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Vlatko Markovic: "Mit Eduardo wäre alles möglich gewesen
Der kroatische Fußballverbandspräsident über den Stürmer-Ausfall, undisziplinierte Österreicher und die Zukunft von Josef Hickersberger
Der goldene Rahmen seiner großen Ingenieursbrille blitzt in der Sonne. Mit Ball posiert der kroatische Verbandspräsident Vlatko Markovic beim Fotoshooting am Wiener Ring. Obwohl er in Eile ist (»Mein Flieger nach Zagreb geht bald«), strahlt er eine abgebrühte Gelassenheit aus. Die Routine des Fußballfachmanns bleibt nicht verborgen, ebenso wenig wie die Sorgenfalten auf der gebräunten Stirn des 71-Jährigen. Sie drücken die Verzweiflung aus, die seit dem verletzungsbedingten Ausfall des Brasilo-Kroaten Eduardo in der Nationalmannschaft herrscht.
ballesterer fm: Herr Markovic, wie ist die Stimmung im kroatischen Team unmittelbar vor der EM-Endrunde?
Vlatko Markovic: Was alles andere in den Schatten stellt, ist die Verletzung von Eduardo. Wir konnten bisher keinen Spieler finden, der ihn auch nur annähernd zu ersetzen vermag. Auch weil sich das gesamte Team bereits auf ihn eingestellt hatte. Er war die zentrale Figu in unserem Spiel. Um es anders auszudrücken: Mit ihm haben wir quasi ein Drittel unserer Mannschaftsstärke verloren. Er hat 50 Prozent aller Tore in der Qualifikation geschossen und ist einfach ein unglaublicher Spieler. Sein Ausfall ist eine Katastrophe.
ballesterer fm: Wer kann Eduardo ersetzen?
Vlatko Markovic: Er ist nicht zu ersetzen. Das Verständnis des Duos Eduardo und Mladen Petric war fantastisch. Jetzt müssen wir schauen. Ivan Klasnic ist bei Werder Bremen wieder besser in Form gekommen. Auch Ivica Olic vom Hamburger SV ist ein guter Stürmer, aber er sieht nur den Ball und ist zu eigensinnig. Dann gibt es noch Igor Budan vom FC Parma, der als Ersatz infrage kommt. Wir haben zwar einige gute Stürmer, aber es gibt keinen zweiten Eduardo.
ballesterer fm: Hat das kroatische Team die nötige Klasse, um in die Fußstapfen der WM-Elf von 1998 zu treten?
Vlatko Markovic: Mit Eduardo wäre alles möglich gewesen. Mit ihm waren wir zu 100 Prozent der Favorit in unserer Gruppe, auch wenn die Deutschen oder egal wer zu besiegen gewesen wäre. So bleibt alles offen.
ballesterer fm: Slaven Bilic ist der jüngste Trainer der Endrunde. Verfügt er über genug Erfahrung für diese Aufgabe?
Vlatko Markovic: Bilic ist nicht durch Zufall Trainer des Teams. Er war zuerst im Nachwuchs tätig und hat dort ausgezeichnete Arbeit geleistet. An seiner Seite stehen ehemals große Spieler wie Robert Prosinecki, Aljosa Asanovic und Nikola Jurcevic. Das ist zwar ein junges Team, aber sie verfügen über die nötigen Qualitäten, und Bilic ist eine charismatische Persönlichkeit
ballesterer fm: Kroatien war bis auf die EM-Endrunde 2000 bei den jüngsten Großereignissen immer dabei. Wo sehen Sie dennoch Probleme im kroatischen Fußball?
Vlatko Markovic: Ich bin seit zehn Jahren Präsident des kroatischen Verbands und das Hauptproblem ist, dass wir jedes Jahr eine neue Mannschaft zusammenstellen müssen. Nach dem dritten Platz bei der WM '98 in Frankreich hat es keine Kontinuität mehr gegeben, da die Erwartungen nie erfüllt werden konnten.
ballesterer fm: Was zeichnet den kroatischen Fußball aus? Erstens kann man sagen, dass Kroaten zum Ballspielen geboren sind – egal ob das Fußball, Basketball oder Wasserball ist. Das Erste, was ein Kind bei uns bekommt, ist ein Ball. Zweitens sind kroatische Gastarbeiter über die ganze Welt verstreut, und für einen kroatischen Vater ist es das Größte überhaupt, wenn sein Sohn im Nationalteam spielen kann. Das ist eine Ehre, die man als außenstehende Person wahrscheinlich nicht verstehen kann.
ballesterer fm: Wie weit kommt Kroatien und was ist das Minimalziel?
Vlatko Markovic: Wir sind als einzige ex-jugoslawische Mannschaft bei dem Turnier dabei, das war unser erstes Ziel. Unsere Mannschaft ist gut, alles andere hängt vom Turnierverlauf ab.
ballesterer fm: Ist Österreich ein Glückslos für die Kroaten?
Vlatko Markovic: Nein. Die letzten drei, vier Spiele haben gezeigt, dass der Weg von Josef Hickersberger der richtige ist. Bleibt nur abzuwarten, ob die EM-Endrunde nicht zu früh kommt. Aber Hickersberger arbeitet für die Zukunft. Ich habe mit ihm gesprochen, und er wird auch nach der EM weitermachen. Er wird für die nächsten zehn Jahre Nationaltrainer bleiben und eine gute Mannschaft haben.
ballesterer fm: Wo liegen die Chancen für Hickersbergers Mannschaft im Spiel gegen Kroatien?
Vlatko Markovic: Wir sind zwar die bessere Mannschaft, aber 50.000 Fans im Rücken können einiges bewirken. Ich kann das aus eigener Erfahrung behaupten, da ich bereits vor 220.000 Fans im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro gespielt habe.
ballesterer fm: Wo sehen Sie Schwachstellen im österreichischen Team?
Vlatko Markovic: Das junge Team schafft es nicht, eine konzentrierte Leistung über die volle Spielzeit zu bringen. Das liegt vielleicht auch an der Disziplinlosigkeit der Spieler – ein Problem, das der österreichische Fußball schon immer hatte.
ballesterer fm: Was trauen Sie dem ÖFB-Team zu?
Vlatko Markovic: Ich glaube, dass die Mannschaft für große Überraschungen sorgen kann. Die Griechen hatte bei der letzten EM-Endrunde in Portugal ja auch niemand auf der Rechnung.
ballesterer fm: Auch in Österreich leben viele Kroaten, wie wichtig wird die Unterstützung der Fans bei der Endrunde sein?
Vlatko Markovic: Egal wo wir spielen, es kommen immer 10.000 bis 15.000 Fans. Die Nationalmannschaft ist nicht nur der Liebling der Kroaten, sie ist auch ein Symbol unseres Landes. Unser Fußballdress ist unsere Fahne. (Das Interview führten Andreas Hagenauer und Simon Hirt. Fotos: Dieter Brasch)
Vlatko Markovic: "Mit Eduardo wäre alles möglich gewesen
Der kroatische Fußballverbandspräsident über den Stürmer-Ausfall, undisziplinierte Österreicher und die Zukunft von Josef Hickersberger
Der goldene Rahmen seiner großen Ingenieursbrille blitzt in der Sonne. Mit Ball posiert der kroatische Verbandspräsident Vlatko Markovic beim Fotoshooting am Wiener Ring. Obwohl er in Eile ist (»Mein Flieger nach Zagreb geht bald«), strahlt er eine abgebrühte Gelassenheit aus. Die Routine des Fußballfachmanns bleibt nicht verborgen, ebenso wenig wie die Sorgenfalten auf der gebräunten Stirn des 71-Jährigen. Sie drücken die Verzweiflung aus, die seit dem verletzungsbedingten Ausfall des Brasilo-Kroaten Eduardo in der Nationalmannschaft herrscht.
ballesterer fm: Herr Markovic, wie ist die Stimmung im kroatischen Team unmittelbar vor der EM-Endrunde?
Vlatko Markovic: Was alles andere in den Schatten stellt, ist die Verletzung von Eduardo. Wir konnten bisher keinen Spieler finden, der ihn auch nur annähernd zu ersetzen vermag. Auch weil sich das gesamte Team bereits auf ihn eingestellt hatte. Er war die zentrale Figu in unserem Spiel. Um es anders auszudrücken: Mit ihm haben wir quasi ein Drittel unserer Mannschaftsstärke verloren. Er hat 50 Prozent aller Tore in der Qualifikation geschossen und ist einfach ein unglaublicher Spieler. Sein Ausfall ist eine Katastrophe.
ballesterer fm: Wer kann Eduardo ersetzen?
Vlatko Markovic: Er ist nicht zu ersetzen. Das Verständnis des Duos Eduardo und Mladen Petric war fantastisch. Jetzt müssen wir schauen. Ivan Klasnic ist bei Werder Bremen wieder besser in Form gekommen. Auch Ivica Olic vom Hamburger SV ist ein guter Stürmer, aber er sieht nur den Ball und ist zu eigensinnig. Dann gibt es noch Igor Budan vom FC Parma, der als Ersatz infrage kommt. Wir haben zwar einige gute Stürmer, aber es gibt keinen zweiten Eduardo.
ballesterer fm: Hat das kroatische Team die nötige Klasse, um in die Fußstapfen der WM-Elf von 1998 zu treten?
Vlatko Markovic: Mit Eduardo wäre alles möglich gewesen. Mit ihm waren wir zu 100 Prozent der Favorit in unserer Gruppe, auch wenn die Deutschen oder egal wer zu besiegen gewesen wäre. So bleibt alles offen.
ballesterer fm: Slaven Bilic ist der jüngste Trainer der Endrunde. Verfügt er über genug Erfahrung für diese Aufgabe?
Vlatko Markovic: Bilic ist nicht durch Zufall Trainer des Teams. Er war zuerst im Nachwuchs tätig und hat dort ausgezeichnete Arbeit geleistet. An seiner Seite stehen ehemals große Spieler wie Robert Prosinecki, Aljosa Asanovic und Nikola Jurcevic. Das ist zwar ein junges Team, aber sie verfügen über die nötigen Qualitäten, und Bilic ist eine charismatische Persönlichkeit
ballesterer fm: Kroatien war bis auf die EM-Endrunde 2000 bei den jüngsten Großereignissen immer dabei. Wo sehen Sie dennoch Probleme im kroatischen Fußball?
Vlatko Markovic: Ich bin seit zehn Jahren Präsident des kroatischen Verbands und das Hauptproblem ist, dass wir jedes Jahr eine neue Mannschaft zusammenstellen müssen. Nach dem dritten Platz bei der WM '98 in Frankreich hat es keine Kontinuität mehr gegeben, da die Erwartungen nie erfüllt werden konnten.
ballesterer fm: Was zeichnet den kroatischen Fußball aus? Erstens kann man sagen, dass Kroaten zum Ballspielen geboren sind – egal ob das Fußball, Basketball oder Wasserball ist. Das Erste, was ein Kind bei uns bekommt, ist ein Ball. Zweitens sind kroatische Gastarbeiter über die ganze Welt verstreut, und für einen kroatischen Vater ist es das Größte überhaupt, wenn sein Sohn im Nationalteam spielen kann. Das ist eine Ehre, die man als außenstehende Person wahrscheinlich nicht verstehen kann.
ballesterer fm: Wie weit kommt Kroatien und was ist das Minimalziel?
Vlatko Markovic: Wir sind als einzige ex-jugoslawische Mannschaft bei dem Turnier dabei, das war unser erstes Ziel. Unsere Mannschaft ist gut, alles andere hängt vom Turnierverlauf ab.
ballesterer fm: Ist Österreich ein Glückslos für die Kroaten?
Vlatko Markovic: Nein. Die letzten drei, vier Spiele haben gezeigt, dass der Weg von Josef Hickersberger der richtige ist. Bleibt nur abzuwarten, ob die EM-Endrunde nicht zu früh kommt. Aber Hickersberger arbeitet für die Zukunft. Ich habe mit ihm gesprochen, und er wird auch nach der EM weitermachen. Er wird für die nächsten zehn Jahre Nationaltrainer bleiben und eine gute Mannschaft haben.
ballesterer fm: Wo liegen die Chancen für Hickersbergers Mannschaft im Spiel gegen Kroatien?
Vlatko Markovic: Wir sind zwar die bessere Mannschaft, aber 50.000 Fans im Rücken können einiges bewirken. Ich kann das aus eigener Erfahrung behaupten, da ich bereits vor 220.000 Fans im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro gespielt habe.
ballesterer fm: Wo sehen Sie Schwachstellen im österreichischen Team?
Vlatko Markovic: Das junge Team schafft es nicht, eine konzentrierte Leistung über die volle Spielzeit zu bringen. Das liegt vielleicht auch an der Disziplinlosigkeit der Spieler – ein Problem, das der österreichische Fußball schon immer hatte.
ballesterer fm: Was trauen Sie dem ÖFB-Team zu?
Vlatko Markovic: Ich glaube, dass die Mannschaft für große Überraschungen sorgen kann. Die Griechen hatte bei der letzten EM-Endrunde in Portugal ja auch niemand auf der Rechnung.
ballesterer fm: Auch in Österreich leben viele Kroaten, wie wichtig wird die Unterstützung der Fans bei der Endrunde sein?
Vlatko Markovic: Egal wo wir spielen, es kommen immer 10.000 bis 15.000 Fans. Die Nationalmannschaft ist nicht nur der Liebling der Kroaten, sie ist auch ein Symbol unseres Landes. Unser Fußballdress ist unsere Fahne. (Das Interview führten Andreas Hagenauer und Simon Hirt. Fotos: Dieter Brasch)