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Das mit dem konföderalen Jugoslawien ist im nachinein betrachtet eine akzeptablere Lösung als der Krieg. Nur zu dem damaligen Zeitpunkt war das schlicht indiskutable.
Zum einen weil die Serben wussten das das nur ein Schritt zur Zerteilung des Landes war und man den Traum "alle Serben in einem Land" niemals friedlich aufgegeben hätten.
Sie wusste es so genau, weil sie mit dieser Option die Tür für Grossserbien zugemacht haetten. So einfach ist das. Denn für Milosevic stand "Alle Serben in einem Staat" unter der exklusiven Voraussetzung, dass er nach Bedingungen der Serben funktioniert. Vermutlich konnte Milosevic auch nicht anders, da seit seiner Machtübernahme im BdKS und der darauf folgenden nationalistischen Dauerberieselung ein solcher Schritt so ziemlich das Gegenteil dessen bedeutete, was er auf die Leute medial ausgekübelt hat.
Milosevic setzte also auch -wie Tudjman- auf die Option einer Teilung Bosniens und er war davon mindestens genau so besessen wie Franjo Tudjman, was sich in den Aussagen seiner Kommission im Rahmen der Geheimverhandlungen von Karadjordjevo & Tikves nur zu gut ausdrückt. Milosevic gab also eine SFRJ zu Gunten der Schaffung eines Grossserbiens (oder so gross wie möglich) auf.
Dabei standen die Chancen für eine Konföderation gar nicht mal so schlecht. Der Westen war zu diesem Zeitpunkt -allen voran Franzosen & Briten- gegen einen Zerfall Jugoslawiens. Die Annahme einer Konföderationsvorschlages unter Vermittlung der damaligen EG haette Tudjman mächtig Wind aus den Sezessionssegeln genommen. Minderheitenrechte, Autonomieregionen u.s.w. waren im Rahmen europäischer Normen aushandelbar gewesen. Letzlich haette Milosevic durch eine geschickte Verhandlungsführung den Tudjman sogar an die Wand verhandelt. Aber daran hatte er kein Interesse. Selbst in Kroatien waren die Wahlergbnisse so überzeugend nicht: Tudjman erhielt -trotz agressivem Wahlkampf- "nur" 42% und verdankte die Mehrheitsmandate im Parlament einem komplexen Verteilungssystem. Diesen Wert kann man also auch durchaus als Ausdruck verstehen, andere Optionen als die Sezession in Betracht zu ziehen. Die SDP erhielt ja immerhin noch knapp 26%.
Das alles hat Milosevic aber verspielt und ich finde es beeindruckend wie erfolgreich das von vielen Serben in ihrem Opfergesuhle ignoriert wird.
Milosevic hatte mehr Interesse an einem Grosse-Serbien, als den Status von Serben in den Nachbarrepubliken nachhaltig abzusichern. Dazu hatte er aus damaliger Sicht auch die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen.
-Ab 1988 brachte er das serbische Volk auf Kurs. Milosevic wurde als Heiland angesehen
- 1989 erfolgte im Rahmen einer Armeereform die neue Territorialverantwortlichkeit der jugoslawischen Volksarmee die sich mit den Grenzen der von Serbien beanspruchten Gebiete in BiH und Kroatien deckte. Nichtserbische Offiziere wurden geschickt aus relevanten Führungspositionen verdrängt oder so gesetzt, dass sie keine Rolle spielten.
Unter diesen Gegebenheiten suchte der das Gespräch mit jenem verachtenswerten Tudjman, um die Grenzen dieses neuen serbischen Reiches abzustecken, auch auf Kosten anderer Völker und unter in Kauf nahme von Umsiedelungen, was ganz klar ein Indiz dafür ist das die Serben schon früh mit dem Gedanken ethnisch reiner Gebiete spielten. Milosevic sah hier eine historische Chance alle den Serben historisch widerfahrenen Ungerechtigkeiten bestmöglich zu lösen.
Er opferte Jugoslawien zur Schaffung eines Grossserbien und heute bestaunen wir was dabei herumgekommen ist.
Fazit: Nicht nur Tudjman, sondern auch Milosevic hatte am Ende keinen Bock mehr auf Jugoslawien. Und das durchaus noch in einer Phase in der Jugoslawien rettbar gewesen wäre. Die Serben haben also die Konföderation nicht aus einer kognitiven Fähigkeit heraus abgelehnt (Was sie m.E. eher entlarvt im Sinne von Unterstelle dem Gegner das, was Du später selber machst), sondern es passte nicht in den Grossserbischen Kram. Gibt es hierfür einen besseren Beweis als die Teilungsgespräche ?
Übrigens: Es wird behauptet Tudjman wäre von Milosevic beeindruckt gewesen. Eine neuere und plausible serbische Doku zeigt aber, dass dem wohl nicht so war. Tudjman betrachtete Milosevic als einen Rumpolterer der tagsüber hinter einem Bankschalter steht. Eher scheint es so gewesen zu sein, dass Milosevic Tudjman blind vertraute und am Ende gar nicht fassen konnte, dass ihn dieser über den Tisch zog (Oluja).