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Balkanreise 1975

Ich bin länger österreichischer Staatsbürger, als die meisten User hier an Lenzen zählen. Im Juni werden es 49 Jahre wo ich in Österreich bin und schon über 45 Jahre die öst. Staatsbürgerschaft besitze.
Wir sollten Grizzly's Thread nicht vollspamen ;)

wow schon fast halbes jahrhundert
 
Ich bin länger österreichischer Staatsbürger, als die meisten User hier an Lenzen zählen. Im Juni werden es 49 Jahre wo ich in Österreich bin und schon über 45 Jahre die öst. Staatsbürgerschaft besitze.
Wir sollten Grizzly's Thread nicht vollspamen ;)

Danke Ivo.
Also SPAM wär das wirklich nicht, was Du zu erzählen hast, einiges davon hab ich ja bei meinem Besuch in Wien mitbekommen. Aber wenn, dann wär wahrscheinlich ein eigener Thread sinnvoller, hier würde es, da hast Du recht, im Moment nicht so richtig hineinpassen.
 
Das Folgende fällt mir erst jetzt ein bzw. war mir vorher nicht klar.

Meine Gastfamilie in Dvor na Uni sprach nie über Nationalitäten, d.h. wer Serbe, Kroate oder sonstwas war. Ich hatte den Eindruck, das war ein Tabuthema bei denen - wie ich drauf kam, weiss ich nicht mehr, und es gibt auch niemanden aus der Familie, den ich jetzt fragen könnte. Vielleicht bildete ich mir das auch ein.

Jedenfalls fragte ich dann auch nie nach, und reimte mir im Kopf mein Eigenes über die Nationalitäten in Jugoslawien zusammen - durchaus fehlerhaft, wie ich heute weiss.

Also, mein Jugoslawien-Bild von 1975 :rolleyes:

In Kroatien leben Kroaten. Die einen von denen sind katholisch, andere sind Atheisten. Die älteren Frauen laufen in Schwarz herum, wie ich das aus Italien kannte. Die Schrift ist lateinisch.

In Bosnien leben Bosnier. Und ein paar Albaner, die Slastičarne betreiben. Die Bosnier sind Muslime (erkennbar an den Minaretten in den Ortschaften) oder Atheisten. Die älteren Frauen, zumindestens auf dem Land, laufen in bunten Pluderhosen herum. Ihre Schrift ist kyrillisch.


Ich sah wohl auch in Dvor Leute, die Zeitungen in Cirilica lasen. Von denen dachte ich, das sind halt Bosnier, die Grenze ist ja nur ein paar Kilometer weiter. Dass ich mich, sowohl in Dvor als auch in Bosanski Novi, in der kroatischen bzw. bosnischen Krajina, also im - damals - mehrheitlich serbisch besiedelten Gebiet befand, ahnte ich nicht.

Bis zum Bosnienkrieg unterlag ich diesem Irrtum. Dass man in Sarajevo Latinica schreibt, erkannte ich erst 1993 durch ein Zeitungsfoto, auf dem ein Schild abgebildet war: PAZI SNAJPER ... :confused:

Noch ein Nachtrag zu meinem verrutschten Jugoslawien-Bild von 1975.
Die Serben, sorry, hab ich vergessen.
Dass es die gibt, wusste ich natürlich.
Aber ich dachte, die wohnen in Serbien, wo sie die kyrillische Schrift und, so sie wollen, die orthodoxe Religion pflegen. Dass um mich herum in Dvor na Uni, Bosanski Novi oder Martin Brod auch welche waren, wusste ich nicht. Haben sich mir auch nicht als solche vorgestellt.
 
An 1975 kann ich mich noch gut erinnern. In dem Jahr wurde ich eingeschult.
 
@ Ivo
Wir hatten (jener Links, wenn man auf's Bild draufschaut, war nicht dabei) in Krk am Strand in unseren Schlafsäcken übernachtet und wurden wegen Vagabundage festgenommen und verbrachten 1 Nacht im Gefängnis.
Vielleicht war das Deklarieren von Wildcampern als Militärgruppe sonst auch nicht üblich, und nur eine Idee von dem pfiffigen Ante.

Ich selber war 1971 zwei Nächte in Rijeka und Postojna; in Rijeka hat mich ein Uniformierter nachts im Park, wo ich, allein in meinen Schlafsack gewickelt, schlief (weil das Dom crvenog križa, das als Jugendherberge fungierte, schon um 22h zu machte) aufgestöbert und mir auf die Frage, ob er meinen Pass sehen wolle, nur laku noć gewünscht.

War wohl eine Frage des Glücks, wie woanders auch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke Ivo.
Also SPAM wär das wirklich nicht, was Du zu erzählen hast, einiges davon hab ich ja bei meinem Besuch in Wien mitbekommen. Aber wenn, dann wär wahrscheinlich ein eigener Thread sinnvoller, hier würde es, da hast Du recht, im Moment nicht so richtig hineinpassen.
Unsere Blog-Funktion wäre das richtige Instrument für solche Threads.
Leider wird die Funktion kaum genutzt.
 
Unsere Blog-Funktion wäre das richtige Instrument für solche Threads.
Leider wird die Funktion kaum genutzt.

Muss ich mir nachher mal anschauen.


Hajdemo dalje ...

Die Verhandlungen mit dem Bauern hatten mit einer Einladung zum Frühstück im Dorf geendet, das natürlich ohne mich stattfinden musste. Ich passte derweil auf die Boote auf, die am Rand des Dorfes (das etwas höher lag als der Fluss) an Land gezogen waren. Leider hatte man vergessen, mich zu instruieren, was ich den neugierigen Kindern sagen sollte. Und so machten sie einen ziemlich misstrauischen Eindruck auf mich (und ich auf sie wohl auch), ganz im Gegeansatz zu dem herzlichen Empfang in Ripać.
Mir fällt dabei ein, dass das kroatische Wort für Deutsche=njemci ähnlich wie in anderen slawischen Sprachen von nijem=stumm abgeleitet ist - und so kam ich mir auch vor.

Zum Glück dauerte das Frühstück nicht lang - die Bootsfahrer meinten hinterher, die Dörfler seien irgendwie seltsam gewesen.
Nach einigem Paddeln erreichten wir Bihać, gingen kurz an Land zwecks Einkaufen und Telefonieren (Irgendjemand hatte doch einen erreichbaren Anschluss) und hüpften dann weiter über Wasserfälle. Kurz vor oder hinter Bihać suchten wir - barfuß mit kurzen Hosen - eine direkt am Fluss gelegene Raststättentoilette auf, mussten dabei quer durchs Restaurant und wurden angestarrt wie Obdachlose, die in den Speisesaal des Hilton eingefallen sind.

Danach ging's durch eine Schlucht, das war Schwerarbeit. Landschaftlich war es wunderschön, die Gegend sah ähnlich aus wie die, wo die Winntetou-Filme in den 60ern gedreht worden waren. Irgendwo an einer Höhle machten wir Rast und bekamen, als wir die Höhle betraten, einen Schreck: Lag da ein Totenschädel vor uns ?
Möglich wär's, denn im und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wurden öfter Opfer der Kriegsparteien in Höhlen entsorgt, wenn sie nicht - von den eigenen Leuten geborgene Partisanen zumindestens - ein Grab da bekamen, wo sie gestorben waren (an der Bahnstrecke um Bihać habe ich mehrere Gräber gesehen). Dieser hier sah allerdings nur aus wie ein Totenschädel von hinten - als wir ihn umdrehten, war's einfach ein Stein.

Abends kampierten wir auf einer Insel in der berechtigten Hoffnung, dass uns diesmal kein Bauer stören würde. Dafür kam auf der anderen Seite der Una mehrmals die Nacht ein Zug durch (im Gegensatz zu heute). Das Dröhnen der schweren Diesellok wurde immer lauter und lauter, bis man das Gefühl bekam, jetzt fährt sie gleich mitten durchs Zelt.
 
Ausser den Güterzügen der Una-Bahn störte niemand unsere Nachtruhe.
Anderntags konnten wir nur kurze Zeit paddeln, dann stand ein Staudamm im Weg. Wir zogen die Boote an Land, und Ante organisierten einen Bauern mit Pferdefuhrwerk, der uns das Ganze 2 km flussabwärts transportierte.

Dann gings über viele Steine durch die nächste malerische Schlucht, bis das Wasser wieder ruhiger wurde und wir wieder im Schlepptau fuhren. Irgendwann fragte Ante zwei am Ufer spielende Kinder, wie weit es noch nach Bosanska Krupa sei. Die antworteten auf Deutsch:
Zwelf Kilometerr !"

Wir kamen danach zu dem Schluss, dass sie meinten, wer so verrückt ist, den Fluss auf Schlauchbooten zu befahren, kann nur aus Deutschland kommen.

In Bosanska Krupa erklärte Ante die Tour für beendet. Auf der weiteren Fahrt bis Bosanski Novi wäre der Fluss völlig ruhig und nur noch Schlepptau-Fahrt mit Motor angesagt gewesen, und das hatten wir jetzt schon mehr als "zwelf Kilometerr" hinter uns. Irgendwann kam ein Šinobus (ähnlich wie der hier unten), in den wir Boote und Gepäck hineinstopften. Währenddessen feierte neben uns eine Clique junger Einheimischer mit Bier und Ziehharmonikagesang. Ante erklärte mir, einer der Leute müsse zum Militär und würde so verabschiedet. Bei uns, so antwortete ich, sei das umgekehrt. Da würde gefeiert, wenn sie das Ganze hinter sich haben.

YouTube - Å inobus u Ozlju


Es folgten noch ein paar unbeschwerte Tage in Dvor, bevor ich mich wieder Richtung Heimat aufmachte. Die Zugfahrt bis zur österreichischen Grenze kostete knapp 10 DM, da lohnte das Trampen nicht. So fuhr mich Stojan in seinem alten Zastava irgendwann morgens bei Dunkelheit nach Bosanski Novi, und am Nachmittag stand ich schon am Ortsrand von Jesenice, wenige Kilometer vor der Grenze und hielt den Daumen raus.

Nach einer Stunde begann es zu regnen. Gerade rechtzeitig vor der völligen Durchfeuchtung hielt ein Renault R4 mit Münchner Nummer - ein Studentenpärchen, die nach ihrem Adria-Urlaub noch ein paar Tage ins Familienferienhaus nach Berchtesgaden wollten.

An der Grenze gab ich der Beifahrerin meinen Pass. Die blätterte drin herum und stolperte über meinen Familiennamen. "Kann es sein, dass Du in München eine Schwester hast, die G. heisst ?"

Es konnte. :D

Die nächsten beiden Tage verbrachte ich in Berchtesgaden.

- ENDE -
 
Grizzly, vielen Dank für das Niederschreiben Deiner Erlebnisse. Du hast das sehr gut geschrieben :app:

Ich muß Dir zustimmen, es war damals wirklich nie ein Thema welcher "Nation" jemand angehörte. Es waren alle in erster Linie Jugoslawen und erst dann, Kroaten, Serben, Bosnier...

Zum Glück habe ich den Thread hier erst heute entdeckt, konnte alles in einem Rutsch durchlesen und musste nicht langwierig auf die Fortsetzungen warten :D
 
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