Habe ich gar nicht so mitbekommen
Bosnischer Antisemitismus: Ein Ghetto namens Israel
Auch in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo hat das Blutvergießen im Nahen Osten Tausende auf die Straße gebracht. „Gestern Srebrenica, heute Gaza“, „Befreit Palästina“ und Allahu-Akbar-Rufe schallten im Oktober 2023 bei einer Kundgebung wechselweise über den Platz vor dem aus habsburgischer Zeit stammenden Prachtbau des Rathauses. Die damalige Bürgermeisterin Benjamina Karić wandte sich an die Menge. Sarajevo wisse aus dem letzten Krieg noch genau, wie es sei, weder Wasser noch Essen zu haben und die eigenen Kinder sterben zu sehen, sagte die Chefin der einst von Serben belagerten Stadt.
Bosniens Muslime sind in ihrer großen Mehrheit ungefähr so muslimisch wie niedersächsische Christen christlich. Eine Partei, die für eine Einführung der Scharia würbe, hätte in Sarajevo ungefähr so viele Wahlchancen wie jemand, der in Münster eine Wiedererrichtung des Täuferreiches verspräche. Man sieht zwar mehr verschleierte oder Kopftuch tragende Frauen in Sarajevo als noch vor zwei Jahrzehnten, doch das sind meist Touristinnen aus arabischen Staaten oder aus der Türkei. In Sarajevo haben fast alle Restaurants und Cafés auch im Ramadan wie üblich geöffnet, sind allenfalls etwas leerer tagsüber. Alkohol wird zwar nicht überall ausgeschenkt, doch niemand muss lange danach suchen. Ein Glas hercegovinischen Žilavka mit Blick auf eine Moschee zu trinken und die Gebetsrufe in leichter Weißweinseligkeit entspannt zu ignorieren, gehört zu den angenehmen abendlichen Vergnügungen, die Sarajevo zu bieten hat.
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Unversöhnliche Haltung gegenüber Israel
Das zeigen auch die frühen Schriften seines wohl bekanntesten Repräsentanten, des von Bernard-Henri Lévy und anderen westlichen Intellektuellen verehrten ehemaligen bosnischen Präsidenten Alija Izetbegović. Der 2003 verstorbene „Gründervater“ von Bosnien-Hercegovina, der die bosnischen Muslime durch die Kriegsjahre führte, entsprach zwar nie dem karikaturistischen Zerrbild eines islamistischen Fundamentalisten, das die serbische Kriegspropaganda von ihm zeichnete. Wenn Peter Handke behauptet, Izetbegović habe in den Neunzigerjahren die Errichtung eines Gottesstaates angestrebt und ihn als „Islamisten reinsten Wassers“ bezeichnet, sagt das vor allem etwas über Handke.
Doch einiges an Izetbegovićs Schriften aus den Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren zeigt tatsächlich einen Autor, der nicht nur zutiefst von der Überlegenheit des Islam über alle anderen Weltreligionen überzeugt ist, sondern auch gegenüber Israel eine unversöhnliche Position einnimmt. Sie werden in einer aus bosnischen Steuermitteln subventionierten Ausgabe von Izetbegovićs Schriften verbreitet, die außer in Buchhandlungen auch im städtischen Alija-Izetbegović- Museum von Sarajevo verkauft wird.