Allih der Große
Bölthorn
Irgendwie gut, dass die Diskussion das Thema des Threads verlassen hat. Die aktuellen Beiträge sind ohnedies weitaus interessanter und konstruktiver. (Vielleicht kann man ja einen neuen Thread eröffnen...)
Allih hat eine gute Frage gestellt: "Was schlaegst du vor, wie die Tuerkei zu einem wirtschaftlichen Knotenpunkt (der in Sachen Reichtum Infrastruktur und Konkurrenzfaehigkeit/Leistungsfaehigkeit und Stabilitaet den Vergleich mit den reichen Regionen der Erde nicht zu scheuen brauch) dieser Region aufsteigen soll?"
Nun - ohne ein paar FAZ-Artikel gelesen zu haben, und ohne die Wirtschaft der Türkei bis ins letzte Detail zu kennen, kann man sagen, dass Wirtschaft auf der ganzen Welt nach den gleichen Regeln funktioniert - und auch überall seit Jahrhunderten oft die gleichen Fehler gemacht werden.
Nach meiner Beobachtung hat die Türkei BESTE Voraussetzungen um die absolut führende Wirtschaftsmacht der der Region zu werden!
Top 1: PRODUZIERENDE Industrie. Nur diese schafft tatsächlich Werte! Weltweit agierende Konzerne haben sich nicht ohne Grund die Türkei als einen ihrer Produktionsstandorte ausgewählt. Ohne produzierende Betriebe läuft dauerhaft gar nichts. dort gibt es die Arbeitsplätze, mit denen die Leute das Geld verdienen, mit welchem sie die...
Top 2: DIENSTLEISTER... angefangen vom Friseur über die Verkehrsbetriebe bis zu den Beamten bezahlen können - und damit deren Jobs absichern.
Top 3: TOURISMUS! Da gibt es ein enormes Potential aufgrund der vielfältigen Naturschönheiten, auch abseits der All-inclusive-Clubs!
Top 4: GUT AUSGEBILDETE JUGEND! Trotz aller Erfolge, überwiegend in den Städten, gibt es da flächendeckend noch Luft nach oben.
Dies Alles TROTZ Erdogan!
Gerade die extrem konservative, und in weiten Bereichen rückwärtsgewandte Politik Erdogans gefährdet durch ihre Konzentration auf Religion eine Modernisierung des ganzen Landes. Eine Türkei der zwei Geschwindigkeiten - hier prosperierende urbane Regionen, dort praktizierende, strenggläubige Moslems in den Weiten Anatoliens - stellen eine latente Gefahr der inneren Spaltung dar.
Das was kleine Bauern seit je her wissen, ist offensichtlich (weltweit, also auch in der Türkei) in der Wirtschaft verloren gegangen: Man kann auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt. Dazu braucht es kein BWL-Studium! Dazu kommen noch die Luft-"Geschäfte" der Finanzindustrie. Derartige Blasen müssen im Keim unterbunden werden. Das Zerstörungspotential von "Bankprodukten" ist enorm! Siehe Griechenland, Zypern, oder so manchem Britischem "Steuerparadies". In Österreich hat es eine vergleichsweise kleine Bank (Hypo Alpe Adria) durch eine Pleite geschafft, ein ganzes Bundesland auf Jahrzehnte hinaus zahlungsunfähig zu machen und dazu noch das Bundesbudget auf viele Jahre in den Abgrund zu ziehen. Österreich hat heute eine höhere Steuerquote als Schweden, bei gleichzeitig ständig zurückgehendenr Sozialleistungen. Nicht zuletzt ausgelöst durch die Kärtner Bank!
Als letzten, gleichzeitig wichtigsten Punkt sehe ich die dringend erforderlichen Rücknahmen der Militärausgaben!!! Diese laufen inzwischen völlig aus dem Ruder. Dabei wäre diese Maßnahme am aller leichtesten von Allen um zu setzen, ohne auch nur einen einzigen Arbeitslosen zu produzieren. Mit einer Politik der "gut nachbarschaftlichen Beziehungen" wäre viel erreicht. Beispielsweise wäre mit dem Verzicht eines einzigen der neu bestellen F 35 Kampfjets im Wert von je 120 Mio. € (mindestens!) könnte ein hervorragendes Schulsystem gleich mehrer Städte dauerhaft gesichert werden. Eine Lösung der Kurdenfrage würde das Ganze natürlich noch erleichtern.
Tja, und dann wäre da noch die Infrastruktur. Als Drama allergrößter Güte ist da die unglaubliche Vernachlässigung über Jahrzehnte des Schienen Netzes zu sehen. Ein einziger Inselbetrieb einer Hochgeschwindigkeitsstrecke über ein paar hundert Kilometer macht in so einem riesigen Land das Kraut nicht fett. Dennoch bleibt der Erfolg dieser nicht unbeachtet! Auch das Marmaray-Projekt der Bosporusuntertunnelung muss als Jahrhundertwerk gesehen werden. Es ist zu hoffen, dass die Anstrengungen in diesem Bereich hoch gehalten werden.
70 Mille Einwohner mit (noch) Junger Bevoelkerung...
Bei Erdogan bin ich anderer Meinung... Er macht auf mich zwar den Eindruck eines Idioten, scheint aber sehr viel demokratischer/liberaler als seine Vorgaenger zu sein.
Ich habe den Eindruck, dass eher Davutoglu und Konsorten die Strippen ziehen.
Ansonsten stimme ich zu. Die Militaerausgaben sind zugunsten von Bildung und (vor allem) Forschung zurueckzufahren. Die Infrastruktur (sowohl Strassen als auch anderes) muessen ausgebaut werden (wird wohl irgendwann auch geschehen) und der Tourismussektor sollte hochwertiger (und teurer) werden - (hierfuer hat die Tuerkei eigentlich Potential...).
Aehnliches gilt fuer die Landwrírtschaft - es ist die reinste Verschwendung, wenn die Tuerkei die Qualitaet der Produkte nicht deutlich anhebt. Die klimatischen Bedingungen sind hierfuer gegeben (und besser als in Italien, Frankreich oder Spanien).