das kann man nur begrüßen
Ja. Eine derartige Vorgangsweise wie Putins Sündenfall auf der Krim entspricht nicht europäischen Regeln.
Bei seinem Vorgehen kann sich Russland auf keinen Präzedenzfall in der jüngeren europäischen Geschichte berufen. Das gilt auch für das Kosovo, das von der russischen Propaganda und ihren Nachbetern im Westen gerne als Beispiel dafür bemüht wird, dass der Westen seinerseits willkürlich Staaten zerstückelt habe. In Wahrheit ist dieser Fall jedoch völlig anders gelagert als das Problem der Krim.
Der Intervention der Nato 1999 waren massive Übergriffe serbischer Truppen auf die kosovarische Zivilbevölkerung vorausgegangen, die Massenfluchtwellen auslösten und eine humanitäre Katastrophe befürchten ließen. Ähnliches hat auf der Krim nicht ansatzweise stattgefunden.
107 Staaten für die Unabhängigkeit des Kosovo
Zwar handelte die Nato damals ohne formelles UN-Mandat, doch ihrem Eingreifen waren langwierige und intensive Verhandlungen mit der serbischen Regierung über die Beilegung des mörderischen Konflikts im Kosovo vorausgegangen, etwa auf der Konferenz von Rambouillet. Auch zielte die Intervention keineswegs auf die Abtrennung und Einverleibung des Kosovo in einen anderen Staat.
Vielmehr verblieb die Provinz nach dem Abzug der serbischen Armee formell unter der staatlichen Hoheit Serbiens und wurde unter die Verwaltung nicht etwa eines einzelnen oder mehrerer fremder Staaten, sondern der Vereinten Nationen gestellt. Die Anwesenheit internationaler Schutztruppen wurde durch UN-Resolutionen legitimiert.
Die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo erfolgte erst knapp zehn Jahre später, nachdem zahlreiche Versuche gescheitert waren, zu einer Festlegung des völkerrechtlichen Endstatus des Landes im Einvernehmen mit der serbischen Regierung zu gelangen. Dabei war die Proklamation des Kosovo zum selbstständigen Staat kein willkürlicher Alleingang der Kosovaren, sondern durch einen breiten Konsens in der internationalen Gemeinschaft gedeckt. 107 von 192 Staaten erkannten den neuen Staat an. Und die Etablierung seiner staatlichen Selbstständigkeit hatte die Gewährung weitestgehender Autonomierechte für die mehrheitlich von Serben bewohnten Gebiete durch die kosovarische Regierung zur Bedingung.
Ähnlichkeiten mit dem Fall Zypern
Am Vorgehen des Westens im Kosovo gibt es gewiss eine Vielzahl berechtigter Kritikpunkte. Als Blaupause für die willkürliche Annexion eines Teils des Staatsgebietes eines unabhängigen Nachbarstaats kann es jedoch auf keinen Fall herhalten. Eher schon lassen sich im Fall Zyperngewisse Parallelen mit der Entwicklung auf der Krim feststellen. Dort besetzte die türkische Armee 1974 den mehrheitlich türkisch besiedelten nördlichen Landesteil und führte damit de facto die Teilung des Inselstaats herbei.
Diese wurde 1983 mit der Proklamation einer Türkischen Republik Nordzypern besiegelt. Doch dieses Gebilde wird bis heute von keinem Staat der Welt außer der Türkei anerkannt. Allerdings konnten die Türken, im Gegensatz zu Putins Russland, für ihre einhellig als völkerrechtswidrig betrachtete Invasion immerhin so etwas wie eine rationale Begründung anführen: Ihrem Einmarsch ging nämlich ein Putschversuch von griechisch-nationalistischen Militärs voraus, die einen Anschluss der gesamten Republik Zypern an Griechenland herbeiführen wollten.
Ein Annexionsversuch wurde gewissermaßen durch eine De-Facto-Annexion gekontert. 2004 scheiterte im übrigen der Versuch der EU, per Referendum in beiden Landesteilen eine Wiedervereinigung herbeizuführen, bemerkenswerterweise an der Ablehnung der griechischen, nicht der türkischen Bevölkerung, welche ihr mehrheitlich zustimmte.
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article126345907/Wann-darf-sich-ein-Landesteil-abspalten.html