https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bezeichnungen_für_die_Griechen
hier steht alles geschrieben. was die verschiedenen bezeichnungen angeht, die heutigen verwendungen etc
Tatsächlich war sich die überwältigende Mehrheit der „Byzantiner“ ihrer ununterbrochenen Kontinuität zur Antike sehr bewusst. Trotz der Tatsache, dass die alten Griechen keine Christen waren, betrachteten die „Byzantiner“ sie dennoch als ihre Vorfahren. Eine weitere Bezeichnung für Romios war neben Hellene der Begriff Graekos (Γραικός). Auch dieser Begriff wurde von den „Byzantinern“ (in Verbindung mit Romios) oft zur ethnischen Selbstbezeichnung benutzt (z. B. Graekoromanen von Prokop)[35] Belege für die Benutzung des Begriffs Graekos durch die „Byzantiner“ gehen auf die Arbeiten von Priskos zurück, einem Historiker aus dem 5. Jahrhundert. Darin berichtet er, während eines Gastmahls am Hofe Attilas jemanden getroffen zu haben, der wie ein Skythe gekleidet war, aber griechisch sprach. Als Priskos ihn fragte, wo er die Sprache gelernt habe, entgegnete ihm dieser, er sei als Graikos geboren.
Auch andere „byzantinische“ Schreiber bezeichnen das Staatsvolk als Griechen (Graekoi) bzw. Hellenen, wie Konstantinos Porphyrogennitos im 10. Jahrhundert. Dieser berichtet unter anderem von einer slawischen Revolte bei Patras auf dem Peloponnes, im Zuge derer Häuser von Griechen (ton Graikon) geplündert wurden.
Insgesamt ist die Kontinuität der hellenischen Antike über den gesamten Zeitraum des Oströmischen Reiches nachweisbar, bis hin in das 15. Jahrhundert. Die griechischen „Byzantiner“ erwiesen sich als fähig, ihre Identität zu wahren und sich dabei den notwendigen Änderungen anzupassen, welche die Geschichte mit sich brachte.
Nach dem Fall des Byzantinischen Reiches und während der osmanischen Besatzung entstand ein heftiger ideologischer Streit um die drei rivalisierenden nationalen Bezeichnungen der Griechen. Die Heftigkeit dieses Namensstreits nahm zwar nach Beendigung der griechischen Unabhängigkeitskriegs ab, jedoch löste sich die Frage erst mit dem Verlust der kleinasiatischen Küste an die Türken im 20. Jahrhundert endgültig.
Dieser Streit reflektiert die divergierenden Ansichten über die Geschichte von Klassizisten einerseits und Medievalisten andererseits, die ohne die Existenz eines Byzantinischen Staates versuchten, die griechische Nationalität zu definieren. Der Begriff des Hellenen im Sinne einer Person griechischer Herkunft hatte sich seit seiner Wiedergeburt im Mittelalter etabliert, jedoch dominiert in großen Teilen der Bevölkerung, insbesondere der Landbevölkerung, noch die Selbstbezeichnung Römer (Romioi, Ῥωμιοί), welche die Herkunft aus dem Byzantinischen Reich signalisieren sollte. Entsprechend hatte auch der griechische Gelehrte Rigas Feraios noch im späten 18. Jahrhundert „Bulgaren, Arvaniten, Armenier und Römer“ dazu aufgerufen, die Waffen gegen die Osmanen zu erheben.[53] In seinen Memoiren benutzte auch Ioannis Makrygiannis, General der griechischen Revolutionäre, die Bezeichnung Römer, wenn er von seinen Landsleuten sprach.[56]
Griechen (Γραικός) war der am wenigsten populäre der drei Namen, genoss dafür aber in Gelehrtenkreisen weit größere Achtung. Adamantios Korais, ein namhafter griechischer Klassizist, rechtfertigte diese Bezeichnung in Dialog zwischen zwei Griechen:
„Unsere Vorfahren nannten sich ‚Griechen’, nahmen später aber den Namen ‚Hellenen’ an, nach einem Griechen, der sich Hellen nannte. Eine dieser beiden Bezeichnungen ist folglich unser korrekter Name. Ich befürworte ‚Griechenland’, denn so nennen uns sämtliche aufgeklärten Nationen Europas.“ [57]
Da nach 1453 kein byzantinischer Staat mit der Hauptstadt Konstantinopel mehr existierte, verlor Römer nach und nach an Bedeutung, womit Hellenen sich wieder als ethnische Bezeichnung durchsetzen konnte. Dionysios Pyrros fordert in Cheiragogy die ausschließliche Nutzung von Hellenen, da es doch schließlich die antiken italischen Römer gewesen seien, die Hellas unterjocht und vernichtet hätten.[58] In einer 1806 im italienischen Pavia veröffentlichten Kampfschrift heißt es: „Die Zeit ist gekommen, O Hellenen, unsere Heimat zu befreien.“[59] Der Führer des griechischen Unabhängigkeitskampfes begann seine Erklärung mit einem ähnlichen Satz: „Die Zeit ist gekommen, O Männer, Hellenen.“[60] Nachdem diese Bezeichnung von geistlicher wie weltlicher Führung der Griechen akzeptiert worden war, setzte sie sich auch in der Bevölkerung durch.
Mit dem Ausbruch des Unabhängigkeitskampfes im Jahre 1821 wurde ein weiterer semantischer Wandel erkennbar. Die meist ungebildeten griechischen Rebellen etablierten eine obskure Differenzierung zwischen „untätigen Römern“ und „aufständischen Hellenen“.[61] Damit übernahm der Begriff Römertum zu jener Zeit zunehmend die Bedeutung der osmanischen Unterjochung. Der griechische General Theodoros Kolokotronis legte besonderen Wert darauf, dass seine Truppen als Hellenen bezeichnet wurden. Sein Helm war einem antiken griechischen Helm nachempfunden. General Makrygiannes berichtet in seinen Memoiren von einem Priester, der vor den Römern (Zivilisten) seine Pflicht erledigte, insgeheim aber die Hellenen (Kämpfer) ausspionierte. Römer wurde mit Passivität und Versklavung assoziiert, während Hellene für die Erinnerung an die glorreiche antike Zeit stand und für den Freiheitskampf.
Die Einwohner des neu entstandenen, unabhängigen Staates nannten sich Hellenen, was die Verbindung mit dem antiken Griechenland verdeutlicht. Das wiederum förderte die Fixierung auf das Altertum und die Nachlässigkeit gegenüber anderen Perioden der Geschichte, insbesondere des byzantinischen Jahrtausends, welches Erblasser unterschiedlicher und in vielen Fällen bedeutenderer Hinterlassenschaften war.
Diese klassizistische Haltung wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Aussicht auf die Befreiung der griechisch bevölkerten Teile der kleinasiatischen Küste und Konstantinopels abgeschwächt und von der Vision der Wiederherstellung des Byzantinischen Reiches aller Griechen abgelöst (vgl. Große Idee). Das zwiespältige Verhältnis der Griechen zu diesen beiden bedeutenden Epochen ihrer Geschichte äußert sich in einer 1844 vor dem Parlament gehaltenen Rede des griechischen Außenministers: „Das Königreich Griechenland ist nicht Griechenland; es ist nur ein kleiner, schwacher Teil Griechenlands... Es gibt zwei Zentren des Hellenismus. Athen ist die Hauptstadt des Königreichs. Konstantinopel ist die große Hauptstadt, die Stadt, Traum und Hoffnung aller Hellenen.“[62]