Jeder Ausweis eine Schweigepflicht – Wie das Pentagon die Presse an die Sprachfessel legt und warum ausgerechnet Leaks die Öffentlichkeit retten
Mit einem 17-seitigen Papier an die Hauptstadtpresse zieht das Pentagon die Zügel an: Wer weiter über das Verteidigungsministerium berichten will, muss künftig ein Gelöbnis ablegen – und zwar, keine Informationen zu sammeln oder zu verwenden, die nicht „formal zur Veröffentlichung autorisiert“ sind. Selbst wenn sie nicht klassifiziert sind. Wer sich nicht daran hält, verliert die Akkreditierung. Begleitet wird der Schwur von einer neuen Hausordnung, die Reporter durch das Labyrinth des Fünfecks nur noch in Begleitung führt, große Teile der Flure sperrt und die Bewegungsfreiheit der etwa 90 ständigen Pentagon-Journalistinnen und -Journalisten auf wenige, auf Planseiten eingezeichnete Inseln reduziert. Die Sprache der Behörden klingt freundlich: Man bleibe einer „Transparenz verpflichtet, um Rechenschaftspflicht und öffentliches Vertrauen zu fördern“. Der Satz, der den Kern offenlegt, folgt unmittelbar danach: „Informationen müssen vor ihrer Veröffentlichung von einer geeigneten autorisierenden Stelle freigegeben werden – auch wenn sie nicht klassifiziert sind.“ Das ist, juristisch betrachtet, eine Vorzensur. Politisch ist es der Traum eines jeden Apparats, der Angst vor Kontrolle hat.
„Um den Zugang der Presse und die OPSEC (Operationssicherheit) zu gewährleisten, sind die folgenden aktualisierten Sicherheitsmaßnahmen für ansässige und besuchende Pressevertreter erforderlich, um die Möglichkeiten für unbeabsichtigte und unbefugte Offenlegungen bei persönlichen Begegnungen zu verringern.“ – Ob man das auch Hegseth gesagt hat?
Das genaue Lesen der Papiere zeigt, ohne nicht alle 2 Minuten einen Lachanfall zu bekommen, wie umfassend die Fesseln sitzen sollen. Reporter müssen künftig bestätigen, dass schon das „Erwerben oder Nutzen“ nicht autorisierter Informationen zur „sofortigen Suspendierung“ ihres Zutritts führt. Das gilt ausdrücklich nicht nur für Geheimhaltung im klassischen Sinn, sondern auch für die schwammige Kategorie der „Controlled Unclassified Information“ – ein dehnbarer Mantelbegriff für alles, was man im Zweifel lieber nicht gedruckt sähe. Parallel verordnet das Haus neue „Physical Control Measures“: Welche Korridore ohne Begleitung betreten werden dürfen, welche Ringe tabu sind, wo Kameras erlaubt sind, wo Ausweise über der Hüfte sichtbar zu tragen sind – bis hin zu der Auflage, Eigentumsscheine zu beantragen, wenn ein Stativ das Gebäude verlassen soll. Wer gegen die Maßnahmen verstößt, riskiert den Entzug des PFAC-Ausweises, wie das „In-brief for Media Members“ seitenlang doziert.
	
	
		
			
				
			
			
				
				Die Ironie, die sich das Haus nicht bewusst zu sein scheint: Vielleicht sollte das Pentagon hoffen, dass Journalistinnen und Journalisten weiterhin „unauthorisierte“ Informationen weitergeben. Denn die beste öffentliche Quelle war dieser Club nie. Und weil viele in Washington sichtbar...
				
					
						
							
						
					
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