Wie immer viele große Worte, keine leichte Kost. 2 Dinge nur als Anmerkung:
Die Yugo-Nostalgija samt Tito-Revival ist viel unpolitischer, als es scheint. Wir alle wissen ja, daß früher alles besser war (und das war schon immer so und am besten war es bei Adam und Eva im Paradies). Zu Titos Zeiten erlebte Jugoslawien einen wirtschaftlichen Aufschwung (wenn auch zum großen Teil kreditfinanziert, aber das hat die Bevölkerung ja nicht so gemerkt) und es ging "voran". Man hatte Arbeit, ein Häuschen, vielleicht ein kleines Auto und lebte einigermaßen gut zusammen. Es war bescheiden, aber ganz gemütlich, wenn man nicht aufbegehrte. Dann kam die Krise, der Zerfall, der Krieg. Tausende sind tot, verkrüppelt und/ oder traumatisiert, das mühsam erbaute Haus war ein rauchender Trümmerhaufen und ehemalige Nachbarn sind zu Feinden geworden. Man muß nicht Kommunist oder Titoist sein, um zu der Ansicht zu gelangen, daß es früher besser war, auch wenn damals vieles gar nicht sooo toll gewesen ist. Wer in den 70er und 80er Jahren im Ausland geackert hat um in seinem Urlaub ein Häuschen fürs Alter zu bauen und jetzt mit leeren Händen dasteht ist zu Recht verbittert, da nützt ihm die nationale Selbstbestimmung auch nichts. Und wer in meinem Alter ist und seine jungen Erwachsenenjahre im Krieg vergeudet hat, statt einen Beruf zu erlernen und eine Familie zu gründen, ist genauso ins Knie gef...t, bloß mit dem Unterschied, daß er noch vielleicht die Chance hat, etwas neues aufzubauen und das Verpaßte nachzuholen. Auch wenn es in vielen Gegenden unter den herrschenden Umständen nicht einfacher geworden ist. Das war nach dem III. Reich so und jetzt in weiten Bevölkerungsschichten in der ehemaligen DDR so und eben auch in der ehemaligen Sowjetunion. Freiheit ist eben die Möglichkeit, etwas zu machen, aber eben auch dabei auf die Schnauze zu fallen. Im Sozialismus mangelte es an Freiheit, aber er bot Sicherheit. Viele kommen mit der neuen Welt eben einfach nicht klar.
Der Zerfall der UdSSR ist die größte geopolitische Katastrophe. Ja, stimmt. Mit allen ihren Unzulänglichkeiten hat die UdSSR für stabile Verhältnisse gesorgt. Ihr Zerfall hat erstens zahllose ethnische Konflikte an die Oberfläche gespült, die zum großen Teil eben auch mit Gewalt ausgetragen werden. Mir ist kein einziger Teilstaat der ehem. Sowjetunion bekannt, in dem es stabile politische und wirtschaftliche Verhältnisse gibt und wenn, dann nur aufgrund eines eklatanten Demokratiemangels. Am besten hat es allenfalls noch die baltischen Staaten erwischt.
Mindestens ebenso schlimm ist allerdings, daß es keine 2. Weltmacht mehr gibt, die es mit den USA aufnehmen kann. Die Amtszeit von George Bush jr. hat einen kleinen Vorgeschmack darauf gegeben, was das bedeuten kann- und es hätte durchaus auch noch schlimmer kommen können.
Nicht zuletzt deshalb wird es allerhöchste Zeit, daß aus dem zerstrittenen Haufen EU die Vereinigten Staaten von Europa werden und man sich endlich zusammenrauft, denn ich sehe im Moment niemanden, der dieses Machtvakuum sonst auffüllen könnte. Da nützt uns dann auch unsere ganze nationale Selbstbestimmung nichts, weil es in einer Welt von Großmächten wie USA, Rußland, China oder Indien einfach niemanden interessiert, was ein paar Millionen Kroaten, Serben, Ungarn, Albaner oder Deutsche denken und wollen.
Man sieht es ja bereits jetzt: in Den Haag stehen Leute vor Gericht, die es sicher verdient haben, aber sie stehen nur deshalb da, weil ihre Heimatstaaten zu schwach sind sie zu schützen. (Ist in diesem Fall ja auch richtig so.) Die Frage ist aber: Wann beginnen die Prozesse gegen die Herren Bush, Putin u.a.? Und die Antwort lautet: nie. Weil diese Staaten sich einfach die Freiheit nehmen können, das Gericht nicht anzuerkennen und niemand kann sie gewaltsam inhaftieren.