In der Vergangenheit Konfrontierte Diskriminierungen
Beseitigung einiger Diskriminierungen hat die gleichberechtigte Staatsbürgerschaft nicht gebracht
Beseitigung einiger Diskriminierungen hat die gleichberechtigte Staatsbürgerschaft nicht gebracht.
Seit 1991 wird Angehörigen der Minderheit erlaubt, Grundstücke zu erwerben, ihre Häuser instandzusetzen, Geschäfte aufzumachen und zu betreiben und dadurch einen Beruf auszuüben. Auch Einschränkungen bei der Erteilung von Auto„ und Traktorenführerscheinen wurden aufgehoben; bis dahin wurden die Führerscheine um 5 % erteilt.
Aber die griechische Regierung ist noch weit davon entfernt, der Minderheit angehörende griechische Staatsbürger als gleichberechtigte Bürger zu betrachten und gar die Minderheitenrechte zu respektieren.
Der im Jahre 1991 statt gefundene Sinneswandel und die Lockerung der Unterdrückung sind lediglich eine Folge des Widerstandes der Minderheit sowie des (ungenügenden) Drucks seitens der EU wegen der allmählich bekannt gewordenen Minderheitenpolitik, die Griechenland zu verschleiern versuchte. Aus diesem Grunde sind dieser Wandel und die Lockerung auf keinen Fall ernst gemeint. Die Minderheitenpolitik hat sich nicht geändert. Im folgenden werden wir das beweisen. Das wichtigste ist, daß der Wandel von 1991 nicht auf einer ideologischen Änderung beruht. Die Ideologie in Griechenland, die Haltung gegen über der türkischen Minderheit in West-Thrakien bestimmt, ist die für den Balkan spezifische Ideologie der nationalen Homogenität und Säuberung. Die griechische Version dieser Ideologie ist vielleicht weniger grob, aber fanatischer und entschlossener.
Daß die griechische Führung in Bezug auf die Minderheit, die vor 1991 in jedem Bereich brutal unterdrückt und diskriminiert und deren Zahl durch Auswanderung reduziert wurde, den Slogan "die Minderheit wächst und lebt in Wohlstand" pflegt, ist nicht nur eine Entstellung der Wahrheit über die Minderheit, sondern auch eine Ironie und Hohn. Ebenso ironisch und höhnisch klingt für die Minderheit der heutige Slogan "Griechenland ist ein Rechtsstaat und die Minderheit genießt die Gleichberechtigung in vollem Umfang".
Zwei Aspekte der Politik gegen die Minderheit
Eine gegen die Minderheit gerichtete Politik wird aus Maßnahmen und Praktiken bestehen, die darauf abzielen, die Minderheit so oder so zu beseitigen und zum Schluß ganz auszurotten. Dieses Ziel läßt sich auf zwei Wegen erreichen: 1. Die Minderheit zu vertreiben, 2. Sie zu assimilieren.
In Griechenland haben einige zugegeben, daß die griechischen Regierungen bis 1991 in Bezug auf die Minderheit eine Vertreibungspolitik verfolgt haben. Es wurde aber nicht eingestanden, wie brutal diese Politik 30 Jahre lang praktiziert wurde, zu welchen Dramen sie in der türkischen Minderheit geführt hat, wie die Minderheit in einer Atmosphäre wie in Kafkas Werken lebte, und wie sie unterdrückt und gefoltert wurde. Wenn das alles eines Tages mit Dokumenten bekannt wird, wird sich ein schreckliches Bild darbieten.
Vor zehn Jahren brach ein griechischer Journalist die Zensur bezüglich der Minderheit und definierte die Minderheitenpolitik folgendermaßen: "Ergreift Maßnahmen gegen die Minderheit. Macht ihr Leben unerträglich, so daß sie auswandert."
Bei der Begründung des Sinneswandels von 1991 wurde behauptet, daß die 30 jährige Vertreibungspolitik nicht erfolgreich war, weil die Minderheit nicht ausgerottet worden sei. In Wahrheit jedoch war die Vertreibungspolitik sehr erfolgreich. Wenn die türkische Minderheit, die im Jahre 1920 110 Angehörige zählte, heute nicht ein paar hunderttausend, sondern nur noch 90.000 zählt, ist das dem Erfolg der Vertreibungspolitik zuzuschreiben. Nach 1991 wurde die Vertreibungspolitik nicht aufgegeben, sondern lediglich entschärft. Die frühere Härte und Brutalität ist nicht mehr da. Selbst das reichte aus, um die Minderheit aufatmen zu lassen.
Die Entschärfung der Vertreibungspolitik brachte jedoch die Assimilierungs„ und Enttürkisierungspolitik, die bis dahin in den Hintergrund gedrängt wurde, erneut auf die Tagesordnung. In den letzten Jahren wurden die diesbezüglichen Bemühungen intensiviert.
Es handelt sich dabei nicht um eine Assimilierung, die mittels Integration betrieben und im Laufe der Entwicklungen erleichtert wird, sondern es geht um Assimilierungsbemühungen, die dem Balkan eigene rassistische und gewaltsame Elemente beinhaltet. Diese wachsen allmählich zu einem neuen großen Problem für die Minderheit.
Diskriminierung beim Erwerb des Traktor Führerscheins
Diskriminierung beim Erwerb des Traktor Führerscheins
Im Jahre 1991 besaßen die Bauern der Minderheit ca. 3.000 Traktoren. 800 von ihnen wurden von Bauern mit Traktor„Führerschein gefahren. Diese Zahl lag vor zwei Jahren bei 400„500 Traktoren. Aber in den letzten zwei Jahren wurden dreimal Parlamentswahlen abgehalten. Vor den jeweiligen Wahlen wurde jedem zu den antretenden Abgeordneten die Befugnis erteilt, 10 Traktoren„Führerscheine zu verteilen. Aus diesem Grunde stieg die Zahl der Bauern der Minderheit mit Führerschein von 400 auf 800.
Andere, nämlich mehr als 2.000 Traktoren, wurden von ihren Besitzern ohne Führerschein illegal gefahren. Denn aufgrund der geheimen Erlasse wurden den Bauern der Minderheit keine Führerscheine mehr vergeben. Bei den diesbezüglichen Prüfungen fielen die Bauern der Minderheit durch oder wurden erst gar nicht zu Prüfungen zugelassen. Es gab Bauern, die seit 20 Jahren Traktoren fuhren und inzwischen zwei Traktoren verschlissen hatten. Sie hatten aber keinen Führerschein und fuhren illegal. Für solche Menschen boten die Parlamentswahlen eine Gelegenheit. Vor den Wahlen entstanden vor den Büros der kandidierenden Abgeordneten Schlangen und es wurde gefeilscht. Denen, die Stimmen bringen würden, wurden Führerscheine ausgehändigt. Die Zahl solcher glücklicher Menschen war jedoch begrenzt. Und wer bei den jetzigen Wahlen keinen Führerschein erhielt, mußte auf die nächsten Wahlen warten, um sein Glück erneut zu versuchen. In der Zwischenzeit mußten sie ihre Traktoren weiterhin illegal fahren.
Das Problem hatte einen bitteren Aspekt. Die Polizei, offensichtlich auf Weisungen einer Zentralstelle, führte mit bestimmten Abständen und oft Razzien in Dörfern der Minderheit durch, legte sich in ein Hinterhalt und nahm Führerscheinlose Traktorenfahrer fest. Dann folgen Gerichtsverfahren, Geld„ und Freiheitsstrafen, kurzum hohe Kosten. Die Polizei wußte, wer ohne Führerschein fuhr, und fand ihn ohne Probleme. Wenn ein Bauer dreimal im Jahr vor Gericht gestellt wird, gibt er sein ganzes Geld dort aus. Und der Traktor ist ein unverzichtbares landwirtschaftliches Fahrzeug.
Manchmal wurde aus diesem oder jenem Grund ein ganzes Dorf der Minderheit bestraft. Wenn es in dem Dorf 20 Traktoren gab, hatten bei 15 die Besitzer keinen Führerschein. Sie wurden dann alle vor Gericht gestellt, mit ihnen auch Auto„ und Motorradfahrer ohne Führerschein.
Der Bauer der Minderheit war bereit, seine Stimme abzugeben und zu bestechen, nur um einen Traktor„Führerschein zu erhalten; manchmal reicht weder das eine noch das andere aus.
Ein Leben mit Verboten
Ein Leben mit Verboten
Der Minderheit war alles verboten und in der Minderheit war alles illegal. Der Staat hatte ihr ein illegales Leben aufgezwungen und lies sich den Preis später vor Gerichten bezahlen; wegen Traktor„, Auto„ und Motorradfahrens ohne Führerschein, wegen illegaler Bau„ und Restaurationsarbeiten und wegen illegalen Verkaufs.
Die Minderheit flüchtete aus ihrer angestammten Heimat. Diejenigen, die verblieben sind, bereiteten sich auf die Flucht vor. Dörfer und Stadtteile wurden verlassen. Dann wurden 1991 einige verschärfte Diskriminierung„ und administrative Maßnahmen in bedeutendem Maße gelockert. Es gab eine Entspannung in der Minderheit. Sonst wäre von der türkischen Minderheit in West-Thrakien nur eine Spur zurückgeblieben, wenn diese Unterdrückungspolitik für 10 weitere Jahre mit unverminderter Härte angewandt worden wäre. Anfang der 70er Jahre zählte die Minderheit über 130 Tausend. Heute im Jahre 1997, 6 Jahre nach Lockerung der Maßnahmen, wurde die Flucht schwächer und der Bevölkerungsrückgang scheint sich bei 90 Tausend stabilisiert zu haben. Was ist aber mit der Zukunft der Minderheit? Die Minderheit ist sich ihrer Zukunft nicht sicher. Die objektiven Gründe hierfür werden wir im folgenden zu erklären versuchen.
Die Europäische Union und die Minderheit
Als Griechenland 1981 der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beitrat, erhoffte sich die türkische Minderheit, das somit die rassistischen Diskriminierungs„ und Unterdrückungsmasnahmen, denen sie ausgesetzt war, ein Ende finden würden. Als aber die Situation mit der Zeit eher schlechter als besser wurde, hat die Minderheit ihren Irrtum erkannt.
Man kann nicht sagen, das die Europäische Union desinteressiert gegenüber der Minderheit war. EU„Staaten gewährten Zehntausenden von Angehörigen der Minderheit, die vor der Unterdrückung in Griechenland flüchteten, Zuflucht, wenn auch dies ein indirekter Beitrag zur "ethnischen Säuberungsaktion" darstellte. Auf jeden Fall reichte das Interesse und die Sensibilität der EU nicht aus, die groben Unterdrückungsmasnahmen zu entschärfen. Vielleicht war die Minderheit ungeduldig oder ihre Erwartungen waren unrealistisch.
Später wurde folgendes beobachtet: Vielleicht geschah das Gegenteil. Nämlich, vielleicht nahmen die griechischen Regierungen ihren Mut zur Vertreibung und Ausrottung der Minderheit von der EU. Wenn Griechenland kein EU„Mitglied wäre, hätte es vielleicht nicht wagen können, die Minderheit dermaßen zu unterdrücken. Inzwischen sind über 10 Jahre vergangen und die Unterdrückungsmaßnahmen gegenüber der Minderheit wurden endlich gelockert. Die griechischen Offiziellen haben es fast genossen, zuzugeben, daß sie diese Lockerung angesichts des Drucks seitens der EU und zwecks Einhaltung der Bedingungen der EU vornehmen mußten.
Das herausragendste Beispiel für die Machtlosigkeit der EU, zu gewährleisten, daß Griechenland die Menschenrechte der türkischen Minderheit respektiert, ist zweifellos Art. 19 des griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes. Unter Berufung auf diesen Artikel werden der Minderheit angehörende griechische Staatsbürger mit rassistischen Kriterien in die Heimatlosigkeit entlassen, nur weil sie nicht hellenischer Herkunft sind. Heute wurde die "europäische Staatsbürgerschaft" institutionalisiert und wird als ein Gewinn für die EU„Bürger propagiert; die er "ethnischen Säuberung" dienenden Maßnahmen in Griechenland führen daher zum Verlust nicht nur der griechischen, sondern auch der EU„Staatsbürgerschaft und verletzen zudem offenkundig das europäische Recht in mehrerer Hinsicht. Trotzdem und trotz der seit der griechischen EU„Mitgliedschaft vergangenen nahezu 20 Jahre ist eine Gruppe von griechischen und europäischen Bürgern der Gefahr ausgesetzt, jeden Moment heimatlos zu werden, und einige von ihnen werden tatsächlich heimatlos.
Eine offenkundige rassistische Bestimmung Art 19 des griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes
Eine offenkundig rassistische Bestimmung: Art. 19 des griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes
Art. 19 des griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes ist ein Werk der „Iannis Metaksas„Diktatur, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Nachahmung des italienischen faschistischen Regimes und des deutschen Naziregimes errichtet wurde. Dieser 1939 eingeführte Artikel ermöglicht der Regierung, "nicht„griechischstämmige griechische Staatsbürger auszubürgern. Für Griechischstämmige gibt es keine solche Bedrohung. Art. 19 enthält dafür die Voraussetzung, das der nicht„griechischstämmige griechische Staatsbürger das griechische Territorium verlassen hat in der Absicht, nicht zurückzukehren.
Wenn diese Voraussetzung berücksichtigt worden wäre, wäre das Problem nicht so schwerwiegend. Die griechische Führung aber nimmt natürlich keine Rücksicht auf diese Voraussetzung und bürgert ausgesuchte Angehörige der Minderheit aus. Den Zweck (ethnische Säuberung griechischer Art) und die Folgen (Entlassung griechischer Staatsbürger in die Heimatlosigkeit) dieser Praxis hatten wir im ersten Teil erklärt. Hier sei auf einige weitere Besonderheiten dieses Artikels hingewiesen:
• Art. 19 richtet sich gegen die ethnischen Minderheiten und Gruppen in Griechenland. Die ethnischen Minderheiten werden nicht anerkannt, wenn es um Achtung ihrer ethnischen Identität geht. Wenn es jedoch zu ihrer Unterdrückung wegen ihrer ethnischen Identität kommt, werden sie im negativen Sinne anerkannt. Angehörige der Minderheit werden nicht „wie sie offiziell anerkannt und bezeichnet werden„ als Moslime, sondern als Türken, die sich nicht als solche bezeichnen dürfen, ausgebürgert.
• Vor und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg fand diese Bestimmung vor allem auf die mazedonische Minderheit Anwendung. Nun wird sie auf die muslimische türkische Minderheit West-Thrakiens angewandt.
• Angehörige der türkischen Minderheit erfahren in der Regel bei der Rückkehr aus einem Besuch in der Türkei an der Grenze, das sie ausgebürgert wurden. Ihnen wird erklärt, das sie nunmehr heimatlos sind und ihre Pässe, Ausweise sowie andere Dokumente werden beschlagnahmt. Sie müssen dann entweder trotz aller in den Weg gestellten Hindernisse nach Griechenland einreisen und als heimatlos dort leben oder in das Land, wo sie zu Besuch waren, zurückkehren und dort als heimatlos leben. Meistens geschieht die zweite Alternative.
• In den letzten Jahren werden auch Angehörige der türkischen Minderheit, die in EU„Staaten arbeiten, ausgebürgert.
• Die Zahl der Angehörigen der türkischen Minderheit, die ausgebürgert wurden, während sie „ohne ins Ausland gereist zu sein„ in Thrakien lebten, ist nicht gering. Es gibt sogar welche, die während der Ableistung des Militärdienstes ausgebürgert wurden.
• Vor der Ausbürgerung werden die Betroffenen nicht in Kenntnis gesetzt. Es ist auch unbekannt, wann sie nach der erfolgten Ausbürgerung eine entsprechende Mitteilung bekommen würden. Es kann Jahre dauern. Die Ausbürgerung wird manchmal erst durch Zufall, z.B. bei der Beantragung einer Bescheinigung beim Rathaus, bekannt. Es gibt Angehörige der Minderheit, die erst fünf, ja 10 Jahre nach der erfolgten Ausbürgerung dies erfahren haben.
• Dadurch, daß die Ausbürgerung im Geheimen betrieben und der Betroffene überrascht wird, wird bezweckt, ihn daran zu hindern, gesetzliche Schritte dagegen zu unternehmen. Durch späte bzw. unterlassene Mitteilung über die Ausbürgerung läuft die für die Beantragung der Wiedereinbürgerung beim Hohen Gericht festgesetzte Frist von 6 Monaten ab, so das dieses Recht verloren wird.
• Die Gründe für die Ausbürgerung werden nicht erklärt. Der Rechtsanwalt darf nicht Einsicht in die Akten nehmen. Ein Beispiel aus einer Athener Zeitung von September 1997: Ein Angehöriger der türkischen Minderheit, der in der Türkei studierte, wurde vor 12 Jahren ausgebürgert; einer der Gründe sei es, das er „einem Schreiben eines Zuständigen des Außenministeriums zufolge„ das Angebot, als Agent zu fungieren, abgelehnt habe. Nachdem sich der Fall des Betroffenen 10 Jahre lang bei den Gerichten in die Länge zog, wurde er schließlich vor 2 Jahren wiedereingebürgert.
• Art. 19 gliedert die griechischen Staatsbürger in Griechischstämmige und Nicht„griechischstämmige auf. Dieser Artikel ist rassistisch, weil er den Zweck verfolgt, Maßnahmen gegen Nichtgriechischstämmige zu ergreifen.
Art. 19 läuft dem Geist der griechischen Verfassung von 1975 zuwider. Aber der Verfassungsgeber muß diesen Artikel für so wichtig und notwendig gehalten haben, daß er ihn durch eine besondere Bestimmung des Art. 111, Abs. 6 der Verfassung ausnahmsweise hat weiterhin gültig werden lassen. Somit wurde der rassistische Inhalt und die rassistische Botschaft des Art. 19 verfassungsrechtlich geschützt.
• Verfassung sieht zwar vor, daß Art. 19 vorläufig gültig ist und durch ein Gesetz aufgehoben wird. Obwohl jedoch von 1975 bis 1997 inzwischen 22 Jahre vergangen sind, wurde Art. 19 weder außer Kraft gesetzt noch seine Anwendung gestoppt.
• Art. 19 hat einerseits eine besondere und praktische Funktion und andererseits eine allgemeine und symbolische Funktion. Durch seine Aufhebung wird nur seine besondere Funktion beendet sein. Das Verschwinden der durch diesen Artikel symbolisierten allgemeinen Haltung und die Änderung des Blickwinkels im Hinblick auf die Minderheit werden viel größere Bemühungen und lange Zeit erfordern.
• Bis jetzt hat in Griechenland mit Ausnahme des Athener Rechtsanwalts Giorgios Apostolidis kaum ein Jurist, Politiker oder Journalist gewagt, Art. 19 des griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes zu kritisieren. Hier gibt es eine Art "nationale Zensur". Das zeigt, wie schwer es in Griechenland ist, für die Minderheitenrechte einzutreten.
• Im Jahre 1997 haben einige Regierungsvertreter zum ersten Mal von der Notwendigkeit der Aufhebung des Art. 19 gesprochen (1991 hatte auch der damalige Ministerpräsident Mitschotakis die Aufhebung des Art. 19 versprochen, jedoch wegen der Reaktion der Opposition, vor allem Andreas Papandreous, dieses Versprechen nicht einlösen können). Zuletzt sprach der stv. Außenminister im August 1997 offen von der Aufhebung dieses Artikels. Seitens der Vertreter der orthodoxen Kirche und der rechten und rassistischen Kreise gab es heftige Proteste, die sich unter Führung der Metropoliten in Thrakien und in übrigen Landesteilen in ganz Griechenland verbreiten.
• Die jüngste Entwicklung in Bezug auf Art. 19 ist folgende: Presseberichten zufolge wird Art. 19 nicht aufgehoben, sondern lediglich die Formulierung "griechischer Staatsbürger nicht „griechischer Herkunft" durch "griechischer Staatsbürger" ersetzt. Somit wird das rassistische Element in der o.g. Formulierung formell beseitigt, so das den von der EU erhobenen Vorwürfen des Rassismus entgegengewirkt werden kann. Wenn die griechische Regierung aufrichtig gewesen wäre, hätte sie die Anwendung des Art. 19 gestoppt. Denn die vorgesehene Änderung würde die Ausbürgerung von Angehörigen der türkischen Minderheit weiterhin nicht verhindern. Die Bereitschaft griechischer Regierungsvertreter, über Art. 19 zu diskutieren, scheint also ein Versuch zu sein, die Minderheit und vor allem die EU zu täuschen.
Gründe für die Abnahme der Bevölkerungszahl der Minderheit
Gründe für die Abnahme der Bevölkerungszahl der Minderheit
In den 20er Jahren zählte die türkische Minderheit Westthrakiens ca. 110.000 Angehörige. Nach fast achtzig Jahren ging ihre Bevölkerungszahl heute auf ca. 90.000 zurück. Ca. 25.000 Angehörige der Minderheit, die zwecks Arbeitsaufnahme in die EU„ Staaten, vor allem nach Deutschland, gingen, sich dort niederließen, jedoch großenteils ihre griechische Staatsbürgerschaft beibehielten, wurden in dieser Zahl nicht berücksichtigt.
Da die Bevölkerungszahl dieser Minderheit nicht zugenommen, sondern eher abgenommen hat, hat zwei Gründe. Erstens die Auswanderung und zweitens Ausbürgerung von Mitgliedern der türkischen Minderheit durch Griechenland.
Bis zur griechischen Mitgliedschaft in der EU richtete sich die Auswanderung der türkischen Minderheit hauptsächlich auf die Türkei. Später fand sie in Richtung EU„ Staaten, insbesondere nach Deutschland, statt.
Wenn wir die türkische Minderheit West-Thrakiens mit einem "zerstückelten Körper" vergleichen, so liegen ihr Kopf und ihr Herz in West-Thrakien Griechenlands, ein Großteil ihres Körpers liegt in der Türkei und ein kleiner Teil in Deutschland.
Hunderttausende von westthrakischen Türken übersiedelten aus Griechenland in die Türkei. Heute sind sie türkische Staatsbürger. Es gibt auch türkische West-Thrakien „ wenn auch in geringer Zahl„, die in der Türkei wohnen und arbeiten, jedoch weiterhin griechische Staatsbürger sind. Diese sind gezwungen, oft aus der Türkei nach Griechenland einzureisen, damit Griechenland sie nicht ausbürgert. Denn bei längerer Abwesenheit in Griechenland kann das griechische Innenministerium sie für ausgebürgert erklären. Das Ministerium beruft dabei rechtlich auf Art. 19 des griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes. Gemäß diesem Artikel verlieren nicht hellenische griechische Staatsbürger per behördlicher Verfügung ihre Staatsbürgerschaft, wenn sie in der Absicht, das Land zu verlassen, aus Griechenland ausreisen. Ein 3-4 monatlicher Aufenthalt außerhalb Griechenlands ist für eine solche Verfügung ausreichend. Selbstverständlich gilt diese Maßnahme ausschließlich für Angehörige der türkischen und der mazedonischen Minderheit und nicht für die anderen, als reinrassige "Hellenen" geltenden griechischen Staatsbürger.
Ein seltsames EU Land, das eigene Bürger in die Heimatlosigkeit entläßt
Im vorangegangenen haben wir erklärt, daß neben der Auswanderung die Praxis der Ausbürgerung zur Abnahme der Bevölkerungszahl der Minderheit führt. Obwohl nicht bekannt ist, wie viele Angehörige der türkischen Minderheit der Ausbürgerung als Mittel der Ausrottung der Minderheit zum Opfer fielen, geht man von Zehntausenden seit Beginn der EU„Mitgliedschaft Griechenlands aus. Nach ihrer Ausbürgerung aus der griechischen Staatsangehörigkeit werden diese Personen für "heimatlos" erklärt und leben bar aller staatsbürgerlichen Rechte.
Der überwiegende Teil dieser Heimatlosen erwirbt dann zwangsläufig die türkische Staatsangehörigkeit. Die Zahl der heimatlosen türkischen West-Thrakier, die in der Türkei leben, jedoch die türkische Staatsangehörigkeit noch nicht erworben haben, betrügt einige Tausende. Die Zahl der türkischen West-Thrakien, die nach ihrer Ausbürgerung Griechenland nicht verlassen haben, sondern als heimatlos weiterhin in West-Thrakien leben, wird auf 2.000 geschätzt. Diese heimatlosen Angehörigen der Minderheit harren in der Hoffnung auf Wiedereinbürgerung aus und Griechenland seinerseits hofft, da diese Personen eines Tages den Heimatlosen Status nicht länger aushalten und das Land verlassen werden.
Wir können sagen, das Griechenland ein beispielloser Staat auf der Welt ist, der in seinem Staatsgebiet aus eigenen Bürgern Heimatlose macht. Es konnte und kann diese Praxis auch als EU „Mitglied fortsetzen.
Gründe für die Auswanderung von Angehörigen der Minderheit
Gründe für die Auswanderung von Angehörigen der Minderheit
Die Auswanderung findet in der Regel in Länder mit besserer Wirtschaftsstruktur statt, um bessere Lebensbedingungen zu haben. Nachdem die griechische Wirtschaft besser entwickelt als die türkische ist, veranlassen Angehörige der Minderheit im engeren Sinne nicht wirtschaftliche Gründe zur Übersiedlung in die Türkei. Die verstärkte Migration von Angehörigen der Minderheit in den letzten Jahren in die EU„Staaten und vor allem nach Deutschland hingegen ist wirtschaftlich motiviert und es handelt sich dabei um arme Schichten, die nach besseren Lebensbedingungen suchen.
Diejenigen Angehörigen der Minderheit, die in die Türkei übersiedelten, waren Reiche, Großgrundbesitzer und Großbürger, also jene Angehörigen, die über das nötige finanzielle Mittel zum Aufbau eines neuen Lebens in der Türkei verfügten. Zurück blieben die Armen, Arbeiter und Bauern ohne oder mit kleinem Land usw., die keine Mittel zum Aufbau eines neuen Lebens in der Türkei hatten. Als daher der Weg nach Europa frei wurde, übersiedelten sie als griechische Staatsbürger in die EU„Staaten.
Eine weitere Einzelheit betreffend die Migration der Minderheit ist folgende: Nur ein ganz kleiner Teil der Angehörigen der Minderheit, die sich davon überzeugen, in den EU„Staaten genug gearbeitet und verdient zu haben, kehrt nach Griechenland zurück.
Was die Angehörigen der Minderheit zur Auswanderung aus Griechenland, ihrer Heimat, veranlaßt, ist nicht wirtschaftlich, sondern es sind die Diskriminierung, Repressalien, Hindernisse, Ausgrenzungen, administrative Maßnahmen und rassistische Angriffe, denen sie ausgeliefert sind. Selbstverständlich sind es in erster Linie die wirtschaftlichen Unterdrückungsmaßnahmen. Der Angehörige der Minderheit ist in Griechenland "unerwünschte Person" und er wird überall daran erinnert. Nicht der Grieche auf der Straße, sondern vielmehr der griechische Staat selbst und die Behörden tun das.
Propaganda der griechischen Regierungen gegen die Minderheit
Angesichts der Beschwerden über die Diskriminierung, Unterdrückung und Veranlassung zur Auswanderung der türkischen Minderheit in Westthrakien wiederholten die griechischen Regierungssprecher bis 1991 unermüdlich den Satz "Die Minderheit wächst und lebt in Wohlstand". Gar setzten sich diejenigen, die über die Diskriminierung der Minderheit schrieben, der Gefahr aus, wegen "falscher Berichterstattung" vor Gericht gestellt und verurteilt zu werden. So z.B. wurden einige Angehörige der Minderheit von Zeit zu Zeit vor Gericht gestellt und verurteilt.
Nachdem die Minderheit geschlossen um ihre Rechte gekämpft und internationale Foren von ihrer Sache in Kenntnis gesetzt hatte, gab im Jahre 1991 der damalige Ministerpräsident Kostas Mitschotakis zu, daß die Minderheit einigen "unglücklichen Praktiken" ausgesetzt war, und erklärte, daß nunmehr die bestehenden "administrativen Maßnahmen" gegen die Minderheit aufgehoben und durch eine "Politik der Gleichheit" ersetzt werden. Diese Politik wurde "isonomia„isopoliteia" (Gleichheit vor dem Gesetz und gleichberechtigte Staatsbürgerschaft) genannt. Somit wurde „wenn auch indirekt„ eingeräumt, daß Angehörige der türkischen Minderheit bis dahin nicht gleich vor dem Gesetz waren. Jetzt wiederholen die griechischen Regierungssprecher angesichts der Kritik an der Diskriminierung der Minderheit unermüdlich den neuen Satz: "Griechenland ist ein Rechtsstaat und die Minderheit genießt die Gleichheit in vollem Umfang".
Die o.g. Äußerungen der griechischen Regierungssprecher vor und nach dem Jahr 1991 geben nicht die Wahrheit wieder. Sie sind lediglich eine Propaganda, wie sie in diktatorischen Regime der Dritten Welt anzutreffen sind.
Außerkraftsetzung eines vertraulichen Rundschreibens
Die im Jahre 1991 als die Gleichheit der Minderheit propagierte neue Politik hatte in Wahrheit mit einem einzigen Verfahren zu tun: Ein vertrauliches Rundschreiben des Außenministeriums über die Minderheit wurde außer Kraft gesetzt. Das war alles.
Dieses vertrauliche Rundschreiben ordnete an, allen Ansprüchen und Anträgen der Angehörigen der Minderheit in Westthrakien nur um 5 % zu entsprechen. Hierzu zählen Grundstückserwerb jeder Art, Bau„ und Instandsetzungsmaßnahmen, Berufsausübung, Geschäfts„ bzw. Betriebseröffnung, Produktionsstätten oder Gewerbe zu gründen und zu betreiben, kurzum jegliche Erlaubnisse und Führerscheine (auch für Auto und Traktoren), die der behördlicher Genehmigung bedürfen. Bis 1991 (27 Jahre lang) war das alles für die Minderheit verboten bzw. sehr eingeschränkt. So z.B. wurde Angehörigen der Minderheit kein Paß ausgestellt bzw. erst Monate oder Jahre später ausgestellt. Auch kein Waffenschein für Jagdgewehre wurde ausgestellt „Jagen war ihnen verboten. Bei Angehörigen der türkischen Minderheit, die türkische Universitäten absolvierten und nach Griechenland zurückkehrten, dauerte die Anerkennung der Äquivalenz ihrer Diplome Jahre. Im Jahre 1985 traten 15 junge Wissenschaftler aus der türkischen Minderheit in einen 3 wöchigen Hungerstreik, als die Anerkennung ihrer Diplome 5-6 Jahre verzögert lang wurde.
Diskriminierung und Unterdrückungsmaßnahmen umfaßten auch andere Themen. In Griechenland gibt es z.B. für Ärzte, die ihren Beruf auszuüben beginnen, einen einjährigen Pflichtdienst auf dem Lande, und sie können in jede gewünschte Gesundheitsstation mit einer freien Planstelle entsandt werden. Ärzte von der türkischen Minderheit jedoch wurden nicht nach Thrakien, wo die Minderheit ansässig ist, entsandt. Sie wurden in ganz entlegenen Gebieten eingesetzt.
Es ist auch heute noch strikt verboten, daß wehrpflichtige Angehörige der Minderheit ihren Militärdienst in Thrakien ableisten. Sie erfüllen ihren Wehrpflicht daher in entlegensten Winkeln Griechenlands. Es gibt keinen Offizier in der griechischen Armee, der Angehöriger der Minderheit ist. Wehrpflichtige Angehörige der Minderheit können nicht Reserveoffiziere bzw. Unteroffiziere werden. Dabei dienen Wehrpflichtige mit Hochschulabschluß als Reserveoffiziere in der griechischen Armee. Angehörigen der Minderheit werden in der Armee stets die schwersten Arbeiten zugewiesen.
In Thrakien ist kein Angehöriger der Minderheit im öffentlichen Dienst als Beamter beschäftigt. Die Banken gewähren keine Kredite an Angehörige der Minderheit und verschaffen auch keine finanziellen Erleichterungen. In Gebieten und Dörfern, in denen die Minderheit lebt, werden keine Investitionen getätigt. Dort ist der Staat nur durch Polizei und Militär präsent. Von den Zuwendungen aus den EU„Fonds für Thrakien wird der Minderheit nichts zur Verfügung gestellt.
Klassenstruktur der türkischen Minderheit in West Thrakien
Klassenstruktur der türkischen Minderheit in West-Thrakien
Es gibt keinen einzigen der Minderheit angehörenden Arbeitgeber, der mehr als ein oder zwei Arbeitnehmer bzw. Angestellte beschäftigt. Denn bis 1991 hat man 30 Jahre lang nichts unversucht gelassen, um diesen Zustand zu erreichen. Arbeitgeber mit großem Geschäftsvolumen waren ohnehin die ersten, die aus Griechenland auswanderten. Die Werktätigen der Minderheit sind Arbeiter und gehen schweren Arbeiten nach, um die sich kein Angehöriger der Mehrheit bewirbt. Aus diesem Grund ist von der Arbeitslosigkeit am meisten die Minderheit betroffen. Der Minderheit angehörende Arbeiter verlassen daher Thrakien, um zu arbeiten. In den letzten Jahren entstanden Arbeitergruppen, die in die EU„Länder gehen, um für eine bestimmte Zeit zu arbeiten.
Die Minderheit besteht im allgemeinen aus Bauern, Landwirten und Viehzüchtern. Diese Beschäftigung ermöglicht eine Art "wirtschaftlicher Autonomie". Die enge Bindung der Minderheit zur Scholle hat ihren Widerstand gegen die Unterdrückung gestärkt und die Politik der Vertreibung und des zur „Auswanderung-Zwingens“ teilweise sabotiert.
Nachdem dies beobachtet wurde, wurden neue Taktiken entwickelt, die die Minderheit dem Ackerland entfremden und durch die ihr Land beschlagnahmt werden sollten.
Militärisches Sperrgebiet in West Thrakien und interne Pässe
Militärisches Sperrgebiet in Thrakien und interne Pässe
Die Bergregion in Thrakien, in der die Minderheit angesiedelt ist, ist seit 60 Jahren wie in keinem anderen Teil Griechenlands "militärisches Sperrgebiet" und durch eine "Binnengrenze" vom übrigen Territorium getrennt. Ein„ und Ausreisen unterliegen einer Kontrolle und erfolgen nur durch eine Genehmigung, die Inhabern eines "internen Passes" erteilt wird. Das Erfordernis des Besitzes eines internen Passes wurde MitteÏ1995 für griechische Staatsbürger aufgehoben. Der Besuch von Ausländern jedoch ist nur durch eine vorher zu beantragende (jedoch meistens nicht erteilte) Sonderbescheinigung erlaubt. In den Dörfern der Minderheit wurden keine Investitionen getätigt und keine Anlagen gebaut. Denn dort sind außer der Minderheit nur Polizisten und Soldaten wohnhaft. In diesem großen Gebiet, in dem Zehntausende von Angehörigen der Minderheit leben, gibt es auch heute noch keine einzige Tankstelle. Die Errichtung einer Tankstelle ist immer noch verboten.
Kreise, die sich gegen die Aufhebung des internen Passes und die Einführung der Freizügigkeit stellten, haben behauptet, das nunmehr die Verbreitung der türkischen Propaganda in dem Gebiet nicht mehr verhindert werden könne.
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