letzten zehn Jahren kontinuierlich zurückgeschraubt. Stattdessen setzte Amerika auf alternative Lieferanten. Auf Dauer sind die Saudis aber nicht zu umgehen: Das Land am Golf ist nicht nur der wichtigste Erdölproduzent der Welt, es verfügt auch über die größten Vorkommen.
Engpässe auf dem Weltmarkt
Mit seinen Kapazitäten kann es Engpässe auf dem Weltmarkt kurzfristig ausgleichen und ist seiner Rolle als „wing supplier“ bisher zuverlässig nachgekommen. Die noch auf Roosevelt und Ibn Saud zurückgehende amerikanisch-saudische Abmachung „Erdöl gegen Sicherheit“ hat jahrzehntelang gut funktioniert. Die Vereinigten Staaten garantierten die Sicherheit der saudischen Monarchie, dafür lieferte diese den für die amerikanische Wirtschaft unverzichtbaren Rohstoff zu akzeptablen Preisen.
Unsicherheit in Saudi-Arabien
Doch das Regime in Saudi-Arabien ist instabil, Experten befürchten über kurz oder lang seinen Zusammenbruch. Im schlimmsten Fall könnten dann Islamisten die Macht ergreifen und die würden das verhasste Amerika sicher nicht mehr so bereitwillig mit Erdöl beliefern. Für dieses Szenario haben die Amerikaner nach Aussagen von Experten bereits Pläne in der Schublade.
Washington, so wird spekuliert, würde seine militärische Stärke nutzen und die Ölfelder besetzen. Da sich diese im Landesinnern konzentrieren, wäre dies militärisch zu bewerkstelligen. Ein Eingreifen der USA hätte aber möglicherweise eine Ausweitung des Konflikts auf die ganze Region zur Folge und könnte Vergeltungsschläge provozieren.
CIA-Studie
Eine CIA-Studie geht davon aus, dass es ein Leichtes wäre, mit relativ wenig Aufwand die Ölfelder für mindestens zwei Jahre außer Betrieb zu setzen. Diese Katastrophe für die Weltwirtschaft versucht Washington um jeden Preis zu vermeiden. Seine Truppenpräsenz am Golf, die jährlich zwischen 30 und 60 Milliarden Dollar kostet, soll die Sicherheit an diesem neuralgischen Punkt garantieren.
Irak als Zukunftsinvestition
Beim diskutierten Angriff auf den Irak geht es nicht nur um den Sturz eines Unrechtsregimes, sondern auch um die Zukunft der amerikanischen Energieversorgung, munkeln Amerika-kritische Stimmen. Der Irak exportiert derzeit auf Grund internationaler Sanktionen seit dem Golfkrieg weniger als zwei Millionen Barrel pro Tag. Bagdad würde gerne sechs Millionen fördern. Nach einem Machtwechsel könnte der Irak wieder ungebremst Öl produzieren, das, so wird gemutmaßt, seinem „Befreier“ Amerika zu Gute käme. Eine Investition in die Zukunft, schließlich verfügt das Land über die zweitgrößten Reserven der Welt.
Dem halten Experten entgegen, dass der Irak bereits jetzt an seiner Kapazitätsgrenze fördere. Seine Anlagen seien veraltet und es bedürfe hoher Investitionen, um sie wieder in Schuss zu bringen. Doch davor müsste Saddam Hussein erst einmal gestürzt und durch ein stabiles pro-amerikanisches Regime ersetzt werden.
Pipeline-Projekt in Afghanistan
Wie schwierig es ist, ein Land zu befrieden, nachdem ein ungeliebtes Regime beseitigt wurde, zeigt das Beispiel Afghanistan. Auch das dortige amerikanische Engagement wird immer wieder unter den vermeintlichen Interessen amerikanischer Ölfirmen betrachtet. Als Indizien werden angeführt, dass der afghanische Präsident Hamid Karsai früher als Berater für den amerikanischen Ölkonzern Unocal gearbeitet hat und auch der amerikanische Sondergesandte für Afghanistan, Zalmay Khalilzad, für Unocal tätig war. Unocal ist die Firma, die in Konkurrenz zum argentinischen Konzern Bridas mit den Taliban über den Bau einer Pipeline verhandelt hatte. Das Projekt wurde auf Eis gelegt, nachdem die Taliban als Gastgeber von Usama bin Ladin ins Visier amerikanischer Terrorfahnder gerieten.
Seit dem Sturz der Taliban sollen wieder Verhandlungen im Gange sein. Die geplante Pipeline durch Afghanistan und Pakistan soll helfen, die Erdgas- und Ölvorkommen in Zentralasien zu erschließen. Oberste Priorität hat dabei, den als „Schurkenstaat“ gebrandmarkten Iran zu umgehen. Doch solange Afghanistan so instabil ist wie bisher und auch in Pakistan Unruhe herrscht, gehen Experten davon aus, dass sich vorerst keine Investoren finden wird.
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