Aktuelles
  • Herzlich Willkommen im Balkanforum
    Sind Sie neu hier? Dann werden Sie Mitglied in unserer Community.
    Bitte hier registrieren

Jugoslawienkrieg Chronologie 1991

Ivo2

Administrator
Teammitglied
Croatia
JANUAR 1991: Slowenien und Kroatien weigern sich nach dem serbischen „Einfall in das monetäre System Jugos­lawiens" weitere Föderationsschulden anzuerkennen; Slowenien will seine Deviseneinkünfte nicht mehr an die Bundeskasse abfuhren. Ein unter Mitwirkung der Geheimdienste fabrizierter Film im serbischen TV über Waffenkäufe des kroatischen Verteidigungsministers Martin Spegelj führt zu Spannungen und einem Haftbefehl gegen den General. Das jugoslawische Staatspräsidium fordert die Entwaffnung „aller paramilitärischen Truppen". Bei einem Treffen der Vertreter der jugoslawischen Republiken verkündet Milosevic, dass alle Serben in einem Staat vereint sein sollten. Ende Januar 1991, nach Verkündigung der makedonischen Souveränität am 25.1., wird in Makedonien Gligorov vom dortigen Parlament als Präsident bestätigt.
FEBRUAR 1991: Das slowenische Parlament verabschiedet am 20.2. mit einer Gegenstimme den Vorrang der Republikgesetze vor den Bundesgesetzen und empfiehlt den Austritt aus Jugoslawien. Ähnliche Beschlüsse wer­den einen Tag später vom kroatischen Parlament gefasst. Serbische Politiker in mehreren Teilen Kroatiens pro­klamieren daraufhin die Trennung von Kroatien und bringen mehrere Polizeistationen unter ihre Gewalt, so in Pakrac in Westslawonien.
MÄRZ 1991: Lokale Politiker der SDS in Slawonien - Goran Hadzic und Borivoje Savic - proklamieren die „Serbischen Autonomen Provinzen" Slawonien, Baranja und West-Srijem; am 1.3. kommt es zu den ersten Zu­sammenstößen zwischen serbischen Aufständischen und der kroatischen Polizei. Am 7.3. beschließt das sloweni­sche Parlament, keine Wehrpflichtigen mehr in die JVA zu entsenden. In Belgrad werden vom 9. zum 12.3. De­monstrationen von Opposition und Studenten gegen die Zensur und das Regime Milosevics unter Beteiligung der Armee niedergeschlagen. Bundespräsident Jovic kann sich im Staatspräsidium mit der Forderung nach dem Aus­nahmezustand nicht durchsetzen, ebensowenig Verteidigungsminister Kadijevic mit Plänen zur Machtübernahme der Armee in ganz Jugoslawien. Milosevic veranlasst Jovic am 15.3. zum Rücktritt. Am 25.3. trifft sich Milosevic mit Tudman in Karadordevo (Vojvodina). Danach wird spekuliert, beide hätten sich über eine Teilung Bosnien-Herzegowinas verständigt. Am Ende des Monats kommt es zum Schusswechsel zwischen der kroatischen Polizei und serbischen Freischärlern im Gebiet des Nationalparks von Plitvice. Der erste Tote des Jugoslawien-Kriegs ist ein kroatischer Polizist
 
april 1991: Die JVA greift in die Kämpfe bei Plitvice ein und fordert am 2.4. die kroatische Polizei zum Ab­zug auf. Am 5. 4. vereinbaren die Führungen der SDS und der JVA, die Wiederherstellung der kroatischen Hoheit in den von Serben beanspruchten Gebieten Kroatiens nicht zuzulassen. Im Westen von Bosnien-Herzegowina bilden Gemeinden mit serbischer Bevölkerungsmehrheit unter Führung lokaler Machthaber die autonome „Bosanska Krajina".
mai 1991: Am 2.5. töten serbische Freischärler aus einem Hinterhalt bei Borovo Selo in Slawonien 12 kroati­sche Polizisten. Am 7.5. beginnt die JVA in Serbien mit einer Teilmobilisierung. Das Staatspräsidium ermächtigt die Armee, in „Nationalitätenkonflikte" einzugreifen und ordnet die Demobilisierung und Entwaffnung irregulärer Einheiten, darunter der neu gegründeten kroatischen Garde ZNG an, was von Tudman nur bedingt zugelassen wird. Unter Führung serbischer Lokalpolitiker (darunter der kommunistische Funktionär Boro Mikelic) wird in Petrinja der Anschluss der Region Banija an die „SAO Krajina" proklamiert. Am 15.5. verweigert der serbische Block im jugoslawischen Staatspräsidium die turnusmäßige Wahl des Kroaten Stipe Mesic zum Präsidenten. Damit ist das oberste gemeinsame Organ der jugoslawischen Republiken gelähmt. In Kroatien ergibt am 19.5. die vom Großteil der Serben boykottierte Volksabstimmung 93 % Zustimmung zur Unabhängigkeit, worauf Tudman eine Allianz unabhängiger Staaten fordert, andernfalls strebe das Land die uneingeschränkte Souveränität an. Am 30.5. fasst das kroatische Parlament einen entsprechenden Beschluss und kündigt die Trennung von Jugoslawien an, sollte bis Ende Juni 1991 keine Transformation der Föderation in einen Staatenbund erfolgt sein.
JUNI 1991: Bei einem erneuten Treffen der sechs Republikpräsidenten wird am 6.6. von Bosnien-Herze­gowina und Makedonien ein Konföderationsvorschlag vorgelegt, der vorsieht, dass sowohl die Einzelstaaten wie auch ihr Bund völkerrechtliche Subjekte werden. Eine Woche später belegt die jugoslawische Bundesregierung Slowenien mit einem Importverbot, um die Abfuhrung der Zölle an die Bundeskasse zu erzwingen. Die USA (Außenminister James Baker) sprechen sich gegen die Selbständigkeit Sloweniens aus. Die KSZE votiert am 19.6. für den Erhalt Jugoslawiens, ähnlich die EG, die am 24.6. Jugoslawien einen Kredit gewährt. Doch am 25.6. erklären die Parlamente von Slowenien und Kroatien die Unabhängigkeit der jeweiligen Republik. Am 27.6. greift die JVA die Grenzposten Sloweniens zu Österreich, den Flugplatz von Ljubljana und wahllos Hauptverkehrsver­bindungen an. Nach erbittertem Widerstand der slowenischen Territorialverteidigung stellt die JVA ihre Operatio­nen am 28.6. ein. Am 29.6. entsendet die EG die „Troika" aus den Außenministern von Italien, Luxemburg und den Niederlanden nach Jugoslawien.
 
JULI 1991: Stipe Mesic wird nach langem Weigern seitens serbischer Vertreter am 1.7. auf Druck der EG, die am 5.7. ein Waffenembargo für Jugoslawien beschließt, zum Bundespräsidenten gewählt. Nachdem die JVA Mesics Oberbefehl anerkennt, werden die Kampfhandlungen in Slowenien eingestellt; Slowenien lässt gefangene Soldaten der JVA frei. In Slawonien und der „Krajina" liefern sich Serben und Kroaten weiterhin Kämpfe. Am 10.7. plündern serbische Freischärler das Dorf Celije (bei Vukovar) aus, vertreiben die Einwohner und setzen das ganze Dorf in Brand. Am 7.7. wird in Brioni ein Waffenstillstand vereinbart, Slowenien und Kroatien wird von der EG der Verzicht auf die Unabhängigkeit für drei Monate abverlangt. Das Parlament Kroatiens stimmt am 8.7. zu, das Sloweniens und das jugoslawische Staatspräsidium am 12.7. Wenige Tage später treffen erste EG-Beobachter in Slowenien ein, und das Staatspräsidium ordnet den Rückzug der JVA aus Slowenien innerhalb von drei Monaten an. Am 15.7. greift im kroatischen Petrinja, wo bereits serbische Nationalisten die Repräsentanten der Kroaten vertrieben haben, die JVA erstmals die kroatische Nationalgarde an.
AUGUST 1991: Panzer der JVA greifen am 1.8. Dörfer bei Osijek in Kroatien an; nach einem Massaker im Ort Dalj wird die übrige Bevölkerung zusammen mit der aus drei anderen Ortschaften vertrieben. Die JVA errichtet hier zusammen mit den serbischen Tschetniks einen Brückenkopf über die Donau nach Kroatien. Ein von der EG-Troika ausgearbeiteter Friedensplan wird von Serbien zurückgewiesen, da es keinen Krieg führe. Am 6.8. be­schließt die EG darauf Wirtschaftssanktionen, die nach einem weiteren Beschluss gezielt Serbien angedroht wer­den, was auch von den USA unterstützt wird. Trotzdem fuhrt die JVA heftige Angriffe in West-, dann auch Ost­slawonien durch und besetzt Beli Manastir und das Gebiet der Baranja. Am 25.8. wird Vukovar erstmals direkt angegriffen.
september 1991: Nachdem die EG mit Mesic und den sechs Republikvertretern eine Einigung über die Bei­legung des serbisch-kroatischen Konflikts erzielt hat, wird in Belgrad ein Waffenstillstand unterzeichnet, der jedoch gebrochen wird. Unter der Leitung von Lord Carrington wird in Den Haag verhandelt, am 10.9. wird eine Schiedskommission unter dem französischen Verfassungsgerichtspräsidenten Robert Badinter, bestehend aus seinen Amtskollegen aus den EG-Ländern, darunter auch der deutsche Roman Herzog, eingerichtet. Nach JVA-Luftangriffen in Dalmatien und dem kroatischen Befehl vom 14.9., alle JVA-Kasernen zu blockieren, vermittelt Carrington am 17.9. einen weiteren Waffenstillstand, der nicht eingehalten wird. Die JVA, die innerhalb von fünf Tagen 36 Kasernen in Kroatien aufgeben muss, blockiert von Mitte September bis in den Dezember hinein die kroatischen Adriahäfen. In Bosnien-Herzegowina wird am 12.9. die serbische autonome Region „SAO Herzego­wina", am 16.9. die analoge „Bosanska Krajina" und am 17.9. die „Romanija" ausgerufen. In Makedonien wird am 15.9. die Unabhängigkeit proklamiert, nachdem ein von den Albanern boykottiertes Referendum 95 % Zu­stimmung ergeben hat. Im Kosovo wird am 22.9. durch das verbotene Parlament die „Republik Kosova" ausgeru­fen, ein im Alleingang durchgeführtes Referendum Ende September ergibt eine über 90 %ige Zustimmung der Kosovo-Albaner zur Unabhängigkeit bei 87 % Beteiligung. Am 25.9. verabschiedet der UN-Sicherheitsrat mit der Stimme Jugoslawiens die Resolution 713 über ein umfassendes Waffenembargo gegen ganz Jugoslawien. Am selben Tag wird die kroatische Armee aus Polizei und Nationalgarde gebildet, der Generalstab schon am 21.9.
 
oktober 1991: Der aus Vertretern Serbiens, der Vojvodina, des Kosovo und Montenegros bestehende Rest des jugoslawischen Staatspräsidiums übernimmt am 3.10. die Funktionen von Bundesregierung und -parlament. Vorsitzender des Präsidiums wird Branko Kostic. Nachdem viele Gebiete Kroatiens seit Wochen massiven Angrif­fen der JVA und serbischer Freischärler ausgesetzt sind, wird am 6.10. die Mobilisierung angeordnet. Tags darauf wird in Zagreb der Regierungssitz in einem Luftangriff der JVA gezielt mit Raketen beschossen. Nach dem Ab­laufen des EG-Moratoriums setzen Slowenien und Kroatien ihre Unabhängigkeit am 8.10. in Kraft. Am selben Tag beginnt mit der Ernennung von Cyrus Vance zum UN-Sonderbeauftragten für Jugoslawien das UNO-En-gagement. Slowenien führt am 8.10. die Währung Tolar ein, am 26.10. verlassen die letzten JVA-Truppen das Land. Doch die Kämpfe in Kroatien dauern unvermindert an, Tausende Kroaten werden aus Slawonien vertrieben; Dubrovnik wird aus der Luft und vom Meer angegriffen, wertvolle Baudenkmäler werden beschädigt; auch die historischen Villen im Hinterland von Dubrovnik werden verwüstet. In Den Haag wird Carringtons Friedensplan von Serbien und Montenegro abgelehnt. Am 12.10. greift die JVA in der Ostherzegowina an und macht das von Kroaten bewohnte Dorf Ravno (in der mehrheitlich serbischen Region) dem Erdboden gleich. Am 15.10. be­schließt das Republikparlament Bosnien-Herzegowinas, das die Abgeordneten der serbischen SDS bereits verlas­sen haben, in Sarajevo die staatliche Unabhängigkeit. Im Kosovo werden am 21.10. aus den bisherigen Abgeord­neten des Landesparlaments Untergrund-Regierung und -Parlament gebildet. Am 24.10. bilden die bosnischen Serben ein Parlament und eine „Staatsführung" unter dem Präsidenten Radovan Karadzic in Banja Luka. Ende des Monats sprechen sich die Muslime im serbischen Sandzak in einem (illegalen) Referendum in Eigenregie für eine kulturell-territoriale Autonomie aus.
NOVEMBER 1991: Die vierte Konferenz in Den Haag scheitert, da Serbien und Montenegro die Bezeichnung von Slowenien und Kroatien als unabhängige Republiken ablehnen. Am 8.11. kündigt die EG das Handels- und Kooperationsabkommen mit Jugoslawien und friert die Finanzhilfe ein; die Mitgliedschaft Jugoslawiens im Europarat wird am 25.11. suspendiert. 7.11. gibt die kroatische Regierung die Zahl von 460.000 Vertriebenen an. Am 9.11. organisieren die serbischen Nationalisten ein Referendum über einen gemeinsamen Staat der bosnischen Serben mit Serbien, Montenegro und der „Serbischen Republik Krajina" in Kroatien und geben danach 90 % Zustimmung an. Danach entstehen auch autonome kroatische Gebiete in der Herzegowina (Herceg-Bosna, Posavina). Am 15.11. vereinbart die JVA mit Kroatien die Räumung von 40 blockierten Kasernen. In der Nähe von Zadar werden kroatische Bewohner der Dörfer Skabrnja (81) und Nadin (18 ) umgebracht. Am 18.11. wird das durch massiven Beschuss während der 87-tägigen Belagerung vollkommen zerstörte Vukovar von der JVA er­obert; die ca. 14.000 Einwohner von einst 45.000 werden nach Kroatien vertrieben, Hunderte nach Serbien ver­schleppt und in Gefangenschaft genommen. Die serbischen Einheiten ermorden dabei über 260 Insassen eines Krankenhauses, die erst Jahre später aus dem Massengrab Ovcara exhumiert werden können. Kurz zuvor war auch Split wieder von der JVA beschossen worden, ebenso das belagerte Osijek und andere slawonische Städte. Makedoniens Verfassung als unabhängiger Staat tritt am 20.11. nach der Zustimmung durch das Parlament in Kraft. Am 21.11. wird die serbische autonome Region „Nordbosnien" proklamiert. Am 23.11. erreicht Cyrus Vance in Genf die Zustimmung eines Rückzugs der JVA aus Kroatien. Die UN-Sicherheitsrats-Resolution 715 vom 28.11. umfasst friedenserhaltende Truppen für Jugoslawien nach Abschluss eines Waffenstillstandes.
DEZEMBER 1991: Am 4.12. verhängen die USA Sanktionen gegen Jugoslawien, nachdem schon am 2.12. die EG die Wirtschaftssanktionen für kooperative Republiken, nicht jedoch für Serbien und Montenegro aufgehoben hat. Die Forderung der EG nach einem Minderheitenschutz erfüllt das kroatische Parlament am 4.2. Am 8.12. stellt die Badinter-Kommission fest, dass Jugoslawien sich in Auflösung befinde, weshalb die Unabhängigkeitser­klärungen nicht als Sezession anzusehen seien. Die UNO warnt am 15.12. in Sicherheitsrats-Resolution 724 vor der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens und schlägt die Entsendung von Friedenstruppen vor. Nachdem die EG am 17.12. die Anerkennung Sloweniens und Kroatiens bis 15.1.1992 in Aussicht gestellt hat, beschließt die deutsche Regierung am 19.12. die definitive Anerkennung in der gleichen Frist, wenn bis 23.12. ein entsprechen­der Wunsch vorliegt. Serbische Einheiten zerstören am 13.12. den slawonischen Ort Vocin und bringen 32 Be­wohner um. Am 19.12. proklamiert sich die „Serbische Republik Krajina" in Kroatien. Am 20.12. tritt der letzte gesamtjugoslawische Ministerpräsident Ante Markovic zurück, fünfzehn Tage nach dem letzten Staatspräsidiums­präsidenten Mesic. Ende des Monats werden weiterhin kroatische Städte bombardiert. In Slowenien ist mittlerwei­le eine neue Verfassung in Kraft, und nach Zerbrechen der DEMO S-Koalition regiert eine Minderheitsregierung unter Lojze Peterle.
 
Zurück
Oben