Streit um Sozialhilfe: Rechtsexperten widersprechen Ministerin Plakolm
Trotz des negativen Gutachtens des Verfassungsdiensts will Integrationsministerin Plakolm weiterhin die Sozialhilfe gezielt für Flüchtlinge kürzen – und vermutet in einer EU-Verordnung einen Ausweg. Doch Fachleute sehen einen Irrtum
Die Koalitionäre haben viel über ihre Pläne geredet, jetzt soll es endlich ans Eingemachte gehen. Am Donnerstagnachmittag hat Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) die Vertreter der Bundesländer zu einer "Auftaktsitzung" geladen, um eine Reform der Sozialhilfe in Angriff zu nehmen. Herauskommen sollen unter anderem österreichweit einheitliche Leistungen – fragt sich nur, auf welchem Niveau. ÖVP und Neos wollen etwa bei Familienzuschlägen die Schere ansetzen, während die Sozialdemokraten auf den Kampf gegen Kinderarmut pochen.
Bevor die Verhandlungen begonnen haben, wackelt aber bereits einer der zentralen Bausteine. Was DER STANDARD vorab berichtet hatte, liegt nun schwarz auf weiß vor: In einem Gutachten zweifelt der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts an, dass die von der Regierung vorgesehene "Integrationsphase" zulässig ist. De facto läuft dieser Plan auf eine Wartefrist für eine spezielle Gruppe hinaus: Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte sollen bis zu drei Jahre lang Deutschkurse und andere Integrationsmaßnahmen durchlaufen. Auskommen müssten sie in dieser Zeit mit einer Geldleistung unter dem Niveau der aktuellen Sozialhilfe.
"Absurde" Erkenntnisse
Doch diese Ungleichbehandlung allein nach dem Status der Betroffenen sei nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs wohl nicht sachlich gerechtfertigt, urteilen die Experten. Eine Wartefrist mit niedrigerer Beihilfe sei allenfalls dann umsetzbar, wenn diese für sämtliche arbeitsfähigen Menschen gelte. Daraus ergibt sich: Nicht nur Flüchtlinge müssten die Integrationsphase durchlaufen, sondern auch österreichische Staatsbürger.
Trotz des negativen Gutachtens des Verfassungsdiensts will Integrationsministerin Plakolm weiterhin die Sozialhilfe gezielt für Flüchtlinge kürzen – und vermutet in einer EU-Verordnung einen Ausweg. Doch Fachleute sehen einen Irrtum
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