[h=2]Muslimische Flüchtlinge Die falschen Freunde der Rohingya[/h]
Von Erdogan über Khamenei bis Kadyrow: Zahlreiche muslimische Autokraten missbrauchen das Leid der Rohingya, um sich selbst als Wohltäter zu inszenieren. Das Kalkül dahinter ist offensichtlich.
Von
Christoph Sydow
Fotos
REUTERS
Donnerstag,
14.09.2017 11:04 Uhr
Jetzt also auch noch
al-Qaida: "Es ist unsere religiöse Pflicht, unseren muslimischen Brüdern in Burma zu helfen", teilt die Führung der Terrororganisation in einer Botschaft an ihre Anhänger mit. "Sie brauchen jede Form der Unterstützung - Geld, Medizin, Nahrungsmittel, Kleidung, Waffen."
Seit der Konflikt zwischen der muslimischen Minderheit der
Rohingya und der Armee in
Burma Ende August eskaliert ist, überschlagen sich Staatsmänner, Prominente und Terrororganisationen in der islamischen Welt mit Solidaritätsbekundungen für die Verfolgten. Rund 400.000 Muslime sind in den vergangenen Wochen aus Burma ins benachbarte Bangladesch geflohen, die Vereinten Nationen bezeichnen das Vorgehen des Militärs gegen die Zivilbevölkerung als
"ethnische Säuberungen wie aus dem Lehrbuch".
Dass die Rohingya also humanitäre Hilfe und politische Unterstützung brauchen, ist unbestritten. Gleichwohl nutzen autoritäre Herrscher und militante Gruppen die Krise, um sich selbst zu profilieren, sich als Wohltäter zu inszenieren und von eigenen Verbrechen abzulenken. Der Hilfsappell von al-Qaida ist dafür nur das krasseste Beispiel.
Frau Erdogan als Flüchtlingshelferin
Der türkische Präsident
Recep Tayyip Erdogan tut sich mal wieder besonders hervor. Er war der erste ausländische Staatschef, der Ende August auf die katastrophale Lage aufmerksam machte. Seine Anhänger starteten eine Social-Media-Kampagne mit dem Hashtag #SaveRohingya. Bei dieser ging es jedoch nicht nur darum, den Opfern von Flucht und Vertreibung zu helfen. Mindestens ebenso wichtig war es, Erdogan als Schutzpatron der bedrohten Muslime zu inszenieren.
AFP PHOTO / TURKISH PRESIDENTIAL PRESS SERVICE
Emine Erdogan mit geflüchteten Rohingya in Bangladesch
In der vergangenen Woche besuchte die Frau des türkischen Staatschefs, Emine Erdogan, geflüchtete Rohingya in Bangladesch. Sie verteilte Essen, schüttelte Hände, tröstete Kinder. Von Ankara aus versprach ihr Gatte Recep, seine Regierung sei bereit, "sichere Zeltlager" für die Flüchtlinge zu bauen, sollte die Regierung von Bangladesch das zulassen.
Willkommener Nebeneffekt dieser PR-Offensive: Niemand spricht mehr darüber, dass die Türkei selbst ihre eigene Grenze nach Syrien nahezu vollständig abgeriegelt und mit einer Mauer gesichert hat und seit Monaten praktisch keine syrischen Kriegsflüchtlinge mehr ins Land lässt. Während die First Lady in Bangladesch öffentlichkeitswirksam Flüchtlingen hilft,
müssen syrische Flüchtlinge an der türkischen Grenze fürchten, von Erdogans Soldaten erschossen zu werden.
Kadyrow testet Putin
Ein weiterer Despot, der das Leid der Rohingya für seine eigenen Zwecke instrumentalisiert, ist
Ramsan Kadyrow, Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Der Diktator, der sonst weder Presse- noch Meinungsfreiheit zulässt, ließ in Grosny Tausende Demonstranten zu einer Solidaritätskundgebung für die Rohingya aufmarschieren. Kadyrow selbst sagte in einem Video:
"Ginge es nach mir, würde ich eine Atombombe über Burma abwerfen."