Ursachen des russischen Rechtsextremismus
Die offensichtlichen Ursachen sind ähnlich wie im Westen. Der massive wirtschaftliche Zusammenbruch in den 90ern hat ungefähr zwei Drittel der Bevölkerung in die Armut gestürzt. Selbst mit dem Wirtschaftsaufschwung seit 1999 konnte die
Armutsrate „nur“ auf ein Drittel der Bevölkerung gesenkt werden. Dies hat die Empfänglichkeit für rechte Ideen in der Bevölkerung erhöht.
Gerne wird an dieser Stelle auf den Verlust des sowjetischen Imperiums verwiesen. Damit bleibt man jedoch an der Oberfläche. Weniger ist der Verlust des Imperiums selbst eine Ursache, vielmehr ist dies der Verlust einer kompletten Identität. Von einem Tag auf den anderen war man kein sowjetischer Bürger mehr und der eigene Staat hörte auf zu existieren. Wer war man dann?
Wie in fast allen ehemaligen sowjetischen Republiken wurde diese Identitätslücke mit einer ethnisch basierten Nationalstaats-Idee gefüllt. Bis heute gibt es dazu keine durchsetzungsfähigen Alternativen wie zum Beispiel die Idee eines
Verfassungsstaates.
Kaukasier und Zentralasiaten als Hauptopfer
Bereits in der Sowjetunion war es für Kaukasier und Zentralasiaten nahezu unmöglich, in die höchsten Ämter und Posten aufzusteigen. Dabei handelt es sich um eine historisch bedingte Missachtung dieser Menschen. Denn bevor das zaristische Russland entstand, musste es sich von der Unterdrückung der mongolischen Herrschaft befreien. Mit der Entstehung eines Russischen Reiches und später der Sowjetunion hat man die Völker aus dem Kaukasus und Zentralasien immer noch als die „Barbaren“ an der Grenze des Imperiums gesehen, die man „zivilisieren“ musste. Bis heute bekommen sie dies im russischen Alltag in den verschiedensten und zum Teil dramatischsten Formen zu spüren.
Diese reicht von Diskriminierung, die auch russische Staatsbürger mit kaukasischer und zentralasiatischer Herkunft betrifft, bis hin zur gezielten Ausbeutung der sich meist illegal in Russland befindenden
Arbeitsmigranten aus den neuen Staaten dieser Regionen. Durch ihre fehlende Arbeitserlaubnis und die damit immer währende drohende Abschiebung in ihre noch ärmeren Heimatländer werden sie oft Opfer von Erpressung und Misshandlung durch ihre Arbeitgeber, die Polizei und Behörden. Sie konkurrieren mit schlecht oder gar nicht ausgebildeten Russen im Niedriglohn-Sektor. In der Regel werden sie durch ihren illegalen Status dazu gezwungen, unterhalb des gesetzlich festgelegten monatlichen Mindestlohns zu arbeiten und deswegen den Russen vorgezogen. Dies führt vor allem bei den kaum gebildeten und arbeitslosen Russen zu nationalistischen Einstellungen und vor allem zu rechtsextremen Tendenzen.