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Nachrichten aus Österreich

Prozess um Sexualdelikte mit Zwölfjähriger: Fatales Signal an alle Gewaltopfer
Das Urteil ist zu akzeptieren, nicht aber das Sittenbild des Verfahrens. Die Verantwortung wird allein dem Mädchen zugeschoben. Das ist unerträglich

Selbst mit etwas Abstand wühlt das Urteil auf. Vor wenigen Tagen wurden zehn Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren am Wiener Straflandesgericht nicht rechtskräftig freigesprochen. Die Anschuldigung: Sie sollen über Monate ein zwölfjähriges Mädchen sexuell genötigt und es in seiner Selbstbestimmung verletzt haben. So stand es in der Anklage.

Vor dem Richter hielten die Vorwürfe nicht stand. Die Staatsanwaltschaft steht als Verliererin da – und das Mädchen als unglaubwürdig. Dieses Ergebnis isoliert so stehen zu lassen wäre allerdings ein fatales Signal.

Ungleiche Beweislast
Ja, die Aussagen des Mädchens bei der Polizei und bei einer späteren Einvernahme bei Gericht weisen Unterschiede auf – etwa im Hinblick darauf, ob und wann das Wort "Nein" gefallen ist und ob das Kind Gewalt erfahren habe. Eine Freundin zeichnete in ihrer Aussage ein Bild, das auf ein gewisses Einverständnis hindeutet. Die Anklagebehörde befand zudem, dass die damals erst Zwölfjährige den Burschen ihr wahres Alter verschwiegen hatte. Wegen dieser Unklarheiten kam der Schöffensenat, in dem Sie und ich hätten sitzen können, zu seinem Urteil. Das ist zu akzeptieren. Keinesfalls aber das Sittenbild dieses Prozesses.

Zum Grundproblem: Bei Sexualdelikten lastet der Druck in der Regel auf dem mutmaßlichen Opfer. Während sich die Zwölfjährige an jedes Detail erinnern muss, können sich mutmaßliche Täter darauf zurückziehen, dass alles freiwillig gewesen sei – und, wie im konkreten Fall, im Gerichtsaal gut gelaunt dasitzen. Fehlen abseits der Erzählung eindeutige Beweise, etwa Videos und Chats, stehen Frauen am Ende als Geschichtenerzählerinnen da.

 
Erinnerungskultur. NS-Tatorte und das Ringen ums Gedenken
Wohnsiedlungen und Gewerbeparks statt würdiger Erinnerungsstätten: Wie mit einstigen NS-Tatorten umgegangen wird, ist auch 80 Jahre nach der Befreiung oft genug strittiges Thema. Speziell, wenn es um wirtschaftlich nutzbare Flächen geht – wie jüngst beim ehemaligen KZ Hirtenberg in Leobersdorf. Dabei ist der umsichtige Umgang mit den Überresten umso bedeutender, je weniger Zeitzeugen zur Verfügung stehen, wie unterschiedliche, auch ganz aktuelle Beispiele aus Österreich zeigen.
In Leobersdorf in Niederösterreich stand einst das zweitgrößte Konzentrationslager für Frauen in Österreich, das KZ Hirtenberg. Hier mussten Zwangsarbeiterinnen für das NS-Regime unter brutalen Bedingungen Munition herstellen. Seit August wird auf dem Gelände nun ein Gewerbepark gebaut. Das Grundstück gehörte der Immobilienfirma des Bürgermeisters, der von einer Umwidmung profitierte, wie im November 2024 bekannt wurde.

Das KZ Hirtenberg war eines der über 40 Außenlager des KZ-Komplexes Mauthausen-Gusen. Von dem Lager existierten noch Fundamentreste, die auch bekannt waren, so Barbara Glück, Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, gegenüber ORF Topos. „Für uns ist es ein Skandal, dass man völlig ignoriert, welche Geschichte dieses Grundstück auch mit sich trägt. Dass dort Menschen gefangen gehalten worden und auch ermordet worden sind.“

 
Persmanhof-Einsatz: Einsatzleiter versetzt
Nach dem umstrittenen Polizeieinsatz vom 27. Juli am Persmanhof in Kärnten hat das Innenministerium erste Konsequenzen gezogen. Der stellvertretende Leiter des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) Kärnten, der den Einsatz angeordnet und geleitet hatte, wurde einer anderen, nicht unmittelbar operativ tätigen Dienststelle zugewiesen, wie das Innenministerium heute mitteilte.

Der Bericht der eingesetzten Analysekommission, der auch slowenische Volksgruppenvertreter angehören, verzögerte sich indes. Er soll bis zur zweiten Oktoberhälfte vorliegen

Gemäß interner Recherchen der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit sei der Einsatz an der Gedenkstätte durch den stellvertretenden Leiter des LSE angeordnet und operativ geleitet, teilte das Innenministerium mit. Eine schriftliche Anordnung liege nicht vor.

Verdacht von Verwaltungsübertretungen
Grundlage war der Verdacht von Verwaltungsübertretungen nach dem Kärntner Naturschutzgesetz und dem Kärntner Campingplatzgesetz. Vor Ort waren von Anfang an Bedienstete der Landespolizeidirektion Kärnten, sowie Personen der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – Regionaldirektion Kärnten.

 
Nach umstrittenen Missbrauchs-Freisprüchen: Ministerium ordnet Nichtigkeitsbeschwerden an
An dem Freispruch für zehn Burschen, die in Wien sexuelle Handlungen an einer Zwölfjährigen vorgenommen haben, hagelt es Kritik. Justizministerin Sporrer will das Sexualstrafrecht "weiterentwickeln"

Wien – Am Freitag sind in Wien zehn Burschen in einem Prozess um geschlechtliche Handlungen mit einer zum Tatzeitpunkt Zwölfjährigen nicht rechtskräftig freigesprochen worden. Für das Gericht lagen für die Tatbestände der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und der geschlechtlichen Nötigung nicht genug Beweise vor. Diese Entscheidung wird seither diskutiert. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) kündigte am Montag eine "Weiterentwicklung des Sexualstrafrechts" an. Sie will das Zustimmungsprinzip umsetzen. Das Justizministerium ordnete außerdem die Staatsanwaltschaft Wien an, Nichtigkeitsbeschwerden gegen die Urteile einzulegen. Das bestätigte eine Sprecherin dem STANDARD nach einem entsprechenden Bericht des Kurier. Damit geht der Fall vor den Obersten Gerichtshof (OGH).

Justizministerin Sporrer erklärte, dass sie sich grundsätzlich nicht zu Urteilen der unabhängigen Rechtsprechung äußere, dass sie aber "die große Betroffenheit und das öffentliche Interesse an diesem Fall gut nachvollziehen" könne. Der Schutz vor Gewalt begleite sie schon ihr ganzes berufliches Leben und sei ihr daher auch als Justizministerin ein zentrales Anliegen: "Die Stärkung der sexuellen Selbstbestimmung sowie ein wirksamer Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt haben für mich oberste Priorität."

"Nur Ja heißt Ja" umsetzen

 
Blaumachen?
Wirtschaftskammer kampagnisiert gegen Krankenstände – und verwendet dabei fragwürdige Zahlen
"Milliarden" entgehen der Wirtschaft, weil Arbeitnehmer Krankheiten vortäuschen, behauptet die Kammer und spricht sich für schärfere Kontrollen aus. Belege für diese hohen Zahlen gibt es keine

Von "E-Card-Urlaub" sprach Peter McDonald, der Arbeitgeber-Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), von "Sozialbetrug" Jochen Danninger, der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Missbräuchliche Krankenstände würden laut Schätzungen "bis zu 8,5 Milliarden an Wertschöpfungsverlusten" kosten, hieß es jüngst in einer Aussendung. Schon Mitte September sprach Danninger von "Milliardenschäden". Die Kontrollen sollen verschärft werden, man müsse mit voller Härte gegen Missbrauch vorgehen.

Die Ansage der WKO steht im Kontext des Plans der Regierung, ganz generell stärker gegen Sozial- und Steuerbetrug vorzugehen. Sie hat allerdings einen Haken: Wie groß die Schäden aufgrund von missbräuchlichen Krankenständen sind, ist völlig unklar. Zwar spricht der Fehlzeitenreport des Wifo tatsächlich von 8,5 Milliarden Euro, dabei handelt es sich jedoch um die Wertschöpfungsverluste, die durch alle gemeldeten Krankenstände insgesamt entstehen können.

 
Damit die Dreißigerjahre nicht wiederkommen
Österreich braucht schleunigst eine Aktion gegen die industrielle Krise

Arbeitsplätze werden in der österreichischen und – in viel stärkerem Ausmaß – in der deutschen Industrie abgebaut. Die hohen Lohnkosten, die hohen Energiekosten, jetzt auch noch die verrückte Zoll- und Abschottungspolitik von Donald Trump. Unter dem Eindruck dieser Entwicklung zeigt sich die Führung der Metallarbeitergewerkschaft jetzt zu einem Lohnabschluss unter der Inflationsmarke bereit. Ein Sieg der vernünftigen Sozialpartnerschaft, war überwiegend als Reaktion zu hören.

Stimmt auch, und das ist an sich ein gutes Zeichen. Aber angesichts der schweren Verwerfungen, die insbesondere unserer Industrie drohen, ein dringend notwendiges Signal. Aber geringe Lohnkosten und Energiekosten, so man sie zustande bringt, lösen nicht das strukturelle Problem, vor dem die österreichische, die deutsche und auch die europäische Industrie steht.

Die Chinesen (und einige andere) können sehr viele hochwertige Produktionen bereits ebenso gut wie wir, und sie sind um einiges billiger. Das ist es, was eine Studie des sogenannten Sozialpartnerbeirats unter dem Titel "Industriepolitik in der Transformation" schon vor einem Jahr sagte: "Während sie (die Industrie, Anm.) bis vor kurzem aus einer Position der Stärke heraus agierte, gerät ihre Wettbewerbsfähigkeit zunehmend strukturell unter Druck."

 
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