danijel.danilovic
Danijel.Danilovic
Wenn ein Himmelskörper erlischt
19. April 2009, 18:29
Dem serbischen Fußballklub Roter Stern Belgrad fehlt das Geld für warmes Wasser
Belgrad - Es war einmal ein Roter Stern. Der Champion von 1991, der mit dem schönsten Klubfußball Europa begeisterte, sich den Europacup der Landesmeister und den Weltpokal holte. Es war einmal ein mächtiger Klub, dessen Stadion 100.000 Menschen füllten und der große Spieler produzierte. In "Crvena Zvezda" , nach dem brasilianischen Vorbild auch "Marakana" genannt, kickten Dejan Savićević, Siniša Mihajlović, Dragan Stojković, Robert Prosineèki und Dejan Stanković.
Heute müssen völlig unbekannte Spieler nach dem Training mit kaltem Wasser duschen, weil der Klub die Stromrechnung nicht bezahlt hat. Seit Jahresbeginn haben sie kein Gehalt bekommen, manche haben nicht einmal Geld für ihre Miete. Ein Ghanaer und ein Südafrikaner wollten deshalb weg, der Direktor von Roter Stern fasste sie gerade noch vor der Passkontrolle am Belgrader Flughafen.
Ein Witz sagt alles über den Zustand des einst größten serbischen Fußballklubs aus: Warum spielt der Kapitän, Nenad Milijaš, so viel besser für das Nationalteam als für seinen Arbeitgeber? Weil er vom serbischen Verband drei Mahlzeiten am Tag bekommt. Tatsächlich sind viele Spieler pleite. Das Restaurant "Avala" hat ihnen angeboten, sie gratis durchzufüttern, solange die Krise dauert.
Das könnte sich aber hinausziehen. Nach großem Druck der Öffentlichkeit und vor allem der Fans gab die Direktion bekannt, dass Roter Stern Schulden in der Höhe von 28 Millionen Euro hat. Die serbischen Tycoons, die Interesse an einem Kauf gezeigt hatten, haben wegen der Wirtschaftskrise selbst Geldsorgen. Zusätzlich erschwert die Lage, dass in Serbien ein Gesetz über die Privatisierung von Sportvereinen noch immer nicht verabschiedet worden ist. Man befindet sich in einer rechtlichen Grauzone.
Das Management hat in den vergangenen zehn Jahren den einst reichen Roten Stern zugrunde gerichtet. Talentierte Spieler wurden nur mit dem Ziel erworben, sie sofort wieder ins Ausland zu verkaufen. Eine im Europacup konkurrenzfähige Mannschaft konnte gar nicht entstehen. Die satten Transfererlöse landeten wohl auf privaten Konten, der Klub verschuldete sich aber immer mehr.
Die Legende des jugoslawischen Fußballs und langjähriger Direktor von Roter Stern, Dragan Džajić, wurde wegen Veruntreuung und Steuerhinterziehung angeklagt. Als er vorübergehend aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, beantragte er die Staatsbürgerschaft des benachbarten Montenegro. Er bekam sie. In Serbien wird derzeit ein Prozess gegen die sogenannte "Konkursmafia" geführt. Das Management von staatlichen Unternehmen und Justizbeamte wurden angeklagt, absichtlich Firmen in den Konkurs getrieben zu haben, um sie für einen Spottpreis kaufen zu können. Einen ähnlichen Verdacht schöpft man auch im Fall Roter Stern.
Die Sportanlage mit dem riesigen Stadion befindet sich auf einem 16.000 Quadratmeter großen Gelände im Belgrader Nobelbezirk Dedinje. Die Fans wollen ihrem vergötterten Klub unter die Arme greifen und Mitgliedsbeiträge sammeln: zehn Euro für Erwachsene, fünf für Minderjährige. Doch wehe, wenn nichts geschieht. Ausschreitungen im Stadion sind bereits Normalität geworden. (Andrej Ivanji aus Belgrad, DER STANDARD Printausgabe, Montag, 20. April 2009)
derStandard.at
19. April 2009, 18:29
Dem serbischen Fußballklub Roter Stern Belgrad fehlt das Geld für warmes Wasser
Belgrad - Es war einmal ein Roter Stern. Der Champion von 1991, der mit dem schönsten Klubfußball Europa begeisterte, sich den Europacup der Landesmeister und den Weltpokal holte. Es war einmal ein mächtiger Klub, dessen Stadion 100.000 Menschen füllten und der große Spieler produzierte. In "Crvena Zvezda" , nach dem brasilianischen Vorbild auch "Marakana" genannt, kickten Dejan Savićević, Siniša Mihajlović, Dragan Stojković, Robert Prosineèki und Dejan Stanković.
Heute müssen völlig unbekannte Spieler nach dem Training mit kaltem Wasser duschen, weil der Klub die Stromrechnung nicht bezahlt hat. Seit Jahresbeginn haben sie kein Gehalt bekommen, manche haben nicht einmal Geld für ihre Miete. Ein Ghanaer und ein Südafrikaner wollten deshalb weg, der Direktor von Roter Stern fasste sie gerade noch vor der Passkontrolle am Belgrader Flughafen.
Ein Witz sagt alles über den Zustand des einst größten serbischen Fußballklubs aus: Warum spielt der Kapitän, Nenad Milijaš, so viel besser für das Nationalteam als für seinen Arbeitgeber? Weil er vom serbischen Verband drei Mahlzeiten am Tag bekommt. Tatsächlich sind viele Spieler pleite. Das Restaurant "Avala" hat ihnen angeboten, sie gratis durchzufüttern, solange die Krise dauert.
Das könnte sich aber hinausziehen. Nach großem Druck der Öffentlichkeit und vor allem der Fans gab die Direktion bekannt, dass Roter Stern Schulden in der Höhe von 28 Millionen Euro hat. Die serbischen Tycoons, die Interesse an einem Kauf gezeigt hatten, haben wegen der Wirtschaftskrise selbst Geldsorgen. Zusätzlich erschwert die Lage, dass in Serbien ein Gesetz über die Privatisierung von Sportvereinen noch immer nicht verabschiedet worden ist. Man befindet sich in einer rechtlichen Grauzone.
Das Management hat in den vergangenen zehn Jahren den einst reichen Roten Stern zugrunde gerichtet. Talentierte Spieler wurden nur mit dem Ziel erworben, sie sofort wieder ins Ausland zu verkaufen. Eine im Europacup konkurrenzfähige Mannschaft konnte gar nicht entstehen. Die satten Transfererlöse landeten wohl auf privaten Konten, der Klub verschuldete sich aber immer mehr.
Die Legende des jugoslawischen Fußballs und langjähriger Direktor von Roter Stern, Dragan Džajić, wurde wegen Veruntreuung und Steuerhinterziehung angeklagt. Als er vorübergehend aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, beantragte er die Staatsbürgerschaft des benachbarten Montenegro. Er bekam sie. In Serbien wird derzeit ein Prozess gegen die sogenannte "Konkursmafia" geführt. Das Management von staatlichen Unternehmen und Justizbeamte wurden angeklagt, absichtlich Firmen in den Konkurs getrieben zu haben, um sie für einen Spottpreis kaufen zu können. Einen ähnlichen Verdacht schöpft man auch im Fall Roter Stern.
Die Sportanlage mit dem riesigen Stadion befindet sich auf einem 16.000 Quadratmeter großen Gelände im Belgrader Nobelbezirk Dedinje. Die Fans wollen ihrem vergötterten Klub unter die Arme greifen und Mitgliedsbeiträge sammeln: zehn Euro für Erwachsene, fünf für Minderjährige. Doch wehe, wenn nichts geschieht. Ausschreitungen im Stadion sind bereits Normalität geworden. (Andrej Ivanji aus Belgrad, DER STANDARD Printausgabe, Montag, 20. April 2009)
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