War es das Wert, die ganze Ukraine wegen einer Krim zu verlieren ?
Am liebsten würde Putin das rückgängig machen aber das geht nicht mehr.
Die Baltischen und Skandinavischen Länder haben auch extrem aufgerüstet.
Die Annexion der Krim war wie die Schlacht von Stalingrad, aber ohne einen einzigen Verlust.
"Zur geostrategischen Bedeutung der Krim hat sich schon vor Jahren Zbigniew Brzezinski geäußert, der ehemalige Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter und bis heute eine der grauen Eminenzen der Washingtoner Außenpolitik. Die Abspaltung der Ukraine im Jahr 1991 habe Moskau nicht nur allgemein geschwächt, sondern es auch »seiner dominanten Stellung am Schwarzen Meer beraubt«, schrieb Brzezinski 1997 in seinem Klassiker »The Grand Chessboard« (deutsch: Die einzige Weltmacht).
Das Schwarze Meer sei jedoch für Rußland hochwichtig, nicht nur »für den Handel mit der Mittelmeerregion und der Welt jenseits davon«, sondern auch als »Ausgangspunkt für die Projektion russischer Marinemacht in die Mittelmeerregion«. In der Tat: Die russischen Häfen am Polarmeer und an der Ostsee sind viel zu weit entfernt, um als Basis für Marineoperationen im Mittelmeer dienen zu können. Die Krim, weit vorgeschoben in Richtung Bosporus, kann das mit ihrem Hafen in Sewastopol aber durchaus. Dort hat denn auch die russische Schwarzmeerflotte ihren Hauptstützpunkt – und zwar seit ihrer Gründung im Jahr 1783.
In der Zeit der Systemkonfrontation konnte die Sowjetunion sich auf ihre starke Stellung im Schwarzen Meer stets verlassen; nur das NATO-Mitglied Türkei bildete ein Gegengewicht an der südlichen Küste. Dies änderte sich ab 1991 dramatisch. Als Brzezinski »The Grand Chessboard« schrieb, hielt er bereits fest,
Rußland verfüge nur noch »über einen schmalen Küstenstreifen am Schwarzen Meer« und müsse darüber hinaus mit Kiew über die Stationierung der Reste seiner Schwarzmeerflotte verhandeln. Hinzu kam, daß die Schwarzmeeranrainer Rumänien und Bulgarien sich anschickten, in die westlichen Bündnissysteme überzugehen. Nachdem es dem Westen gelungen sei, »seine Agenda der neunziger Jahre umzusetzen«, könne er es »sich nun leisten, seinen geopolitischen Horizont auszuweiten«, erklärte Ronald D. Asmus, ein ehemaliger hochrangiger Diplomat des US-Außenministeriums, im Juni 2004 in der Zeitschrift Internationale Politik. Asmus teilte auch mit, worum es ihm ging. Die Schwarzmeerregion sei nicht nur ein »Punkt an der Peripherie der europäischen Landmasse«, sondern »ein Kernelement des strategischen Hinterlands des Westens« – die »Nahtstelle zwischen der transatlantischen Gemeinschaft und dem ›Größeren Nahen Osten‹«. Washington betrachtete in den Jahren, in denen es noch auf Triumphe in Afghanistan, im Irak und darüber hinaus hoffte, das Schwarze Meer gleichsam als Etappe, als zu stabilisierende Brücke aus dem sicheren europäischen Westen nach Nah- und Mittelost.
Entsprechend resümierte eine Analyse der Bertelsmann-Stiftung rückblickend im Jahr 2010, nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hätten die Vereinigten Staaten »ihre geostrategischen Interessen in der Region neu bewertet und ihrer Strategie eine militärische Dimension hinzugefügt«.
Rasch wurden damals die NATO-Beitritte Rumäniens und Bulgariens (2004) durchgepeitscht, und es folgte eine Debatte über die Aufnahme zweier weiterer Schwarzmeeranrainer, Georgiens und der Ukraine, in das westliche Kriegsbündnis. Deren Folge wäre die fast vollständige Kontrolle des Schwarzen Meers durch die NATO gewesen. In diesem Fall scheiterte Washington allerdings am Widerstand Berlins, denn die Bundesrepublik sieht Osteuropa und den Kaukasus als ihr eigenes nationales Interessengebiet und war bereits mit dem über die NATO vermittelten massiven US-Einfluß in Rumänien und Bulgarien recht unzufrieden. Die Einigkeit des Westens reichte allerdings noch weit genug, um mit der »Orangen Revolution« von Ende 2004 eine prowestliche Regierung in der Ukraine durchzusetzen, die sich prompt daran machte, ein zentrales Element des russischen Einflusses im Schwarzen Meer zu unterminieren: Die Schwarzmeerflotte dürfe auf Dauer nicht in Sewastopol stationiert bleiben, forderte schon im April 2005 der soeben erst ins Amt gelangte prowestliche Außenminister Boris Tarasjuk.
Auseinandersetzungen zwischen Moskau und Kiew um die Schwarzmeerflotte waren denn auch während der Amtszeit des prowestlichen Präsidenten Wiktor Juschtschenko immer wieder virulent; und Moskau war heilfroh, als es den bis 2017 gültigen Stationierungsvertrag im Jahr 2010 mit dem soeben neu ins Amt gelangten Wiktor Janukowitsch bis 2042 verlängern konnte. Hinweise, denen zufolge auch die neue Umsturzregierung von Arsenj Jazenjuk die Frage der russischen Schwarzmeerflotte angehen wollte, sind plausibel. Da Kiew aber die Krim nicht mehr unter Kontrolle hat, spielt das womöglich keine Rolle mehr.
Spaltet sich die Krim – unter enger Anlehnung an Moskau – von der Ukraine ab, dann wäre nicht nur mit dem Stützpunkt Sewastopol ein russisches Gegengewicht gegen die NATO-Expansion im Schwarzen Meer auf lange Sicht gesichert. Rußland könnte auch seine Marineaktivitäten im Mittelmeer problemlos ausweiten, um, wie es der Marineexperte Klaus Mommsen kürzlich im Gespräch mit der Deutschen Welle formulierte, »dieses Gebiet nicht der US-amerikanischen Navy« zu überlassen. Das Mittelmeer spiele »in der russischen Außenpolitik eine große Rolle«, hielt Mommsen fest – eine Einschätzung, die nicht zuletzt der Syrien-Krieg bestätigt. Freilich benötigt Moskau, um dort tätig zu werden, sein »Sprungbrett in Richtung Süden, also hin zum Mittelmeer und Nahen Osten« (Mommsen) – die Krim."
http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Ukraine1/krim5.html