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FPÖ (Un)Wahrheiten, Hetze und Märchen

Kickl will die EU-Integration Österreichs beenden
Die ÖVP sitzt in der Falle: Eine Regierung kann nicht gleichzeitig für und gegen ein gemeinschaftliches Europa sein. Der Kanzler gibt jedoch die Linie vor

Eines muss man Herbert Kickl lassen. Er macht kein Geheimnis daraus, was er mit Österreich in Europa vorhat, sollte die ÖVP ihn zum Bundeskanzler machen. Er will Disruption, den großen Bruch mit "dem System", wie er die Zweite Republik und ihre Verfassung inklusive aller EU-Verträge sprachlich verächtlich einordnet.

Das heißt konkret: Der FPÖ-Chef möchte den von ÖVP und SPÖ seit 1995 eingeschlagenen nationalen Kurs der tiefen Integration des Landes in die Europäische Union beenden. Mehr noch. Seine Partei will auch die EU als Ganzes zerschlagen, als transnationales Bündnis von 27 Staaten, die Teile ihrer Souveränität an gemeinschaftliche Institutionen abgeben, um gemeinsam stärker zu sein, wirtschaftlich und politisch.

 
FPÖ war gegen Verbot von Regierungsinseraten in "extremistischen Medien"
"Faktizität" störte Freiheitliche als Kriterium für Medienförderungen: Detailanalyse zur Medienpolitik im Protokoll zu den Regierungsverhandlungen

Die FPÖ möchte nicht, dass "Faktizität, Quellenherkunft und journalistische Sorgfalt" darüber entscheiden, ob ein Medium Förderungen erhält. Und die FPÖ möchte kein Verbot von Regierungswerbung in "extremistischen" Medien. Das geht aus dem am Wochenende publik gewordenen Protokoll zu den Regierungsverhandlungen, Stand vorige Woche, hervor. DER STANDARD hat das Medienpolitik-Kapitel analysiert.

Die FPÖ will unter der Überschrift "Finanzierung von Selbstkontrolleinrichtungen" Medienförderungen streichen, das könnte den Presserat treffen; explizit genannt werden hier Presseclubs und Einrichtungen der Journalismusausbildung. Journalismusförderung will die FPÖ nicht erhöhen. Einig sind die Koalitionsverhandler bei höheren Förderungen für kommerziellen Privatfunk und Digitalisierung bestehender Medienhäuser. Von bisher geförderten nichtkommerziellen Communitymedien verlangen FPÖ und ÖVP gemeinsam wirtschaftlicheren Betrieb.

 
Die rechte Russenpartei FPÖ
Zig Bedingungen aus dem Protokoll der Koalitionsverhandlungen alarmieren: Will sich die ÖVP da wirklich unterwerfen?

Beim Nikolo in der Schule und beim Kreuz im Klassenzimmer sind sie sich einig. Ja, das eröffnet den Weg zu einer strahlenden Zukunft Österreichs durch FPÖ und ÖVP angesichts dreier Jahre Rezession und drohender Entindustrialisierung.

Ferner sollen nach Wunsch der FPÖ keine EU-Fahnen mehr an öffentlichen Gebäuden wehen. Pure Symbolpolitik, aber mit Inhalt. Es gibt zig Bedingungen der FPÖ in dem geleakten Papier zum Stand der Koalitionsverhandlungen, die auf einen Rückzug aus der EU, aus westlicher Orientierung – und auf eine Annäherung an Russland hinauslaufen: Das geht schon aus der FPÖ-Überschrift zur EU "Souveränität statt Zentralismus" hervor. Und die Russland-Sanktionen sollen fallen. ÖVP: Ist da jemand? Mit dieser rechten Russenpartei will sie koalieren? Da ist es vollkommen egal, ob die EU-Agenden bei der ÖVP im Außenministerium landen – die FPÖ plant einen totalen Schwenk in der Westorientierung, wohl auch mit Verfassungsänderungen.

 
Österreich: Die Banalität des letzten Tabubruchs
Er habe ein „ganz einfaches Ziel“, sagt Herbert Kickl: „Österreich ehrlich regieren.“ Wer dazu nicht bereit sei, könne für die FPÖ kein Verhandlungspartner sein: „Wir brauchen einen, dem man glauben und vertrauen kann“, so Kickl auf einer Pressekonferenz am 7. Januar dieses Jahres, nachdem ihm Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Vortag den Regierungsbildungsauftrag erteilt hatte. Allen Ernstes fordert ausgerechnet der Chef jener Partei, die ihre letzte Regierungsbeteiligung mit der Ibiza-Affäre versenkt hat, es dürfe „keine Spielchen, keine Tricks, keine Sabotage“ geben. Gönnerhaft sagt der FPÖ-Parteiobmann, dessen Immunität der Nationalrat in einer seiner ersten Sitzungen wegen Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aufgehoben hat, man solle niemandem absprechen dazuzulernen, und er sei darum bereit, Vertrauen in seinen potentiellen Koalitionspartner zu investieren.

Verkehrte Welt: Die bis ins Mark verlogene und korrupte FPÖ belehrt die ÖVP über Ehrlich- und Glaubwürdigkeit. Kickl lässt es sich nicht nehmen, seinen Verhandlungspartner zu erniedrigen und zugleich mit Neuwahlen zu drohen. Denn er weiß genau, dass sich die ÖVP in eine Lage manövriert hat, in der sie viele Kröten schlucken muss – und nutzt das, um alte Rechnungen zu begleichen.[1] So fordert er, dass die ÖVP anerkennen müsse, „wer die Wahl gewonnen hat“ und wer demgegenüber „für die Misere im Land verantwortlich“ ist – und macht ihr indirekt ihren Wortbruch (nicht mit der „Kickl-FPÖ“ zu koalieren) zum Vorwurf, indem er ihre Vertrauenswürdigkeit in Zweifel zieht.

 
Die FPÖ gibt sich gerne als die Partei der "kleinen Leute" aus.
Doch ein Blick auf ihre Politik zeigt: Sie macht Politik für Konzerne, Top-Verdiener und die Reichsten im Land – nicht für Arbeitnehmer:innen, nicht für Menschen mit geringem Einkommen, nicht für Familien, oder Pensionist:innen, die jeden Monat aufs Neue rechnen müssen, ob es sich ausgeht.
Verlässlich gegen soziale Verbesserungen
Die Abstimmungen im Parlament sprechen eine deutliche Sprache: Die FPÖ stimmt laufend gegen so gut wie jede soziale Verbesserung. Egal ob in der Opposition oder in der Regierung. Sitzt sie nicht auf der Regierungsbank, legt das Abstimmungsverhalten offen, wofür sie steht. Die FPÖ war gegen die Erhöhung des Arbeitslosengeldes, gegen einen Mietpreisstopp, gegen mehr Geld für Gemeinden, gegen die Abschaffung der Kinderarmut, gegen die Erhöhung der Studienbeihilfe und gegen eine bessere Gesundheitsversorgung. Sie hat sogar gegen einen Rechtsanspruch auf ganztägige, kostenlose Kinderbetreuung gestimmt.
In der Oppositionszeit davor musste das Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping gegen ihre Stimmen beschlossen werden. Jede vierte ausländische Baufirma bezahlt ihren Arbeiter:innen in Österreich zu wenig Lohn, das Gesetz will hier Abhilfe schaffen. Die FPÖ war auch gegen die Erhöhung des Pflegegeldes oder den Ausbau des Pflegefonds. Sie wandte sich gegen die Einführung der Mindestsicherung. Sie ist konsequent gegen eine Besteuerung von Vermögen und Konzerngewinnen. Dafür hat sie sich für Immobilienmakler stark gemacht. Die Begrenzung der Maklergebühr auf zwei Monatsmieten bekämpfte sie sogar mit einer eigenen Petition - eine Maßnahme, die vielen Wohnungssuchenden finanzielle Erleichterung gebracht hat.

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„Einfallstor für fremde Mächte“ – Beteiligung der FPÖ könnte innere Sicherheit gefährden
Eine FPÖ-geführte Regierung in Österreich ist, trotz stockender Koalitionsverhandlungen, das wahrscheinlichste Ergebnis. Doch der Sicherheitsapparat des Landes warnt vor einer Regierungsbeteilig – vor allem, wenn die FPÖ das Innenministerium bekäme.

Eine Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) könnte einem Bericht zufolge die Sicherheit in Österreich gefährden – insbesondere, wenn die rechtspopulistische Partei das umkämpfte Innenministerium bekommen sollte. Dies könnte eine negative Auswirkung auf die Spionageabwehr des Landes haben und ein mögliches „Einfallstor für fremde Mächte“ darstellen, wie aus einem anlässlich der aktuellen Koalitionsgespräche vom Sicherheitsapparat verfassten Papier hervorgeht, das dem Magazin „Spiegel“ am Montag vorlag.

„Eine Regierungsbeteiligung der FPÖ, insbesondere die neuerliche Übernahme des Innenministeriums, hätte direkte und negative Auswirkungen auf die Ermittlungsarbeit und die Spionageabwehr der Republik“, heißt es demnach in dem Papier. Weiter wird für diesen Fall vor einer möglichen „Schwächung der Abwehrfähigkeit des Staates gegen Gefahren aus dem In- und Ausland“ gewarnt.

 
Kickl will gleich mal die Eu-Verträge, die EMRK und die Verfassung ändern. Kann man fordern, ist halt einfach nur mehr gaga. Denn diese Verträge stehen im Verfassungsrang und sind vom Volk mit 2/3-Mehrheit und Volksabstimmung legitimiert.

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Kickl kann nicht Kanzler
Der FPÖ-Chef hat den Regierungsbildungsauftrag zurückgelegt. Er ist gescheitert, vor allem an sich selbst. Warum? Ihm ging es um persönlichen Triumph, nicht um das Land

Nach tagelangem Gezerre, unwürdigem Versteckspiel und lächerlichem Show-Gehabe war es Mittwochnachmittag fast schon eine Erlösung: Herbert Kickl legte den Regierungsbildungsauftrag zurück. Er gesteht damit ein, dass er gescheitert ist – vor allem an sich selbst. So wie Kickl die Verhandlungen mit der ÖVP von Beginn an anlegte, war bald klar: Kickl kann vieles – aber er kann nicht Kanzler.

Mit dem Auftrag des Bundespräsidenten, eine Regierung zu bilden, ist große Verantwortung verbunden. Der Chef der stimmenstärksten Partei ist Verhandlungsführer und möglicher künftiger Regierungschef der Republik Österreich. In dieser Doppelrolle gilt es, das Bestmögliche für das Land zu erreichen – nicht für die eigene Partei. Es gilt, auf den oder die künftigen Partner so weit wie möglich zuzugehen und das Gemeinsame zu finden, anstatt das Trennende zu betonen.

 
Schlechter Gewinner
Doch Kickl entpuppte sich schon zu Beginn der Gespräche mit der ÖVP als schlechter Gewinner. Wer gleich einmal triumphierend darauf hinweist, dass er – im Gegensatz zu seinem möglichen künftigen, Partner – gewonnen hat und deswegen den Ton in den Verhandlungen angeben will, zeigt damit: Ich will auch in diesen Gesprächen gewinnen. Ich bin der Sieger, ich sage, wo es langgeht.

Namens der FPÖ kippte Kickl gleich einmal das gesamte Wahlprogramm der FPÖ in die Verhandlungen ein – und versteifte sich in der Folge darauf, das Maximale daraus umsetzen zu wollen. Das hat sich Kickl wohl von seinem großen Vorbild Donald Trump abgeschaut, der das Prinzip des angloamerikanischen Mehrheitswahlrechts („The winner takes all“) gerade rücksichtslos auslebt. Kickl vergisst dabei nur eines: So funktioniert Österreich nicht.

 
Wichtige Lektion: Was die FPÖ verhindern will
Die gescheiterten Koalitionsverhandlungen bieten sehr wohl eine Chance: Sie zeigen Schwächen des Rechtspopulismus auf sowie von ihm nicht erwünschte Maßnahmen

Drei Dinge können wir aus den gescheiterten Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP lernen. Erstens: Ausbau der Medienkompetenz – und zwar jetzt! Gerade bei der Förderung von Medienkompetenz scheint die FPÖ Vorbehalte zu haben, wie die Verhandlungsprotokolle nahelegen. Anscheinend wollte die ÖVP einen Schwerpunkt auf "Medienkompetenz in Schulen und Bildungseinrichtungen inklusive Erwachsenenbildung" legen. Hier markierte die FPÖ ihren "Dissens". Das schafft auch nur eine rechtspopulistische Partei, dass sie bei so einer grundvernünftigen Forderung auf die Bremse steigt. Woran könnte das liegen?

Erst kürzlich erschien eine Studie, der STANDARD berichtete, wonach rechtspopulistische Abgeordnete deutlich mehr Falschmeldungen verbreiteten als Abgeordnete anderer Parteien. 26 Länder wurden ausgewertet, auch Österreich. Allein der Rechtspopulismus fiel mit diesem Hang zum Verbreiten von Fehlinformation auf. Daraus können andere Parteien etwas lernen: Mehr Medienkompetenz von Jung bis Alt ist auch ein Schutz vor jenen rechtspopulistischen Akteurinnen und Akteuren, die bei ihrer hochemotionalen Stimmungsmache auffallend oft Falsches verbreiten.

 
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