Afroasiatis
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eine Frage, die ich hier sehr gerne stellen würde...
Meiner Meinung nach, enstand & wurde der Salafismus durch einen Minderwertigkeitkomplexes in der islamischen Welt gegenüber des Westens so stark...
Er hat wenig mit der toleranten & kulturell vielseitigen Kultur des Islams im Mittelalter (welcher anders als in Europa durchaus sehr fortgeschritten & kulturell reich war) gemein, er enstand auch nicht in den großen Städten des Orients wie Kairo, Alexandria, Damaskus, Beirut, Bagdad, Mossul, Mekka oder Medina sondern in den weiten Wüsten Binnenarabiens bei den Stammesnomaden. Also richtigen Hinterwäldlern...
Leider ging durch das Ende des Osmanischen Reiches auch der Aufstieg des Salafismus zur Gründung Saudi-Arabiens mit ein. Die Familie Saud ging mit den Salafisten ein Bündnis ein, welches im wesentlichen bis heute bestand hat.
Durch die reichen Ölvorkommen gerieten auch die Salafisten an jede Menge Geld, welches sie dazu nahmen die islamische Welt in ihrem Sinne zu "erneuern". Sie waren die Geburtshelfer der Taliban, von Al-Qaida und schließlich auch des IS.
Der Bürgerkrieg in Syrien sehe ich als ihren Zenit an, zehntausende machten sich aus aller Welt auf den Weg um den ungläubigen Assad zu stürzen. Es enstand im Zuge des arabischen Frühlings eine richtige Dschihad-Euphorie unter vielen jungen Muslimen.
Der Niedergang des IS und das wahrscheinliche Fortbestehen von Assad dürfte eine moralische Niederlage für alle Salafistischen Gruppen & Personen sein. Ebenso das Scheitern des arabischen Frühlings, welche man in eine islamistische Bewegung & Erneuerung umwandeln wollte...
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Ebenso wichtig ist der neue Kurs des Kronprinzen von Saudi-Arabien, Mohammed Bin Salman, zu erwähnen, welcher die Religionspolizei in seinem Land entmachtet hat, sich für Frauenrechte einsetzt und eine gesellschaftliche Modernisierung des Landes vorrantreibt und sich zunehmend klar von den Wahabiten/Salafisten abgrenzt.
Natürlich geschieht das in Trippelschritten und ist in erster Linie auf den Wunsch der Machterhaltung & Stabiliserung S-A zurückzuführen. Aber es ist eine sehr positive Richtung, die er einschlägt...
Saudi-Arabien: Kronprinz Mohammed bin Salman verspricht "moderaten Islam" - SPIEGEL ONLINE
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Das Hauptproblem in der islamischen Welt ist in erster Linie die hohe Jugendarbeitslosigkeit, wirtschaftliche Rückständigkeit, Perspektivlosigkeit, staatliche Willkür, Korruption & andere eher weltliche Dinge. (Ausnahmen bestätigen die Regel )
Dies wird auch so von vielen örtlichen Jugendlichen & jungen Erwachsenen so gesehen. Die Frage ist welche Antwort man auf diese Probleme bringt;
-religiöse & gesellschaftliche Rückbesinnung, strenges Leben nach der Scharia (was jeder anders auslegt) und Verherrlichung der Zeiten Mohammeds (was vor allem salafistische & Deobandische Gruppen machen, Beispiel Saudi-Arabien oder die Taliban)
-eine Mischform zwischen Frömmigkeit, gesellschaftliche Freiheit & Kapitalismus (Bespiel hierfür ist die Türkei unter Erdogan (mit Einschränkungen) oder Malaysia)
-Vorbild säkuläre westliche Gesellschaften und vollständige Abkehr von Religionen (Beispiel Türkei unter Atatürk, Tunesien aktuell)
-autoritäre Regierungsformen wie Monarchie und Militärdiktaturen (bisher die üblichste Form in der islamischen Welt, was hohen Unmut mit sich bringt)
-gescheiterte Staaten (Länder welche lange im Bürgerkrieg sind, Beispiele hierfür sind Somalia oder Yemen)
-Arabischer Sozialismus. (Beispiele hierfür waren Ägypten unter Nassr, Baath Regimes in Syrien (Assad) oder Irak (Hussein) )
Es kann schon sein, dass der Salafismus (damit meine ich seine heutigen Formen, die friedlichen wie die gewaltbereiten, und nicht seinen relativ fortschrittlichen Vorläufer in Ägypten des 19. Jahrhunderts) seinen Zenit überschritten hatte, wie auch im Allgemeinen der Islamismus. Seine Ausbreitung fand er in einer Zeit, wo andere Systeme als gescheitert sich aussahen. Wenn man schrittweise sieht, wie er auch scheitert, dann wird man sich auch langsam von ihm abkehren. Die Frage ist, ob wir schon so weit sind.
Die Probleme hast du richtig genannt. Die Alternativen, die du nennst, sind alle mehr oder weniger gescheitert, und ich sehe nicht, wie ihre Wiederholung bessere Ergebnisse bringen wird. Man muss nach neuen Lösungen suchen.
Die Probleme sind eigentlich nicht so anders als in anderen Mittelmeerländern. Wir haben auch gesehen, wie der arabische Frühling auch schnell in anderen nicht-arabischen Länder der Region sich ausgebreietet hat, z.B. Spanien, Griechenland, Bosnien, Bulgarien, Türkei. Die Lösungen müssen also auch nicht unbedingt so anders sein. Ich habe natürlich nicht die ideale Formel, aber als allgmeine Richtung muss man mehr lokale Autonomie, starke planwirtschaftliche Elementen, echte Demokratisierung (also, nicht Parlamentarismus), und einen geographisch (statt ethnisch-religiös) bedingten Patriotismus sehen. Was wir eigentlich auch in unseren Ländern brauchen.