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FPÖ (Un)Wahrheiten, Hetze und Märchen

Gescheitert an der Regierungsbildung: Wie Kickls Wahlversprechen an der Wirklichkeit zerschellten
Die schlechte Wirtschaftslage Österreichs macht das Regieren unattraktiv, der FPÖ-Chef hätte seine vollmundigen Wahlversprechen nicht umsetzen können, sondern rigoros sparen müssen

Wer auch immer Österreichs künftig regiert: Der Job wird nicht wahnsinnig lustig werden. Das Land steckt in der längsten Rezession der Nachkriegsgeschichte fest. 2023 und 2024 ist die Wirtschaftsleistung rückläufig gewesen, die Arbeitslosigkeit hat zuletzt merkbar zugelegt. Inzwischen mehren sich die Anzeichen dafür, dass es mit einem raschen Aufschwung auch in naher Zukunft nichts werden wird. Ein Déjà-vu: Schon für das vergangenen Jahr hatten die heimischen Ökonomen eigentlich eine Erholung vorhergesagt. Diese Erwartungen wurden dann aber Stück für Stück nach unten revidiert, bis nichts mehr vom Plus übrig geblieben ist.

 
FPÖ TV? Kickl kapert mit seiner Rede den ORF-Hauptabend
Dass der ORF Kickls lange Rede bis kurz vor Schluss zeigte, sorgt für Kritik. Puls 24 drehte den FPÖ-Chef nach sechs Minuten ab und verwies auf den Livestream

Den ORF braucht und vor allem will Herbert Kickl ja nicht mehr allzu oft, schließlich hat er etwa mit FPÖ TV seine eigenen Medien, wo er ungefiltert seine Botschaften verbreiten kann. Am Mittwoch war es allerdings wieder einmal so weit. Da wollte er sich die große Bühne nicht entgehen lassen, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet und die er nun nicht wie angekündigt als Kanzler zusammenstutzen kann.

So setzte der FPÖ-Chef seine Erklärung zum Scheitern der Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP genau um 20.15 Uhr an und konnte sich damit eines großen Publikums sicher sein. Der ORF zeigte seine Rede beinahe in voller Länge*. Am Ende waren es knapp 34 von insgesamt 35 Minuten. Die letzte Minute sowie die Fragen der Journalistinnen und Journalisten im Anschluss schafften es nicht mehr ins Bild. 849.000 Zuseherinnen und Zuseher sahen laut Teletest in ORF 2 durchschnittlich zu.

 
Kickl "im Abseits", mit "erschreckenden inhaltlichen Forderungen"
Aus Kommentaren internationaler Medien zum Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen der FPÖ und der ÖVP

"Sie hätten sich zu unterwerfen, gab (FPÖ-Chef Herbert) Kickl den Konservativen sinngemäß zu verstehen, obwohl sein Vorsprung bei der Wahl keineswegs riesig war. Was er damit meinte, wurde in den vergangenen zehn Tagen deutlich. Er sah nicht nur alle wichtigen Ministerien für die FPÖ vor. (...) Erschreckender waren die inhaltlichen Forderungen, die Kickl laut den publik gewordenen Verhandlungsprotokollen stellte. Die FPÖ verweigerte laut diesen unter anderem ein Bekenntnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention, zur Rechtsprechung internationaler Gerichte sowie zur historischen Verantwortung gegenüber Israel. Sie verlangte die Legalisierung völkerrechtswidriger Pushbacks an den EU-Außengrenzen, eine Überprüfung der Russland-Sanktionen und eine orthodoxere Neutralitätspolitik.

All das sind Punkte, welche die selbsterklärte Europapartei ÖVP nicht mittragen kann. Sie stellen die Westorientierung der Republik infrage, ja das von Kickl vielkritisierte 'System', das die Konservativen zusammen mit den Sozialdemokraten seit 1945 aufgebaut haben. Hätte die ÖVP das akzeptiert, wäre es einer Selbstverleugnung gleichgekommen." Neue Zürcher Zeitung, Schweiz

 
Geht Herbert Kickl gestärkt aus den geplatzten Verhandlungen?
Wird Kickl als "unbeugsamer Kämpfer" oder als machthungriger Möchtegern-"Volkskanzler" in die Geschichte eingehen? Das hängt auch von allen anderen Parteien ab

 
„Kickl ist immer im Wahlkampfmodus“
FPÖ-Chef Herbert Kickl hat sein Ziel, ins Kanzleramt einzuziehen, nicht erreicht. Wo bei anderen Parteien eine Obmanndebatte losbrechen würde, dringt aus der FPÖ keine Kritik nach außen. Das Platzen der Koalitionsgespräche mag für Kickl ein Rückschlag gewesen sein, meint der Politikberater und FPÖ-Kenner Thomas Hofer im Gespräch mit ORF.at. Doch sei er ohnehin „immer im Wahlkampfmodus“ und schicke seinen Zielgruppen die stimmige Botschaft, der FPÖ-Linie treu geblieben zu sein. Als mahnendes Beispiel diene ihm dabei ausgerechnet der früher SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer.

Mehr als eine halbe Stunde lang erklärte Kickl am Mittwoch Punkt für Punkt, wieso es aus seiner Sicht richtig gewesen sei, die Verhandlungen mit der ÖVP zu beenden. Dabei sparte er – trotz Danksagung an sein ÖVP-Gegenüber Christian Stocker – nicht mit Kritik an der Volkspartei. Ihr sei es um Macht und Posten gegangen, der FPÖ hingegen um ihre Grundsätze. Er habe im Sinne seiner Wählerinnen und Wähler Linie gehalten, selbst um den Preis der Kanzlerschaft.


Was man nicht so alles als Wahlkampfmodus nennt.
 
Für Rechts-außen ist die "Weltelite" schuld an Kickls Scheitern
In der FPÖ herrsche ein "Jetzt erst recht"-Moment, sagen Insider. Wie lange der anhält, ist unklar

Wer ist schuld daran, dass Herbert Kickl nicht der erste blaue Kanzler Österreichs geworden ist? Für seine treuen Anhänger in FPÖ-nahen Kanälen ist klar: Es waren die "Globalisten", eine undefinierbare Weltelite mit langem Arm nach Österreich, zu dem definitiv die EU und internationale Organisationen wie die Weltgesundheitsagentur zählen.

Auch Kickl selbst sprach in seiner langen Rede am Mittwochabend davon, dass Österreich "kein Filialbetrieb einer Brüsseler Konzernzentrale" sei und man sich nicht den EU-Institutionen "unterwerfen" werde. Der EU-Abgeordnete Gerald Hauser bezeichnete die ÖVP gar als "Globalisten in Lederhosen".

 
Bisher nur FPÖ-TV geschaut: Kickl erfährt erst heute, dass er 29 statt 92 % hatte
Blau-Schwarz ist gescheitert. Insider machen dafür vor allem die überzogenen FPÖ-Forderungen verantwortlich. Doch heute früh machte Herbert Kickl eine schockierende Entdeckung: Offenbar erzielte er am Wahltag nicht 92 %, sondern nur 29. Hat ihn FPÖ-TV falsch informiert?

PURKERSDORF – Der Tag danach. Ernüchtert schleicht Kickl nach einer durchgeweinten Nacht ins Esszimmer. Seine Frau hebt ihn in seinen Hochstuhl, tauscht seine Kaffeetasse mit der Aufschrift „Volkskanzler“ gegen eine neue mit dem Slogan „Oppositionsdaddy“ aus und blickt ihn abschätzig an.

„Mah, was für ein Tag. Ich will jetzt bitte ein Omelette mit Champignons und danach Pancakes mit Ahornsirup“, sagt Kickl. „Du hast da gar nix mehr zu melden, bring den Müll raus und ich will nimmer, dass du bis 3 Uhr früh Hitler-Dokus auf YouTube schaust, wenn i schlafen will“, schreit seine Frau und stellt ihm eine Schüssel kalten Haferschleim hin.

Doch der FPÖ-Chef will sich weder privat noch beruflich geschlagen geben. „Na gut, dann beschließen wir mit unserer Mehrheit im Parlament eben Neuwahlen, und dann kriegen wir 99 %. Vielleicht sieht dann auch die letzte der elendigen Systemmaden der korrupten Volkseinheitspartei ein, dass ich nur ihr Bestes will“, lächelt Kickl entspannt. Er klingt heute versöhnlicher als noch vor wenigen Tagen.

 
POLITIKER-ENKEL VERHAFTET
Neonazi-Komplott: Riesiges Waffenlager in Jagdhütte entdeckt
Ein Waffenfund im Waldviertel sorgt für Entsetzen: Sicherheitsbehörden zerschlagen ein Netzwerk mutmaßlicher Verschwörer. Wie geht es jetzt weiter?

Ein dramatischer Schlag der Sicherheitsbehörden erschütterte das niederösterreichische Waldviertel. In einer spektakulären Aktion gegen mutmaßliche Verschwörer stießen die Beamten auf ein massives Waffenlager in einer Burgruine. Die „Kronen Zeitung“ berichtete, dass 30 Kilogramm Munition sichergestellt wurden. Seit November 2024 ermitteln internationale Behörden gegen die „Sächsischen Separatisten“, eine rechtsextreme Gruppe mit Verdächtigen in Deutschland, Polen und Österreich.

Die Gruppierung soll eine bewaffnete Machtübernahme in Ostdeutschland geplant haben, inklusive ethnischer Säuberungen. Für den sogenannten „Tag X“ wurde angeblich eine Neonazi-Miliz trainiert, um ein nationalsozialistisches Regime zu etablieren. Der Gruppe gehören schätzungsweise 15 bis 20 Personen an, gegründet spätestens Ende 2020.

Ermittlungen gegen Familie
Die Ermittler wurden auf eine bekannte Familie eines verstorbenen FPÖ-Altpolitikers aufmerksam, insbesondere auf zwei seiner Enkel. In einem langjährig von der Familie genutzten Forsthaus entdeckte die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst große Mengen Munition, Relikte des Zweiten Weltkriegs, moderne Ausrüstung und Nazi-Devotionalien. Gegen die beiden Enkel wird wegen Verdachts auf Wiederbetätigung ermittelt, die Unschuldsvermutung gilt.

 
Rosenkranz ist Nationalratspräsident, also 2er Mann im Staate Österreich. Rosenkranz hat einen SS-Mann gelobt und jetzt wird gegen seinen Büroleiter ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung
ZIB: Ermittlungen gegen Rosenkranz-Büroleiter Schimanek
Gegen den Büroleiter von Parlamentspräsident Walter Rosenkranz, Rene Schimanek, wird im Zusammenhang mit einem von dessen Familie genutzten Forsthaus in Langenlois (NÖ) ermittelt. Wie die ZIB1 gestern dazu weiter berichtet, war der Verfassungsschutz dort im November im Rahmen von Hausdurchsuchungen für in Deutschland laufende Ermittlungen unterstützend tätig. Daraus hätten sich dann eigene Ermittlungen ergeben, die aktuell noch weitergehen. Deutsche Behörden würden demnach nicht gegen Schimanek ermitteln, österreichische laut ZIB1 aber sehr wohl.

Ausgangspunkt der Causa waren Ermittlungen gegen eine Neonazi-Miliz in Deutschland, die „Sächsischen Separatisten“. Der mutmaßliche Rädelsführer, ebenfalls Mitglied der Familie Schimanek, wurde festgenommen. Im Haus in Langenlois wurden von den Verfassungsschützern NS-Devotionalien und viel Munition gefunden, so die ZIB1 mit Verweis auf Ermittlerkreise.

 
Wenn Satire gegen rechts vor Gericht kommt
In letzter Zeit gab es ein paar bemerkenswerte Urteile gegen kritische Publizistik

Die österreichische Justiz hat zuletzt verschiedenen sehr rechten Herrschaften und Parteien wie der FPÖ recht gegeben – und zwar bei deren Klagen gegen kritische Publikationen.

Fall 1: Das satirische Portal dietagespresse.com versandte Fake-Briefe mit dem Logo der FPÖ an niederösterreichische Wirte, wo für eine "Panierquote" und ein "Andreas-Gabalier-Fleischlaberl" eine Prämie ausgelobt wurde. Tatsächlich gibt es auf Betreiben der FPÖ eine solche Wirtenprämie für "Volksspeisen". Der Oberste Gerichtshof fand aber, die Aktion sei nicht klar als Satire erkennbar gewesen.

Fall 2: Das Handelsgericht Wien entschied, dass die FPÖ das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) "pseudowissenschaftlich" nennen darf, obwohl das DÖW seit Jahrzehnten den Rechtsextremismus penibel dokumentiert und sogar den Rechtsextremismusbericht des Innenministeriums erarbeitete.

Fall 3: Der Falter bezeichnete einen bekannten Antiimpfagitator, der massive belegte rechtsextreme Kontakte hat, als "rechtsextrem". Schon, sagte das Straflandesgericht Wien, aber der Autor müsse immer das ganze Beweiskonvolut bei jedem Facebook-Posting etc. anhängen, weil die Öffentlichkeit den (sehr präsenten) Herrn ja nicht kenne.

Das sind, sehr trocken formuliert, sehr interessante Begründungen. Karl Kraus vor über 100 Jahren: "Satire, die der Zensor versteht, wird zu Recht verboten." (Hans Rauscher, 14.2.2025)

 
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